Dana Schwarz-Haderek

Equinox


Скачать книгу

Tannengrün leuchtenden Augen liebevoll an. »Und ja, ich nehme das Angebot gern an!« Nun lachte er auch noch. »Hast du eventuell noch eine Zahnbürste für mich?«

      »Ja, ich glaube schon.« Ich wühlte im Schrank.

      »Und danke«, murmelte ich beschämt in die Tiefen des Schrankes hinein.

      »Sehr gern. Ich sage nur die Wahrheit«, antwortete er nicht nur vergnügt, sondern auch grundehrlich und versetzte mich damit in noch mehr Verlegenheit.

      »Hier!« Triumphierend zog ich eine neue Zahnbürstenpackung heraus und drehte mich ein wenig zu schwungvoll Richtung Bett um.

      Doch dort war niemand.

      Stattdessen umfassten mich augenblicklich Roberts Arme. Wann war er denn aufgestanden und wie konnte er sich überhaupt so lautlos hinter mich stellen? Ich errötete über meine Ungeschicklichkeit, fand es aber unendlich schön, abermals von seinen muskulösen Armen aufgefangen, umfasst und eng an seine Brust gepresst zu werden.

      »Hello again«, flüsterte Robert in mein Ohr und küsste wieder mein Ohrläppchen. Oh … langsam glitten seine Lippen meinen Hals hinunter, er schob meinen rechten Träger zur Seite und küsste meine Schulter mit federleichten Berührungen. Mit seiner linken Hand strich er mir sacht über den Rücken … und Po. Mein Atem und mein Puls beschleunigten sofort und wohlige Wogen durchflossen mich. Irgendwo tief in meinem Bauch krampfte sich ein bittersüßer Schmerz zusammen, von dem ich wünschte, er möge dort für immer bleiben. Meine Hände wühlten zärtlich in Roberts dunklem Haar und suchten sich langsam ihren Weg an seinem Hals entlang zu seiner Brust, wo sie, seinen ebenfalls hetzenden Herzschlag fühlend, ruhen blieben.

       Erst leise und dann, mit jedem Schlag anschwellend, tickte es.

      Wir lösten uns langsam voneinander und schauten uns überrascht an.

      Dieses Mal hatte auch Robert nicht den Eindruck, dass es sich um einen Zufall handelte. Man sah ihm die Verwunderung deutlich an. Warum tickte es immer, sobald wir uns näher kamen???

      »Das ist doch kein Zufall! Ich verstehe das nicht!«, stellte Robert fest und schaute mich mit hinreißend verwuscheltem Haar und fragendem Blick nach einer Antwort suchend an.

      »Ich auch nicht«, erwiderte ich ehrlich ahnungslos und merkte, wie sich ganz tief in meinem Unterbewusstsein ein ungutes Gefühl niederließ. »Und es gefällt mir nicht.«

      »Mir auch nicht«, antwortete Robert stirnrunzelnd.

      Wir schauten uns irritiert an, mit einem kleinen, unangenehmen Abstand zwischen uns. Der schöne vertrauliche, aufregende Augenblick war jedoch völlig verloren. Wie frustrierend!

      »Seltsam! Lass uns ins Bad gehen. Kristin kommt sicher bald zurück. Du kannst gern zuerst gehen. Ich ziehe mich so lange an«, schlug ich ihm vor.

      »Okay.« Er nahm die Handtücher und verließ das Zimmer.

      Ich schlüpfte schnell aus meinem Schlafzeug und zog mir frische Unterwäsche, Socken, eine hellbraune, enge Cordhose und ein zartblaues Kapuzensweatshirt mit dem Aufdruck der Universität von Exeter an. Während ich die Bettdecke glattstrich, kam Robert aus dem Bad zurück … das große Handtuch locker um die Hüften geknotet und das kleine lässig über der Schulter hängend. Er trug seine Kleidung unterm Arm und legte sie völlig unbefangen auf meinem Bett ab.

      Meine Atmung setzte aus.

      Ich starrte ihn an.

      Wow!

      Er hatte echt Nerven!

      Wir waren über das Küssen noch nicht hinausgekommen, und das war mir bisher auch völlig recht. Und nun stand er hier quasi nackt, … also so ziemlich fast nackt vor mir. Und er sah gut aus! Schlank und muskulös zugleich. Angedeutete Bauchmuskeln unter zart gespannter Haut auf seinem flachen Bauch. Keine Brusthaare. Das gefiel mir! Sein Anblick weckte mein Verlangen, ihn zu berühren. Die Linien seiner Muskeln mit den Fingern nachzuzeichnen …

      Nach einer kleinen Unendlichkeit merkte ich, dass ich noch immer starrte. Robert sortierte unbeeindruckt und vor allem unbekümmert seine Sachen.

      Ich merkte, wie mir das Blut in die Wangen schoss und ich schon wieder hochrot wurde. Wie peinlich!

      Robert merkte davon jedoch nichts, denn er drehte sein T-Shirt begutachtend hin und her und sagte: »Naja, es geht noch, oder? Man sieht nur auf dem zweiten Blick, dass ich die Nacht darin verbracht habe. Was denkst du? Tragbar oder nicht? Ich habe ja sowieso keine andere Wahl, als es noch einmal anzuziehen.«

      Ehe er meine Verlegenheit sah, murmelte ich im Hinausgehen: »Nicht schlimm. Dein T-Shirt, meine ich … ich bin dann auch mal im Bad.«

      »Na klar. Bis gleich«, rief er mir weiterhin unbekümmert hinterher.

      Ich putzte mir schnell die Zähne und wusch mein Gesicht gleich mehrmals mit eiskaltem Wasser. Meine Haare kämmte ich eilig und band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. So, das musste reichen. Beim Blick zum Glas der durch Roberts Duschen noch beschlagenen Duschkabine musste ich schmunzeln. Womit er wohl geduscht hatte? Auf der Ablage standen zwei bunte Fläschchen. Pink Grapefruit von mir und intensiv duftendes Vanilleduschgel von Kristin. Nicht wirklich männlich. Ob er eines benutzt hatte? Und wenn ja welches? Das war leicht herauszubekommen. Ich machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer.

      Vor der Tür stehend zögerte ich. An meiner eigenen Tür. Wie grotesk. Aber was, wenn er immer noch nackt war? Ich klopfte lieber an.

      »Herein!«, rief Robert gut gelaunt … und angezogen. Glück gehabt, und doch irgendwie schade!

      »Du musst doch an deiner eigenen Zimmertür nicht anklopfen!«, neckte er mich.

      »Naja …«, murmelte ich, küsste ihn sanft auf den Mund und – ah, Grapefruit. Gut! – sagte: »Komm, wir bereiten schon mal das Frühstück vor.«

      »Gute Idee!«, meinte Robert, ich nahm seine Hand und zog ihn in die Küche.

      »Tee oder Kaffee für Dich?«, fragte ich ihn.

      »Nun ja, ….«, druckste Robert herum: »Das ist mir jetzt fast ein wenig peinlich … aber … hättest du eventuell etwas Milch?

      »Milch?«, das meinte er nicht ernst, oder? Ist ja süß.

      »Ja?«, kam es mehr fragend als antwortend zurück.

      »Klar, Milch habe ich. Milch also für Dich. Einfach nur Milch? Oder mit Kakao? Und vor allem, warm oder kalt?«, ich gebe zu, ich schaffte es nicht, mir ein breites Grinsen zu verkneifen. So ein Bild von einem Mann … und er trinkt Milch zum Frühstück. Womöglich noch warme Milch?!

      »Warm …?«, schaute er mich unsicher an. »Lachst Du mich aus?«

      »Nur ein bisschen«, gab ich breit grinsend zurück. »Aber ich mache Dir gern eine warme Milch.«

      »Vielen Dank! … Wo finde ich nochmal die Teller?«

      Ich deutete auf den betreffenden Schrank. »Da oben.«

      Während Robert Teller, Tassen und Besteck verteilte, kochte ich Kaffee, Tee und stellte eine große Tasse Milch in die Mikrowelle. Danach räumte ich Honig, Marmelade, Butter und Käse auf den Tisch. Kaum waren wir damit fertig, öffnete sich die Tür im Flur und ein für Kristin ziemlich schüchtern fragendes »Haaallo?« ertönte vorsichtig.

      »Wir sind schon in der Küche und freuen uns auf dich und die Brötchen!«

      Kristin rumpelte noch kurz im Flur herum und kam dann mit einer überdimensionalen Brötchentüte in die Küche. Ich wunderte mich, wer das wohl alles essen sollte.

      »Ihr habt Euch ja noch nicht offiziell kennengelernt. Also, Kristin, das ist Robert. Robert – Kristin«, stellte ich die beiden vor.

      »Hallo, schön dich kennenzulernen!«, sagte Robert und schüttelte Kristins ausgestreckte Hand.

      »Ganz meinerseits«, antwortete sie und drehte sich kurz zu mir um, ein lautloses »WOW« mit ihrem Mund formend.

      »Kaffee