unproblematisch ist, gehören Fragen nach der ExistenzExistenz und NaturNatur von E. seit jeher zu den Streitfragen der →MetaphysikMetaphysik. Ausgehend von PlatonPlatons →IdeenlehreIdeenlehre werden E. häufig als eigenständige Bewohner der RealitätWirklichkeit, d. h. als →UniversalienUniversalien verstanden, an denen Einzeldinge irgendwie teilhaben. Einige Philosophen haben aber auch vorgeschlagen, E. mit →BegriffBegriffen oder Mengen im Sinne der MathematikMathematik zu identifizieren (Willard V. O. QuineQuine, Willard V. O., Word and Object, 1960, dt. 1980). Andere vertraten die These, dass es überhaupt keine E. gibt (Nelson GoodmanGoodman, Nelson, »A World of Individuals«, in: Joseph M. Bocheński [u. a.], The Problem of Universals, 1956). EigenschaftenRelationen
Für die ExistenzExistenz von E. spricht u. a., dass viele offensichtlich wahre AussageAussagen von ihnen handeln, z. B. ›Rot ist eine Farbe‹: Wie könnte das wahr sein, wenn es keine E. gibt und folglich auch keine Farben? (Frank JacksonJackson, Frank, »Statements about Universals«, in: Mind 86, 1977.) Auch die Gesetze der PhysikPhysik drücken überwiegend Beziehungen zwischen E. aus, etwa zwischen Temperatur, Druck und Volumen von Gasen (→NaturgesetzeNaturgesetze), und setzen damit voraus, dass E. existieren.EigenschaftenRelationen
Bei Temperatur, Druck und Volumen handelt es sich um E., die ihren Trägern charakteristische Kausalkraft [78]verleihen. Nach Ansicht von Philosophen wie Sydney ShoemakerShoemaker, Sidney (»Causality and Properties«, in: Time and Cause, hrsg. von Peter van Inwagen, 1980) macht diese KausalKausalitätkraft das WesenWesen der jeweiligen E. aus. Wenn jedem PrädikatPrädikat eine E. entspricht, müsste es aber auch z. B. eine E. für ›ist rot oder rund‹ geben; diese geht nicht mit einer bestimmten KausalKausalitätkraft einher, sie sorgt nicht einmal für Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Dingen: Ein roter Besen und ein grüner Luftballon sind einander nicht schon dadurch ähnlich, dass auf beide das PrädikatPrädikat ›ist rot oder rund‹ zutrifft. Derlei ›unnatürliche‹ E. werden deshalb in philosophischen Theorien oft ignoriert.EigenschaftenRelationen
E. können selbst wiederum E. haben. Für die Philosophie des 17. Jh. etwa war die Unterscheidung zwischen primären und sekundären E. (oder QualitätQualitäten) von Bedeutung. Als primär galten dabei objektive Merkmale wie Größe und Form eines Gegenstands; sekundär hießen dagegen Merkmale wie Farbe und Geschmack, die durch Sinnesorgane vermittelt sind und daher betrachterabhängig erscheinen. Diese Unterteilung gilt als problematisch. Mindestens ebenso bedeutsam, und ebenso umstritten, ist die Unterscheidung zwischen wesentlichen und akzidentellen E. eines Gegenstands (→WesenWesen, SubstanzSubstanzAkzidens). Unter der Annahme, dass London nicht existieren könnte, ohne eine Stadt zu sein, ist ihm die Stadt-E. z. B. wesentlich, während es wohl nur akzidentell acht Bahnhöfe hat – immerhin könnte leicht einer dazukommen.
R. gruppieren sich besonders auffällig nach formalen Merkmalen wie Stelligkeit und Symmetrie. Bei der Stelligkeit geht es darum, wie viele Dinge eine R. verknüpft: Die Liegt-nördlich-R. ist zweistellig (A liegt nördlich von B), [79]Liegt-zwischen dagegen dreistellig (A liegt zwischen B und C) usw. Eine zweistellige R. heißt symmetrisch, wenn sie immer wechselseitig besteht. Lieben ist z. B. nicht symmetrisch, Verheiratetsein aber schon: Wenn A mit B verheiratet ist, dann ist B auch verheiratet mit A. Ein Grenzfall der R. ist die →IdentitätIdentität, in der jeder Gegenstand zu sich selbst und zu sonst nichts steht.EigenschaftenRelationen
Wolfgang Schwarz
David Armstrong: Universals. An Opinionated Introduction. Boulder [u. a.] 1989.
Michael Loux: Metaphysics. A Contemporary Introduction. London [u. a.] 1998. 32006.
Alex Oliver: The Metaphysics of Properties. In: Mind 105 (1996) S. 1–80.
Emotionen
Mit dem Begriff ›E.‹Emotionen und verwandten Ausdrücken wie ›Gefühl‹ oder ›Affekt‹ wird eine Vielzahl unterschiedlicher Phänomene bezeichnet. Typischerweise sind damit Erlebnisse oder Empfindungen gemeint, die auftreten, wenn etwas für das SubjektSubjekt bedeutsam ist, und die dabei mit bestimmten körperlichen Veränderungen sowie charakteristischen Verhaltensweisen einhergehen. Emotionen
Nachdem PlatonPlaton, AristotelesAristoteles, Baruch de SpinozaSpinoza, Baruch de, René DescartesDescartes, René und David HumeHume, David sich eingehend mit den E. befasst hatten, wurde ihnen in der Philosophie des 20. Jh. zunächst kaum Beachtung zuteil. Wegbereitend für eine [80]Renaissance der E. war die von Anthony KennyKenny, Anthony (Action, Emotion, and Will, 1963), William LyonsLyons, William (Emotion, 1980) und Ronald de SousaSousa, Ronald de (The Rationality of Emotion, 1987, dt. 1997) vertretene Auffassung, E. wie Furcht, Ärger, Empörung, Neid, Trauer, Bewunderung, Scham oder Stolz seien keine reinen Empfindungen (feelings), sondern intentionale und damit kognitive mentale Zustände (→IntentionalitätIntentionalität, GeistGeist). Demnach erschöpft sich z. B. Furcht nicht in dem ›Wie-es-ist‹, sie zu empfinden, sondern ist auf etwas gerichtet und repräsentiert dieses als in bestimmter Weise seiend (→BedeutungBedeutung). Furcht ist stets Furcht vor etwas, z. B. vor einem zähnefletschenden Hund, der im aktualen und bewusstenBewusstsein emotionalen Zustand als furchterregend bzw. gefährlich betrachtet wird. Erst durch diese Bewertung lässt sich der konkrete emotionale Zustand überhaupt dem E.-Typ Furcht im Unterschied etwa zu Angst zuordnen. Indem mit der IntentionalitätIntentionalität der E. die MöglichkeitMöglichkeit eröffnet wird, dass diese ihr intentionales Objekt (wie im Beispiel den Hund) korrekt (z. B. als gefährlich) repräsentieren, sind E. kognitive Zustände, die ihrem Träger WissenWissen über die WeltWelt vermitteln können. Emotionen
In seiner Frühphase richtete sich der Kognitivismus nicht nur gegen die Interpretation von E. als reinen Empfindungen, sondern blendete den Empfindungsaspekt sowie andere mögliche Aspekte einer E. oft ganz aus. So sind laut Robert SolomonSolomon, Robert (The Passions, 1976, dt. 2000) E. identisch mit WertWerteurteilUrteilen. Mittlerweile wird gemeinhin akzeptiert, dass auch eine kognitivistische Theorie der E. der Tatsache Rechnung tragen muss, dass E. ihrer NaturNatur nach gefühlte Zustände sind. Wie dies geschehen kann, ist strittig. Vielfach wird der Empfindungsaspekt als isolierte [81]Komponente einer E. analysiert und mit einer Jamesschen Körperempfindung gleichgesetzt, d. h. mit dem →BewusstseinBewusstsein der mit einem emotionalen Zustand einhergehenden physiologischen Prozesse (William James, »What is an Emotion?«, in: Mind 9, 1884). Dagegen haben Peter GoldieGoldie, Peter (The Emotions, 2000) und andere in der Tradition Alexius MeinongMeinong, Alexius vons (Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werth-Theorie, 1894) eingewandt, dass IntentionalitätIntentionalität als die Gerichtetheit auf ihr jeweiliges ›Objekt‹ (wie in dem Beispiel oben der Hund) und Empfindungsqualität einer E. nicht voneinander getrennt werden könnten und dass E. wesentlich »intentionale Empfindungen« (feelings towards) seien. Emotionen
Die meisten Philosophen nehmen mit HumeHume, David (A Treatise of Human Nature, 1739/40) an, dass E. notwendigerweise motivierende Kraft haben; die Mehrzahl der Psychologen stimmt hiermit überein (Nico H. FrijdaFrijda, Nico H., The Emotions, 1986). Neben ihrem werteWertenden intentionalenIntentionalität Inhalt ist es diese Eigenschaft der E., die sie für die →EthikEthik unverzichtbar macht (Bennett W. HelmHelm, Bennett W., Emotional Reason, 2001; Robert C. RobertsRoberts, Robert C., Emotions, 2003; Sabine A. DöringDöring, Sabine A., Gründe und Gefühle, 2009). Insofern E. weder auf kognitive, aber nichtmotivierende Überzeugungen (beliefs) noch auf motivierende, aber nichtkognitive Wünsche (desires) reduzierbar sind, sondern motivierende Kraft und kognitiven Gehalt in sich vereinen, könnte sich auf ihrer Grundlage der handlungsleitende Charakter moralMoralischer UrteilUrteile erklären lassen, ohne diese deshalb vom Bereich des WissenWissens und der ErkenntnisErkenntnistheorie ausnehmen zu müssen (Michael SmithSmith, Michael, The Moral Problem, 1995).Emotionen
Sabine A. Döring
[82]John Deigh: Cognitivism in the Theory of Emotions. In: Ethics 104 (1994) S. 824–854.
Sabine A. Döring: Die Moralität der Gefühle. In: S. A. D. / Verena Mayer (Hrsg.): Die Moralität der Gefühle. Berlin 2002. S. 15–35. Nachdr. in: