zu installieren („CDO“ oder „CIO“). Noch wichtiger ist aber, dass die gesamte Führung eines Hauses die Digitalisierung als dauerhafte und nachhaltige Motivation verstanden hat und vorleben kann. Dabei geht es nicht nur um die Einführung eines IT-Systems, sondern vielmehr darum, die Kultur, Organisation und Arbeitsabläufe so zu führen und anzupassen, dass diese überhaupt mit großen Veränderungsprozessen, neuen Technologien und auch deren Problemen und Fehlern umgehen kann. IT-Abteilungen leiden oftmals unter dem Druck, eher als Kostentreiber denn als Innovationsmotor einer Einrichtung zu gelten. Auch deshalb sollte eine Digitalstrategie nicht der IT allein überlassen sein, sondern vielmehr die Menschen einbinden, die schließlich mit den Ergebnissen arbeiten werden. Wir haben in der Fläche viel zu wenig medizinisches Personal, das sich mit Digitalisierung auseinandersetzen kann oder darf. Und vice versa auch zu wenig medizinisches Wissen in den IT-Abteilungen. In der Vergangenheit wurden möglichst kurz und möglichst spät Ärzt:innen, Pfleger:innen und Therapeut:innen in IT-Projekte eingebunden, weil deren Ressourcen ebenfalls knapp waren.
„Key User“ für IT-Projekte werden oft diejenigen, deren Fehlen im Fachbereich am wenigsten bemerkt wird.
Wünschenswert ist hier ein komplettes Umdenken hin zu digitalaffinem medizinischem Personal, das sich in Vollzeit um die Digitalstrategie des Hauses gemeinsam mit der IT kümmern kann. Die IT sollte als Werkzeug des medizinischen Personals verstanden werden, das geformt und erlernt werden muss.
Die Digitalstrategie eines Krankenhauses wird niemals „fertig“ oder „komplett umgesetzt“ sein. Diese Pläne entstehen in einem technologisch, politisch und kulturell sehr dynamischen Umfeld. Vielmehr handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess, der iterativ den sich verändernden Rahmenparametern angepasst werden muss. Dennoch entstehen die Strategien in einem stark regulierten Markt, der mehr als alle anderen Branchen der regulativen Aufsicht und auch der Steuerung und den Berichtspflichten durch die Selbstverwaltung unterliegt.
Schon heute sind zu kleine und oft wenig akademisierte IT-Abteilungen viel zu wenig mit Prozessen beschäftigt, die unmittelbaren Einfluss auf die Patientenbehandlung haben. Sie stellen Rechner und Drucker auf, sie konfigurieren Netzwerke, sie administrieren Firewalls und Intrusion-Prevention-Systeme (wenn sie denn bereits eines im Einsatz haben), sie bedienen unzählige Schnittstellen zu diversen medizinischen Registern und Qualitätsdatenbanken, kümmern sich um Telefonie- und Videosysteme, verantworten das Lizenzmanagement etc. Kurzum: Das IT-Department ist komplett mit der täglichen Aufrechterhaltung des infrastrukturellen Status beschäftigt. Und dies unter stark steigenden Anforderungen bezüglich Cyber-Crime und Datenschutz:
Große Häuser (>30.000 stationäre Fälle p.a.) werden vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie („BSI“) als KRITIS, d.h. kritische Infrastrukturen betrachtet, also zu Recht wie Kraftwerke oder Banken. Und auch kleinere Häuser werden zukünftig ab 2022 den sog. „B3S“ anwenden müssen – ein Branchenstandard, der von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Abstimmung mit dem BSI erarbeitet wurde und sich an die KRITIS-Verordnung anlehnt.
Der Umgang mit der Informationssicherheit ist dabei genauso wenig ein IT-Thema wie die Entwicklung der Digitalisierungsstrategie. Beides gehört in die Verantwortung der Unternehmens- und Geschäftsführung und wird Grundlage und ein wichtiger Erfolgsfaktur zukünftiger Krankenhäuser sein.
3.1 Die ePA als Blaupause
Aber neben solchen Sicherheitsthemen bestimmen auch die Inhalte der intersektoralen Versorgung das Tun in den Häusern: Das Jahr 2021 wird davon geprägt sein, die Einrichtungen für die Teilnahme an der elektronischen Patientenakte (ePA) fit zu machen. Dieser Prozess hat im ambulanten Bereich Jahre gedauert, und die stationäre Welt soll nun zügig nachziehen. Die ePA ist ein hervorragendes Beispiel für die Details einer Digitalstrategie. Sie ist weder ein reines Thema der Hardware-Aufstellung oder von Softwareprogrammen noch ist dem Prozess allein durch das inhaltliche Befüllen durch das medizinische Personal zu begegnen. Und sie wird sich über die nächsten Jahre noch erheblich weiterentwickeln.
Der Umgang mit der ePA beginnt bereits bei der Patientenaufnahme. Die IT, aber auch die Organisation des Hauses muss so strukturiert werden, dass sie die kommenden digitalen Inhalte, die die Patientin oder der Patient mit der ePA mitbringt, auch direkt in die Kernsysteme des Hauses integrieren, verarbeiten und für den weiteren Aufenthalt nutzen kann. Nur so profitieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der administrativen, pflegerischen und ärztlichen Aufnahme und Anamnese. Wenn dies gelingt, dann erreichen sie einen gewaltigen Hub im Ressourceneinsatz und der Behandlungsqualität. Sie steigern die Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit. Sie unterstützen Apothekenprozesse, digitalisieren die Pflege und beginnen quasi schon in der Aufnahme mit einem strukturierten Entlassprozess. Hierzu benötigen sie selbstverständlich eine immense Anzahl von Kartenlesegeräten, ID-Verfahren, Hardware-Komponenten zur Kommunikation mit der ePA und ein komplexes und kostenintensives Projekt mit ihren wesentlichen Lieferanten. Der anspruchsvollere Teil wird aber sein, die etablierten Prozesse und mühsam erarbeiteten Routinen des Hauses infrage zu stellen und neu zu gestalten und die unterschiedlichsten Interessen und Hierarchien zusammenzubringen. An diesem Beispiel erkennt man eindrucksvoll die Herausforderungen und Chancen.
Gelingt Ihnen diese Führungsaufgabe, dann haben Sie ein Stück relevanter Digitalisierung auf den Weg gebracht. Die Selbstverwaltung gibt Ihnen vor, dass Sie das Haus an die ePA anschließen müssen. Wie Sie das tun und ob Sie dies in eine größere Strategie einfügen können, das macht den Unterschied zwischen einem nur leidlich funktionierenden und einem digital starken Krankenhaus aus.
Leider erkennt man heute in vielen Krankenhäusern eher nur den Ansatz, lediglich die minimal notwendigen Installationen vorzunehmen, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen, und nicht, dies als Startschuss einer Digitalisierungsinitiative zu sehen.
3.2 Wie weit bestimmt der Gesetzgeber die Digitalstrategie eines Krankenhauses?
Der Anschluss an die ePA ist gesetzlich verankert. Einrichtungen müssen dies schon allein deshalb realisieren, um Strafen zu umgehen. Das im Jahr 2020 verabschiedete KHZG (Krankenhauszukunftsgesetz) enthält darüber hinaus diverse Punkte, die auf der einen Seite mit förderungsfähig sind, andererseits aber auch mit Abschlägen versehen sind, wenn sie binnen 5 Jahren nicht umgesetzt werden. Es erscheint also mehr als sinnvoll, die Gesamtstrategie des eigenen Hauses vor diesem Hintergrund erneut zu betrachten.
Das KHZG stellt innerhalb der nächsten Jahre bundesweit in Summe 4,3 Mrd. Euro allein für die Digitalisierung der Krankenhäuser zur Verfügung. Es besteht aus Kernthemen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie bis Ende 2024 ungesetzt sein müssen. Geschieht das nicht, dann sind Abschläge von bis zu 2% auf jede Patientenrechnung möglich. Diese Themen sollten also unbedingt ein wesentlicher Teil der Strategie sein – falls sie nicht ohnehin schon in Ihrer Einrichtung in Umsetzung sind. Es handelt sich um die Förderthemen 2–6 des § 19 KHZG: digitale Patientenportale, elektronische (sprachbasierte) medizinische Dokumentation, automatisierte Entscheidungsunterstützung, digitales Medikationsmanagement und elektronisches Leistungsmanagement.
3.3 Faktor Zeit
Natürlich gibt es keine pauschale Antwort auf die Frage, wie lange es dauert, eine Digitalisierungsstrategie für ein Krankenhaus zu entwickeln. Noch anspruchsvoller ist die Frage nach der Umsetzungsdauer. Auch hier kann ein Beispiel eines ohnehin schon vorgegebenen Themas aus dem KHZG zur Veranschaulichung dienen: Das digitale Medikationsmanagement. Wollen Sie diesen Teilaspekt in die Gesamtstrategie einbetten, bedarf es einer engen Abstimmung mit den unterschiedlichsten Stellen im Haus: die Apotheke, der mit der Medikation betraute ärztliche und pflegerische Dienst, die Leitung Finanzen, die Informationstechnologie, die Mitarbeitervertretung,