Jahre, zeigen sich im zeitlichen Verlauf zwar Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Dennoch wird gerade im internationalen Vergleich ein Nachholbedarf überdeutlich. Damit geht auch die Gefahr einher, dass die Chancen und Potenziale einer Digitalisierung im Gesundheitswesen verpasst werden.
Eine wesentliche Ursache für den Nachholbedarf liegt in den historisch gewachsenen IT-Strukturen. In vielen Branchen – und dabei stellt das Gesundheitswesen keine Ausnahme dar – werden IT-Systeme seit Jahren oder gar Jahrzehnten eingesetzt. Dies hat dazu geführt, dass Daten – quasi siloartig – häufig redundant gespeichert und verarbeitet werden und ein Datenaustausch zwischen den Systemen – wenn überhaupt – nur in einem zu geringen Umfang erfolgen kann.
Gerade die COVID-19-Pandemie hat unterstrichen, dass die Krankenhausversorgung ein zentraler Bestandteil des Gesundheitswesens ist. Gerade durch stetig komplexer werdende Behandlungsmaßnahmen zeigt sich, dass Akteur:innen verschiedener Fachrichtungen interdisziplinär zusammenfinden und zusammenarbeiten und dadurch an vielen verschiedenen Stellen Daten anfallen. Gerade aus einem Zusammenführen dieser Daten und einem interoperablen Datenaustausch ergeben sich erhebliche Potenziale.
Um Modernisierungsimpulse auf diese gewachsenen IT-Strukturen zu setzen, hat das Bundesministerium für Gesundheit bereits zu Beginn der Legislaturperiode 2017–2021 ein Modell entwickelt. Dieses sieht im Kern vor, nach außen hin erkennbare Digitalservices zu beschreiben und zu fördern, die in ihrem Zusammenspiel dazu führen sollen, eine Digitalisierung nach innen – d.h. interorganisatorisch – auszulösen. Das soll vor dem Hintergrund geschehen, dass die Erfahrungen zeigen, dass eine Binnendigitalisierung nur schwerlich durch Maßnahmen auf „mikroorganisatorischer“ Ebene ausgelöst werden kann.
Dies zeigt sich vor allem am Fördertatbestand 2 (Patientenportale) des Krankenhauszukunftsfonds (KHZF). Dieser beschreibt den Behandlungsprozess aus einer Außensicht und definiert verschiedene digitale Dienste aus der Perspektive der Patient:innen. Diese digitalen Dienste erstrecken sich über den gesamten Behandlungspfad, angefangen von der Aufnahme über die eigentliche Behandlung bis hin zur Entlassung. Die in dieser Prozesskette zu erfassenden und anfallenden Daten sollen dabei zusammengefasst und auch gegenüber den Patient: innen transparent gemacht werden. Hinzu kommt, dass durch den Fördertatbestand auch deutlich wird, dass sich die Prozessdigitalisierung nicht allein auf die Krankenhäuser beschränkt, sondern ebenso auf weitere Akteure im Behandlungsprozess, insbesondere Leistungserbringer.
Da mit der Umsetzung solcher digitalen Dienste (Services) auch erhebliche Investitionsbedarfe einhergehen, wurde deutlich, dass eine entsprechende Förderung notwendig werden würde. Dies muss nicht zuletzt vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass Investitionen in die Krankenhäuser, die im Rahmen der dualen Krankenhausfinanzierung in Deutschland (Finanzierung der Betriebskosten durch die Kostenträger einerseits und Investitionskostenfinanzierung durch die Bundesländer andererseits) in die Verantwortlichkeit der Bundesländer fallen, in den zurückliegenden Jahren nicht in hinreichendem Maße getätigt wurden. Somit wurden auch Investitionen in die digitale Infrastruktur nur unzureichend vorgenommen oder sind gar unterblieben.
Wenngleich die COVID-19-Pandemie zu enormen negativen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen geführt hat und führt, wurde es durch das Investitionsprogramm der Bundesregierung möglich, das skizzierte Modell auch mithilfe eines Konjunkturpakets mit den notwendigen finanziellen Mitteln zu unterlegen.
1.2 Fit für die zweite Hälfte der Dekade: Die Ziele des KHZF
Wie bereits beschrieben, ist das Zukunftsprogramm Krankenhäuser eine der Kernmaßnahmen im Bereich Gesundheit des Konjunkturpakets der Bundesregierung vom 3. Juni 2020. Neben der konjunkturellen Stärkung und Abfederung der Auswirkungen der Corona-Pandemie soll Deutschland mit einem umfangreichen Zukunftsprogramm gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgehen. Im Rahmen des Beschlusses sind die wesentlichen Eckpunkte und Ziele skizziert, die die Grundlage des KHZF bilden. Dass hierbei ein besonderer Fokus auf Maßnahmen zur Stärkung der Digitalisierung liegt, ist in Anbetracht der eingangs beschriebenen Ausgangssituation folgerichtig.
Digitalisierungsmaßnahmen stehen und fallen mit der Akzeptanz derjenigen, für die sie gemacht sind.
Diese eigentlich banale Feststellung kann vermutlich jeder bestätigen, der schon einmal eine Smartphone-App installiert, sie nicht auf Anhieb verstanden und dann nie wieder angesehen hat. Im privaten Kontext mag diese Möglichkeit bestehen, im beruflichen Kontext für im Gesundheitswesen Beschäftigte gilt dies nicht. IT-Produkte im Gesundheitswesen sind hoch spezialisiert, häufig teuer und in der jeweiligen Einrichtung in der Regel verpflichtend anzuwenden. Umso wichtiger ist daher, dass die Perspektive der Nutzer:innen von Beginn an und durchgehend berücksichtigt wird.
Akzeptanz geht damit einher, den Nutzen von technischer Unterstützung herauszustellen und gleichzeitig erlebbar zu machen. Dies gilt für Angestellte im Gesundheitswesen wie für Versicherte oder Patient: innen. Im KHZF steht die Patientenorientierung entlang des gesamten Behandlungspfades daher im Kern der Digitalisierungsmaßnahmen sei es in der Notfallversorgung, der elektiven Aufnahme, der eigentlichen Behandlung oder der Entlassung.
Entscheidend für die Akzeptanz von Anwendungen ist hierbei zudem, dass Daten interoperabel – also ohne doppelte Eingaben – zwischen den verschiedenen digitalen Diensten ausgetauscht und weiterverarbeitet werden können. Datenaustauschprozesse sind nur so gut wie das schwächste Glied in der Verarbeitungskette. Wenn es an einem Punkt zu Medienbrüchen oder Informationsverlusten kommt, kann dies in späteren Prozessschritten nicht korrigiert werden. Insofern eröffnet das Zukunftsprogramm Krankenhäuser mittels der Umsetzung von Förderprojekten Spielraum, nachhaltig die Binnendigitalisierung der Kliniken zu stärken und die internen Prozesse fit für die zweite Hälfte des Jahrzehnts zu machen.
Neben Akzeptanz ist Vertrauen ein wesentlicher Erfolgsfaktor zur erfolgreichen Implementierung neuer technischer Lösungen.
IT-Sicherheitsvorfälle in den vergangenen Jahren (z.B. 2016 Lukaskrankenhaus in Neuss, 2019 Krankenhäuser Rheinland-Pfalz und Saarland, 2020 Universitätsklinik in Düsseldorf) haben gezeigt: Mit zunehmender Digitalisierung muss auch vermehrt in IT-Sicherheit investiert werden. Eine der wesentlichen übergeordneten Anforderungen des KHZF an Förderprojekte ist daher, IT-Sicherheitsmaßnahmen in jedem Projekt ausdrücklich mit zu berücksichtigen. Hierfür sind mindestens 15% der beantragten Förderung für entsprechende Maßnahmen einzusetzen und nachzuweisen.
Neben diesen für alle Digitalisierungsprojekte geltenden Anforderungen besteht zudem die Möglichkeit, dezidiert Maßnahmen mit dem ausschließlichen Ziel, die IT-Sicherheit zu stärken, fördern zu lassen. Durch die feste Ausgabenquotierung von Sicherheitsmaßnahmen soll sichergestellt werden, dass die neuen Digitaldienste konsequent in der IT-(Sicherheits-)Strategie der jeweiligen Klinik nach dem Paradigma „Security by Design“ verankert werden – und dies nicht nur bei sogenannten KRITIS-Häusern.
1.3 Ungleiche Geschwister: Strukturfonds und Zukunftsfonds
Das Ziel des Konjunkturprogramms im Allgemeinen und des Zukunftsprogramms Krankenhäuser im Besonderen war es, entsprechende Maßnahmen schnell und zielgerichtet umzusetzen. Vor diesem Hintergrund stellte es sich als zweckdienlich heraus, bei der Umsetzung der Förderung nach dem KHZF auf bereits bestehende und etablierte Verfahren zur Förderung von Investitionen in Krankenhäusern zurückzugreifen und entsprechend vorhandene Expertise nutzbar zu machen. So wurden die näheren Voraussetzungen für das Förderverfahren des KHZF in der Krankenhausstrukturfonds-Verordnung (KHSFV) festgelegt. Die KHSFV wurde bereits mit der Errichtung des Krankenhausstrukturfonds (KHSF) zum 1. Januar 2016 erlassen. Der KHSF dient dazu, die Strukturen in der Krankenhausversorgung zu verbessern. Er war zunächst auf die Förderung von Schließungen, Konzentrationen sowie Umwandlungen von Krankenhäusern fokussiert, wurde mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz jedoch für die Jahre 2019 bis 2022 (mit dem KHZG mittlerweile sogar