sondern ihr Vorhaben verfahrenstaktisch so auslegen, dass es mit geringstmöglichem Widerstand durchgesetzt werden kann. Diesfalls ist die Zuständigkeitsfrage eigenverantwortlich zu prüfen. Dabei helfen die folgenden Checks, die jeweils in einigen wenigen Prüfschritten ablaufen.
Im Mittelpunkt dieser Checks stehen Genehmigungsverfahren für Bau- und Anlagenprojekte. Eine zweite Gruppe von Umweltverfahren dreht sich nicht um Bauten oder Anlagen, sondern um die Verwendung bestimmter Ressourcen, gefährlicher Stoffe oder die Behandlung von Abfällen. Diese beiden Komplexe hängen eng zusammen; manchmal entscheidet etwa der verarbeitete Stoff darüber, nach welchem Genehmigungsrecht eine neue Anlage abzuhandeln ist (z. B. bei Abfallbehandlungsanlagen oder Bergbauanlagen); diese Aspekte werden in Kapitel 3 näher behandelt.
Um im Labyrinth der Genehmigungsverfahren den Überblick zu behalten, gibt es einige praxistaugliche Orientierungshilfen.
1.2 Rechtsrahmencheck
Das österreichische Umweltrecht kennt drei Grundmodelle, nach denen Genehmigungsverfahren ablaufen können. Ihre Anwendbarkeit hängt – vereinfacht gesagt – von der Größe oder Leistung eines Projekts ab: Die größten Projekte bedürfen einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), relativ große Projekte industriellen Maßstabs einem unionsrechtlich geprägten Sonderverfahrensrecht; am bedeutendsten ist hierbei das Industrieemissionsrecht (IE; früher: IPPC), Sonderregelungen bestehen zudem nach dem Emissionshandels- und Seveso-III-Recht. Mittlere und kleinere Projekte unterliegen dem „hausgemachten“ österreichischen Genehmigungsrecht, die im juristischen Sprachgebrauch auch unter dem Begriff der Materienrechte zusammengefasst werden.
Diese drei Modelle stehen in einer spezifischen Rangfolge, aus der sich ein dreistufiges Prüfverfahren – vom größeren zum jeweils kleineren Verfahren – ableiten lässt: UVP, wenn nein: IPPC bzw. Seveso bzw. EZG, wenn nein: Materienrecht.
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Praxistipp: Rechtscheck in 3 Schritten
Prüfen Sie die Genehmigungspflicht nach dem Ausschlussprinzip – beginnend beim größten Verfahrenstyp absteigend bis zum kleinsten:
+Ist das Projekt UVP-pflichtig?
+Wenn nein: Ist das Projekt nach dem anzuwendenden Materienrecht IPPC-, EZG- oder Seveso-III-pflichtig?
+Wenn nein, ist das Projekt nach den sonstigen Verfahren der Materienrechte zu prüfen.
1.2.1 UVP
Die UVP ist für Großprojekte vorgesehen; sie ist – in Bezug auf Einreichaufwand, Prüfintensität und Öffentlichkeitsbeteiligung – das aufwändigste und herausforderndste Verfahren.
Ob ein Projekt UVP-pflichtig ist, hängt davon ab,
+ob der Anlagentyp vom UVP-G 2000 grundsätzlich erfasst ist; das kann für Anlagen anhand des Anhangs 1 des UVP-G 2000 geklärt werden, der spezifische Projekte (die aufgrund ihrer Typologie oder Technologie als umwelterheblich gelten) auflistet.
Beispiele: Hochspannungsfreileitungen sind etwa erfasst, Erdkabel nicht. Abfallverbrennungsanlagen sind erfasst, Sortieranlagen für nicht gefährliche Abfälle hingegen nicht.
+ob die Kapazität des Projekts den Schwellenwert, der für die Kapazität der jeweiligen Anlage gilt, erreicht. Als Kapazität einer Anlage gilt die Größe oder Leistung der projektierten Anlage, die in Einheiten zu messen ist, für die sog. Schwellenwerte im Anhang vorgesehen sind.
Beispiel: Anlagen zur Herstellung von Papier, Pappe oder Karton sind z. B. ab einer Produktionskapazität von mehr als 200 t/d oder 72 000 t/a UVP-pflichtig.
Aber Achtung: Diese Schwellenwerte sind in schutzwürdigen Gebieten (Anhang 2) häufig reduziert – bei Papierfabriken in Wasserschutz- und Schongebieten etwa auf die Hälfte.
Bei Änderungen reichen anteilige Erhöhungen der Kapazität – Faustregel: 50 % des Schwellenwerts –, wenn dadurch der Schwellenwert insgesamt überschritten oder ein spezifischer Änderungstatbestand in Anhang 1 erfüllt wird. Zudem sind zeitlich versetzte (Faustregel: in den letzten fünf Jahren genehmigte) oder auf mehrere Rechtsträger verteilte Projekte, die in einem spezifischen Zusammenhang stehen, zusammenzurechnen (sog. „Kumulierung“) – der Grund: Das UVP-G 2000 enthält relativ ausgeklügelte Regelungen, um eine Umgehung mittels Salami-Taktik zu verhindern. Auch dazu gibt es eine Faustregel: Beschränkt sich ein Projekt auf unter 25 % des jeweiligen Schwellenwerts, ist es in der Regel gesichert UVP-frei – und auch dazu gibt es eine Ausnahme: Anderes gilt nämlich, wenn das Splitting von Projekten auf unter 25 % missbräuchlich zur Umgehung der UVP-Pflicht genutzt wird.
Rutscht ein Projekt mathematisch – sei es für sich allein genommen oder durch Zusammenrechnung – über die 50-%-Schwelle, kann eine UVP-Pflicht noch immer vermieden werden, wenn im Rahmen einer Einzelfallprüfung nachgewiesen wird, dass das Projekt keine erheblichen Umweltauswirkungen (bei den reduzierten Schwellenwerten: auf sensible Gebiete) hat. Auf diese Einzelfallprüfung kann seitens der Projektwerberin aber auch verzichtet und freiwillig für die UVP optiert werden.
Umfasst die projektierte Kapazitätssteigerung mindestens 100 % des Schwellenwerts (nur solche der Spalte 1 und 2 des Anhangs 1; nicht jene der Spalte 3 für sensible Gebiete), steht die Möglichkeit, sich von der UVP im Einzelfall „freizubeweisen“, nicht mehr offen.
Um Rechtssicherheit über die Frage zu erhalten, ob ein Projekt UVP-pflichtig ist, besteht die Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid bei der Landesregierung zu erwirken (bei Verkehrsinfrastrukturprojekten ist das Ministerium (dzt. BMK) zuständig).
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Praxistipp: Schnellcheck UVP-Pflicht
Zur Klärung der UVP-Pflicht prüfen Sie,
+ob das Projekt einem Anlagentyp entspricht, der in Anhang 1 des UVP-G 2000 aufgelistet ist (wenn nein, besteht keine UVP-Pflicht) und
+ob mit der Kapazität (Größe oder Leistung) des Projekts der Schwellenwert in Anhang 1 erreicht und/oder durch eine Änderung um 50 % erhöht oder ein spezifischer Änderungstatbestand in Anhang 1 erfüllt wird.
Beschränkt sich die Kapazitätssteigerung auf unter 25 %, scheidet in der Regel eine UVP-Pflicht jedenfalls aus (von evidenten Umgehungskonstruktionen abgesehen).
Ab 25 % bis 50 % sind auch frühere Änderungen (in der Regel: der letzten fünf Jahre) einzurechnen und solche, die in einem wirtschaftlichen und technischen Zusammenhang stehen, zusammenzurechnen. Bleibt das Projekt trotz dieser Ein- und Zusammenrechnung unter der 50-%-Schwelle, besteht ebenfalls keine UVP-Pflicht; erreicht es hingegen eine Steigerung um 50 % oder mehr, besteht die Möglichkeit, mit einer Einzelfallprüfung darzulegen, dass das Vorhaben keine erheblichen Umweltauswirkungen hat; auch diesfalls besteht keine UVP-Pflicht, andernfalls schon.
Diese Möglichkeit des Freibeweisens durch Einzelfallprüfung besteht bei Steigerung von mindesten 100 % nicht mehr.
Auf die Einzelfallprüfung kann verzichtet und freiwillig eine UVP gewählt werden.
Achtung: Die angegebenen Größen sind Faustregeln, die eine erste Einordnung der „UVP-Gefahr“ ermöglichen, eine Detailprüfung jedoch nicht ersetzen.
In Zweifelsfällen sollte ein Feststellungsbescheid der Landesregierung eingeholt werden (bei Verkehrsinfrastrukturprojekten: Ministerium, dzt. BMK).
Ist ein Projekt UVP-pflichtig, dann ist nur ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 durchzuführen; in diesem sind alle erforderlichen Genehmigungsverfahren konzentriert, also Baurecht, Anlagenrecht, Wasserrecht, Naturschutzrecht etc.
Ausnahme: Bei Verkehrsinfrastrukturvorhaben (Autobahnen, Schnellstraßen, Hochleistungsstrecken) hat der Gesetzgeber nur eine Teilkonzentration vorgesehen. Nach der UVP ist noch ein eigener Verfahrensblock nach den Materiengesetzen abzuführen.