Wilhelm Bergthaler

Umweltverfahren für Betriebe


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Anlagen eines Betriebs gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, welche die Mengenschwellen der oberen oder unteren Klasse des Anhangs 5 erreichen; eine spezielle Additionsregel schützt wiederum vor Umgehung. Auch hier sind aber Spielräume für ein intelligentes Projektdesign gegeben – siehe dazu Kapitel 3.

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      Praxistipp: Schnellcheck Seveso-III-Pflicht

      Zur Klärung der Seveso-III-Pflicht prüfen Sie (z. B. anhand des Anhangs 5 der GewO 1994 oder der entsprechenden Umsetzung im anzuwendenden Anlagenrecht),

      +ob gefährliche Stoffe des Anhangs 5 im Betrieb vorhanden sind und

      +ob die dort genannten Mengenschwellen erreicht werden; auch hier besteht eine spezifische Additionsregel.

      In Zweifelsfällen steht gemäß § 358 GewO 1994 ein Feststellungsverfahren zur Verfügung.

      Die Klärung der Seveso-III-Pflicht ist für Umweltverfahren von wesentlicher Bedeutung, weil Seveso-III-Betriebe nur an bestimmten Standorten errichtet und betrieben werden dürfen (näher dazu in Kapitel 2). Zudem bestehen spezifische Vorsorgeverpflichtungen gegen Industrieunfälle, die im Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

      1.2.5 Materienrechte

      Ist das Projekt weder UVP- noch IPPC-pflichtig, ist das Verfahren nach den Materienrechten abzuführen. Wie unter Kapitel 1.1 dargelegt, handelt es sich häufig um mehrere Verfahren, typischerweise ein Anlagen- und ein Bauverfahren. Allerdings enthalten die einzelnen Materiengesetze wesentliche Erleichterungen und „Abkürzungen“ für die jeweiligen Verfahren, die für eine effiziente Projektdurchsetzung, die Zeit und Kosten spart, genutzt werden sollten.

      Der nachfolgende Verfahrenscheck zeigt, wie der kürzeste Weg zur Genehmigung aufgespürt werden kann.

      1.3 Materien- und Verfahrenscheck

      1.3.1 Materiencheck

      Welche Materiengesetze auf ein Projekt anzuwenden sind, ist nach unterschiedlichen Rechtskreisen zu beurteilen:

      +dem Baurecht

      +dem Anlagenrecht

      +dem Ressourcenrecht

      Jeder dieser Rechtskreise zielt auf einen anderen Aspekt des Projekts ab:

      +Beim Baurecht stehen Bauwerke (Gebäude o. dgl.) im Vordergrund. Jedes Land hat seine eigene Bauordnung; bautechnisch sind die Vorgaben aber über die OIB-Regeln weitgehend harmonisiert.

      +Im Anlagenrecht ist der Betrachtungshorizont weiter. Zur Anlage zählen nicht nur die Gebäude und die darin befindlichen Maschinen, sondern das gesamte Anlagenareal, auf dem betriebliche Tätigkeiten ausgeübt werden, gleich ob darauf Gebäude stehen oder nicht. All diese betrieblichen Tätigkeiten bilden eine Einheit; es gilt der Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage (näher dazu in Kapitel 3.2.1). Zentrale Bedeutung hat hier das gewerbliche Betriebsanlagenrecht, das zwar nur für Anlagen von Gewerbebetrieben gilt, aber viele Grundelemente der Anlagenverfahren geprägt hat, die in anderen Anlagengesetzen Niederschlag finden – vom Energie- und Abfallanlagenrecht bis zum UVP-G 2000.

      +Im Ressourcenrecht zählt der Umfang, in dem Ressourcen für das Projekt in Anspruch genommen werden. Dabei kann es um die unmittelbare Verwendung von Naturgütern gehen, etwa von Grundwasser zur betrieblichen Nutzung, von Flüssen, in welche Abwässer abgeleitet werden (geregelt im WRG), von Wäldern, die für einen Betriebsstandort gerodet werden (geregelt im ForstG), oder von mineralischen Rohstoffen, die zum Zwecke der industriellen Verarbeitung abgebaut werden (geregelt im MinroG). Das moderne Ressourcenrecht zieht aber weitere Kreise: Es zielt insbesondere auch auf die Schonung von Ressourcen, z. B. im Abfallwirtschaftsrecht. Im Folgenden werden diese beiden Kreise unterschieden,

      +einerseits das Ressourcennutzungsrecht (WRG, ForstG, Naturschutzgesetze der Länder) und

      +andererseits das Abfallwirtschaftsrecht.

      Die Konstellationen von Projekten, in denen diese Rechtskreise in unterschiedlicher Weise kombiniert werden, sind nahezu unüberschaubar. In der Praxis haben sich aber einige Grundmodelle herauskristallisiert, mit denen die Mehrzahl der Fälle abgebildet werden kann. Mit einzelnen Erweiterungsmodulen lässt sich dann der individuelle Rechtsbereich für das Projekt abstecken.

      +Den Kern bilden zwei Rechtskreise,

      +das Baurecht und

      +das Anlagenrecht.

      Typischerweise sind die länderspezifische BauO und die GewO 1994 anzuwenden. Handelt es sich um eine Abfallbehandlungsanlage, die nicht gewerblich miterledigt werden kann, sind dort die bautechnischen Bestimmungen mitkonzentriert. Für Energie- und Infrastrukturanlagen sind Bauwerke und Anlagen in der Regel in Sondergesetzen einheitlich geregelt (Straßengesetze des Bundes und der Länder; Eisenbahngesetz; Starkstromwegegesetz).

      +Dazu kommt zunächst das Erweiterungsmodul des Ressourcennutzungsrechts: Abwasserableitungen sind im WRG geregelt, allerdings von der Gewerbebehörde im Betriebsanlagenverfahren mit anzuwenden. Bei Wasserentnahmen ist hingegen zu unterscheiden: Werden sie zu Kühl- oder Löschwasserzwecken entnommen, gilt auch hier die Mitanwendung durch die Gewerbebehörde. Wird hingegen Wasser zu Produktionszwecken entnommen, bedarf es einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung (§ 356b Abs 1 GewO 1994). Werden Wälder gerodet, bedarf es einer Rodungsbewilligung nach dem ForstG; diese ist nicht von der Mitanwendung im Gewerberecht umfasst. Werden Naturflächen in Anspruch genommen, ist häufig eine naturschutzrechtliche Bewilligung nach den einschlägigen Landesgesetzen erforderlich. Ressourcennutzungsrechte unterscheiden sich von Bau- und Anlagengenehmigungen in einem wesentlichen Punkt: Sie werden in der Regel nur befristet erteilt und müssen daher immer wieder verlängert bzw. neu erteilt werden (dazu näher in Kapitel 3.3.1).

      +In einem zweiten Schritt ist das Erweiterungsmodul der Abfallwirtschaft näher zu prüfen. Die zentralen Bestimmungen dafür finden sich im AWG 2002. Vereinfacht gesagt gibt es für innerbetriebliches Recycling Privilegierungen, sodass keine zusätzliche abfallrechtliche Bewilligung erforderlich ist (§ 37 Abs 2 Z 1 bis 3 AWG 2002). Zwei Ausnahmen sind aber wesentlich: Abfallverbrennungen mit einer thermischen Leistung über 2 MW und Abfalldeponien müssen nach dem Abfallwirtschaftsrecht genehmigt werden. Die entscheidende Vorfrage ist häufig: Handelt es sich bei einem Stoff um Abfall oder nicht? Sie kann in eigenen Feststellungsverfahren thematisiert und gelöst werden.

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      Praxistipp: Materiencheck in vier ­Schritten

      Prüfen Sie die anzuwendenden Materien nach vier Rechtskreisen:

      +Baurecht: Bauwerke und Gebäude sind in der Regel einem Verfahren nach der jeweiligen Landesbauordnung zu unterziehen. Ausnahme: Abfallbehandlungs­anlagen nach dem AWG 2002, Infrastrukturbauten (Straßen etc.) nach den jeweiligen Sondergesetzen.

      +Anlagenrecht: Als Anlagen gelten in der Regel alle Einrichtungen, die für den jeweiligen Betrieb benötigt werden, auch unbebaute Grundstücke und mobile Betriebsmittel. Für Gewerbebetriebe ist das gewerbliche Betriebsanlagenrecht anzuwenden; Sonderanlagenrechte bestehen für Abfallbehandlungsanlagen, Energie- und Infrastrukturanlagen.

      +Ressourcennutzungsrecht: Wassernutzungen sind im WRG geregelt, aber häufig im gewerblichen Betriebsanlagenverfahren mitanzuwenden (z. B. Abwassereinleitungen und Wasserentnahmen für Kühl- und Feuerlöschzwecke; nicht aber Wasserentnahmen für Produktionszwecke, für die eine eigene wasserrechtliche Bewilligung einzuholen ist). Für Rodungen ist ein forstrechtliches, für die Inanspruchnahme von Naturflächen ein naturschutzrechtliches Verfahren erforderlich. Achtung: Ressourcennutzungsrechte werden in der Regel nur befristet erteilt. Für eine rechtzeitige Verlängerung bzw. Neuerteilung ist daher