Wilfried Kürschner

Grammatisches Kompendium


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verlangt [fi<Œ] oder [f<] als AusdrucksseiteAusdrucksseite, umgekehrt weist kein MerkmalMerkmal dieser Ausdrücke darauf hin, dass mit ihnen die InhaltsseiteInhaltsseite ‘4’ verknüpft ist. – Ausdrücke aus Kombinationen von AusdrucksseiteAusdrucksseiten wie [fIütse<n] <vierzehn> bzw. [f<ti<n] <fourteen> sind dagegen nicht völlig arbiträr, sondern teilmotiviertmotiviertteil-teilmotiviert, insofern sie zur InhaltsseiteInhaltsseite ‘14 (= 4 + 10 bzw. 10 + 4)’ hin »durchsichtigdurchsichtig« sind. Die einzelnen Bestandteile dieser Komplexe sind jedoch für sich genommen arbiträr.

      1.1/6 LinearitätLinearität

      Zeitliche bzw. räumliche Aufeinanderfolge sprachlicher ZeichenZeichen und ihrer Ausdruckselemente im SyntagmaSyntagma (▶ Nr. 1.1/8).

      Im KommunikationsprozessKommunikationsprozess, in der ParoleParole (▶ Nr. 1.2/3), werden die sprachlichen ZeichenZeichen in gesprochener SpracheSprachegesprochenegesprochene Sprache zeitlich, in geschriebener SpracheSprachegeschriebenegeschriebene Sprache räumlich nacheinander angeordnet, sie folgen einander gewissermaßen (wie die BuchstabeBuchstaben in einer Zeile) auf einer Linie. Dies betrifft sowohl die an der Bildung einer RedeketteRedekette beteiligten jeweiligen ZeichenZeichen als Ganze wie auch die Elemente ihrer AusdrucksseiteAusdrucksseiten, die LautLaute bzw. BuchstabeBuchstaben, die nicht zugleich, sondern nacheinander produziert werden.

      Beziehungen zwischen sprachlichen ZeichenZeichen:

      1.1/7 Syntagmatische BeziehungBeziehungsyntagmatischesyntagmatische Beziehung

      Beziehung, die zwischen mindestens zwei ZeichenZeichen herrscht, die miteinander in der RedeketteRedekette verknüpft werden.

      Beispiel:

      In der Kette die Leiter an der Wand stehen die ZeichenZeichen die und Leiter und an und der und Wand in syntagmatischer Beziehung zueinander. Solche Zeichenverbindungen bilden SyntagmaSyntagmen:

      1.1/8 SyntagmaSyntagma

      Geregelte Verbindung von mindestens zwei ZeichenZeichen.

      Nicht jede Aneinanderreihung sprachlicher ZeichenZeichen stellt ein SyntagmaSyntagma dar, z. B.: *an der die Leiter Wand. Der Aufbau von SyntagmenSyntagma gehorcht vielmehr Regeln, die in der SyntaxSyntax (▶ Kapitel 7) beschrieben werden.

      

Ein SternchenSternchen = Asterisk(us)Asterisk(us): »*«, das/der vor sprachliche Formen gesetzt wird, zeigt an, dass diese nicht regelgerecht gebaut, sondern ungrammatisch, unzulässig (in der historischen Sprachwissenschaft: nicht in Texten belegt) sind.

      

das SyntagmaSyntagma, des SyntagmaSyntagmas, die Syntagmen od. SyntagmaSyntagmata (Betonung auf -tag-)

      1.1/9 Paradigmatische BeziehungBeziehungparadigmatischeparadigmatische Beziehung

      Beziehung, die zwischen mindestens zwei ZeichenZeichen herrscht, die gegeneinander ausgetauscht werden können.

      Beispiel:

      In dem SyntagmaSyntagma die Leiter an der Wand könnte statt des Zeichens die das ZeichenZeichen eine, statt Leiter das ZeichenZeichen Uhr oder Zeichnung usw., statt an das ZeichenZeichen auf oder hinter oder über usw., statt der das ZeichenZeichen einer oder mancher oder dieser oder jener usw. gewählt werden. Es ergäben sich dann jeweils neue SyntagmaSyntagmen.

      ZeichenZeichen, die sich gegenseitig ersetzen lassen, bilden ein Paradigma:

      1.1/10 ParadigmaParadigma

      Menge/Klasse von ZeichenZeichen, die gegeneinander ausgetauscht werden können.

      Über diesen engeren, nur die Austauschbarkeit von ZeichenZeichen als Ganzen betreffenden Paradigmenbegriff hinaus gibt es eine weiter greifende Auffassung von »Paradigma«Paradigma sowie die klassische Auffassung (Paradigma = FlexionsformFormFlexions-Flexionsformen eines Wortes bzw. FlexionsmusterMusterFlexions-Flexionsmuster, ▶ Nr. 6.1/7). Nach der weiteren Auffassung stehen nicht nur ZeichenZeichen, wie bei der vorangehenden Nr. 1.1/9 beschrieben, in paradigmatische Beziehungparadigmatischer Beziehung zueinander, sondern auch die Glieder von WortfamilieWortfamilien wie binden, Band, Binde, Gebinde, Bund, bündeln, bündig, Binder, bei denen keine durchgängige gegenseitige Ersetzbarkeit an einer bestimmten Position eines SyntagmaSyntagmas vorliegt (z. B. können die Verben binden und bündeln nicht das Adjektiv bündig, dieses nicht die Substantive Band, Binde, Gebinde, Bund, Binder ersetzen).

      Darüber hinaus können auch Elemente von Zeichenausdrucksseiten, nämlich LautLaute (bzw. BuchstabeBuchstaben), in paradigmatischer Beziehungparadigmatische Beziehung zueinander stehen. So bildet etwa die Menge aller LautLaute, die im AnlautAnlaut, im InlautInlaut oder im AuslautAuslaut von Wörtern vorkommen bzw. dort nicht vorkommen können, jeweils ein ParadigmaParadigma (z. B. können im AnlautAnlaut deutscher Wörter alle LautLaute stehen, nur nicht die LautLaute [N] (wie in eng), [x] (wie in ach) und [s] (wie in heiß), im InlautInlaut können alle LautLaute stehen, nur nicht der LautLaut [h] (wie in halt) usw.).

      

das Paradigma, des Paradigmas, die Paradigmen od. Paradigmata (Betonung auf -dig-)

      1.2 Differenzierung des Sprachbegriffs

      Der alltagssprachliche Ausdruck Sprache Sprachbegriffist mehrdeutig. Im Folgenden werden einige Begriffe zur Erfassung der unterschiedlichen Aspekte, unter denen der Gegenstand Sprache betrachtet werden kann, aufgeführt.

      1.2/1 LangageLangage

      Menschliche SprachfähigkeitSprach- und SprechfähigkeitSprechfähigkeit und RedetätigkeitRedetätigkeit überhaupt.

      

der/die LangageLangage, des/der LangageLangage (Plural nicht gebräuchlich, Aussprache: [lA=Èga<Z])

      1.2/2 LangueLangue = SprachsystemSprachsystem

      Abstraktes System von ZeichenZeichen und Regeln einer Einzelsprache.

      

die LangueLangue, der LangueLangue, die Langues (Aussprache: [lA=<g])

      1.2/3 ParoleParole = RedeRede = SprachverwendungSprachverwendung

      Konkretes, individuelles SprechenSprechen auf der Basis des zugrundeliegenden ZeichenZeichen- und Regelsystems der LangueLangue = des SprachsystemSprachsystems.

      

die ParoleParole, der ParoleParole (Plural nicht gebräuchlich, Aussprache: [paÈül])

      Diese Begriffe (sowie die übrigen oben erwähnten das ZeichenZeichen betreffenden Begriffe) gehen auf Ferdinand de Saussure zurück (1857–1913, postum erschienenes Hauptwerk: »Cours de linguistique générale«, 1916). Noam Chomsky (geb. 1928) hat unter Rückgriff auf diese Begriffe die Unterscheidung von KompetenzKompetenz und PerformanzPerformanz eingeführt:

      1.2/4 KompetenzKompetenz

      Wissen eines »idealen Sprecher-HörerSprecher-Höreridealer Sprecher-Hörers« von seiner Sprache, dem InventarInventar ihrer Elemente und ihren Verknüpfungsregeln; Fähigkeit des Sprecher-Hörers, auf dieser Grundlage eine unbegrenzte Zahl von Äußerungen zu bilden und zu verstehen.

      1.2/5 PerformanzPerformanz

      Gebrauch der Sprache, ihre konkrete Realisierung in Äußerungen, die in einer bestimmten Situation von einem bestimmten Sprecher produziert und von einem