Wilfried Kürschner

Grammatisches Kompendium


Скачать книгу

diesen Zusammenhang gehört auch die SynekdocheSynekdoche mit ihren Haupttypen Pars pro Toto und Totum pro parte:

      eigener Herd ‘eigener Haushalt’,England ‘Großbritannien, Vereinigtes Königreich’ (Pars pro TotoPars pro Toto [ein Teil steht für das Ganze])

      Amerika ‘USA’ (Totum pro ParteTotum pro Parte [das Ganze steht für einen Teil])

      

die Metonymie, der Metonymie, die Metonymien (Betonung auf -mie, Trennung: Met-ony-mie oder Me-to-ny-mie)

      Adjektiv: metonymisch (Betonung auf -ny-)

      die Synekdoche, der Synekdoche (Betonung auf -nek-), die Synekdochen (Betonung auf -do-, Trennung: Sy-nek-do-che oder Syn-ek-do-che)

      Adjektiv: synekdochisch (Betonung auf -do-)

      das Pars pro Toto, des Pars pro Toto

      das Totum pro Parte, des Totum pro Parte

      2.4/3 BedeutungserweiterungErweiterungBedeutungs-Bedeutungserweiterung

      Ausdehnung des Bedeutungsumfanges eines ZeichenZeichens; GeneralisierungGeneralisierung.

      Beispiel:

      mhdMittelhochdeutsch. frouwe ‘Dame von Adel’ > nhdNeuhochdeutsch. Frau ‘weibliche Person’ (zu den Abkürzungen und zur hier zugrundegelegten Einteilung der deutschen Sprachgeschichte Beginn des Abschnitts 4.3)

      2.4/4 BedeutungsverengungVerengungBedeutungs-Bedeutungsverengung

      Einengung des Bedeutungsumfanges eines ZeichenZeichens; SpezialisierungSpezialisierung.

      Beispiele:

      ahdAlthochdeutsch./mhdMittelhochdeutsch. varn ‘sich fortbewegen’ > nhdNeuhochdeutsch. fahren ‘sich mithilfe einer antreibenden Kraft fortbewegen’

      mhdMittelhochdeutsch. frum ‘tüchtig, nützlich, gottgefällig’ > nhdNeuhochdeutsch. fromm ‘gottgefällig’

      2.4/5 BedeutungsverbesserungVerbesserungBedeutungs-Bedeutungsverbesserung

      BedeutungswandelBedeutungswandel mit AufwertungAufwertung.

      Beispiel:

      ahdAlthochdeutsch. marahscalc ‘Pferdeknecht’ > mhdMittelhochdeutsch. marschalc ‘höfischer oder städtischer Beamter mit bestimmten Aufgaben’ > nhdNeuhochdeutsch. Marschall ‘Träger des höchsten Militärranges’

      2.4/6 BedeutungsverschlechterungVerschlechterungBedeutungs-Bedeutungsverschlechterung

      BedeutungswandelBedeutungswandel mit AbwertungAbwertung.

      Beispiele:

      mhdMittelhochdeutsch. wîp ‘Frau’ > nhdNeuhochdeutsch. Weib ‘abwertende Bezeichnung für Frau’

      mhdMittelhochdeutsch. Knecht ‘Knabe, junger Mann’ > nhdNeuhochdeutsch. Knecht ‘Diener’

      2.4/7 BedeutungsverschiebungVerschiebungBedeutungs-Bedeutungsverschiebung

      BedeutungswandelBedeutungswandel mit Austausch von Bedeutungen.

      Hauptfälle (nach Schweikle 1996, S. 248 f.):

       vom Besonderen zum Allgemeinen, z. B.:mhdMittelhochdeutsch. hövesch/hübesch ‘hofgemäß, gebildet, gesittet’ > nhdNeuhochdeutsch. hübsch ‘angenehm, gefällig im Äußeren’

       vom Allgemeinen zum Besonderen, z. B.:mhdMittelhochdeutsch. berillus/berille ‘Beryll (Halbedelstein, aus dem Brillen hergestellt wurden)’ > nhdNeuhochdeutsch. Brille

       vom Konkreten zum Abstrakten (oft metaphorischeMetapher Verwendung), z. B.:mhdMittelhochdeutsch. sweric/swiric ‘voll Schwären, eitrig’ > nhd. schwierigmhdMittelhochdeutsch. zwec ‘Nagel aus Holz oder Eisen’ , seit dem 15. Jh.: ‘Nagel, an dem eine Zielscheibe aufgehängt ist’ , dann: ‘das Ziel selbst’ > nhd. Zweck

       vom Abstrakten zum Konkreten, z. B.:mhdMittelhochdeutsch. sache ‘Rechtsgegenstand’ > nhd. Sache (jeder konkrete Gegenstand)

      3 GraphemikGraphemik: Lehre von der SchreibungSchreibung

      3.1 ExistenzweiseExistenzweisen der Sprache

      3.1/1 Geschriebene SpracheSprachegeschriebenegeschriebene Sprache und gesprochene SpracheSprachegesprochenegesprochene Sprache – GraphieGraphie und PhoniePhonie – GraphemikGraphemik und PhonologiePhonologie:

      Sprachen wie das Deutsche werden auf zweierlei Weise verwendet: als geschriebene Sprachegeschriebene Sprache und als gesprochene Sprachegesprochene Sprache (= ExistenzweisenExistenzweise der Sprache). Der Terminus SchreibungSchreibung = GraphieGraphie bezieht sich auf die AusdrucksseiteAusdrucksseite der ZeichenZeichen in geschriebener Sprache, der Terminus LautungLautung = PhoniePhonie auf die AusdrucksseiteAusdrucksseite der ZeichenZeichen in gesprochener Sprache. Mit der Graphie befasst sich die grammatische Teildisziplin GraphemikGraphemik, mit der Phonie die grammatische Teildisziplin PhonologiePhonologie. Normgerechtes Schreiben (RechtschreibungRechtschreibungOrthographie) ist Gegenstand der OrthographieOrthographieRechtschreibung.

      Wissenschaftsgeschichtlich gesehen älter als die Graphemik ist die PhonologiePhonologie = LautlehreLautlehre. Beim Einsetzen einer eigenen SchreiblehreSchreiblehreBuchstabe/BuchstabenlehreBuchstabenlehre war der Terminus »GraphologieGraphologie« schon vergeben (‘Lehre von der Deutung der HandschriftHandschrift als Ausdruck des Charakters’). Daher steht für die Lehre von der SchreibungSchreibung = von der GraphieGraphie kein Terminus zur Verfügung, der formal parallel zum Terminus »PhonologiePhonologie« gebaut wäre (der Vorschlag »GrapheologieGrapheologie« hat sich nicht durchgesetzt). Wir verwenden hier »GraphemikGraphemik« als Allgemeinterminus (‘Lehre von der Verschriftung von Sprache und von den Schreibsystemen’). Der Terminus »GraphemikGraphemik« wird darüber hinaus auch spezieller verwendet, und zwar als Bezeichnung für die ‘Lehre von den Graphemen’ (▶ Nr. 3.2/2). Er entspricht dann der »PhonemikPhonemik« (‘Lehre von den Phonemen’, ▶ Nr. 4.1/2; »PhonemikPhonemik« ist Unterbegriff zu »PhonologiePhonologie«). Es lassen sich die in ▶ Tabelle 2 angeführten terminologische Entsprechungen feststellen:

PhoniePhonie GraphieGraphie
PhonologiePhonologie Graphemik i. w. S.Graphemik
PhonemikPhonemik Graphemik i. e. S.Graphemik
PhonetikPhonetik GraphetikGraphetik

       Tabelle 2: Terminologische Entsprechungen »Phonie« – »Graphie«

      (Statt »PhonemikPhonemik« ist auch »PhonematikPhonematik« in Gebrauch, statt »GraphemikGraphemik« auch »GraphematikGraphematik«.) Die PhonetikPhonetik beschäftigt sich als naturwissenschaftlich ausgerichtete Disziplin mit der Lautproduktion, mit den akustischen Abläufen und mit der Lautwahrnehmung. Entsprechend behandelt die GraphetikGraphetik Verschriftungssysteme vor allem unter individuellen, sozialen, historischen und typographischen (die Gestalt der Schriftsymbole betreffenden) Aspekten.

      Abweichend von der sonst üblichen Reihenfolge wird hier die GraphemikGraphemik vor der PhonologiePhonologie behandelt, und zwar deshalb, weil die Verfahrensweisen und Begriffsbildungen, die auch