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Glaube


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wahr gehalten werden.

      3.1. Der Berge versetzende Glaube

      Im Markusevangelium findet sich im Anschluss an die Verfluchung des Feigenbaums (Mk 11,12–14) das Wort Jesu:

      Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berg spräche: Heb dich auf und wirf dich ins Meer! Und zweifelte nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, dass es geschehen werde, was er sagt, so wird’s ihm geschehen (Mk 11,23).

      Im Anschluss daran hebt ein zweites Wort das vorhergehende Amen-Wort auf eine allgemeine Ebene: Darum sage ich euch: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr’s empfangt, so wird’s euch zuteil werden (Mk 11,24). Mt 21,21f. hat diese beiden Worte im Kern übernommen, allerdings ohne das Glaubensmotiv im Wort des Berge versetzenden Glaubens. Lukas hingegen übergeht die Vorlage des Markus.

      Daneben finden sich in Mt 17,20 und Lk 17,6 weitere Worte Jesu, die in der Sache dem ersten Wort recht nahe kommen. Sie sind wahrscheinlich als Doppelüberlieferung auf die Logienquelle zurückzuführen: »Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, könnt ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: sei entwurzelt und ins Meer verpflanzt! Und er wird euch gehorchen« (Zeller 1984: 59). Matthäus, der das Glaubensmotiv in Mt 21,21f. nicht erwähnt hatte, bietet dieses nun in Mt 17,20 und bezieht den Glauben hierbei erneut auf die Kraft, einen Berg zu versetzen, nicht aber wie Lk 17,6 auf die Entwurzelung eines Maulbeerbaums. Lukas bindet dieses Wort jetzt an die Gegebenheit des schwachen Glaubens der Apostel zur Zeit Jesu (Lk 17,5). Er distanziert das Logion damit von dem möglichen Missverständnis, als sei ein Berge versetzender Glaube ein grundsätzliches Charakteristikum des Christseins (Wolter 2008: 568).

      Dies bedeutet, dass sowohl im Markusevangelium als auch in der Logienquelle als den ältesten synoptischen Quellenschriften ein Wort Jesu über die Kraft des (Berge versetzenden) Glaubens enthalten ist, was auf das hohe Alter dieses Wortes hinweist und es als Wort Jesu |43|erkennen lässt (Hahn 2011: 454f.). Neben Matthäus und Lukas sind aber auch noch an die Log 48 und Log 106 des Thomasevangeliums zu erinnern, die ein ähnliches Wort über die Macht, einen Berg zu versetzen, bieten, diese Kraft aber nicht an den Glauben, sondern an den Frieden in einem Haus bzw. an die Aufhebung der Dualität von Vater und Mutter bindet (Critical Edition of Q: 492f.). Schließlich hat Joh 14,13 ein vergleichbares Wort über die Macht des Gebets. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass 1Kor 13,2 (Wenn ich allen Glauben hätte, so dass ich Berge versetzen könnte) auf dieses Wort Jesu anspielt.

      Eine sprichwörtliche Rede vom ›Berge versetzen‹ begegnet in der antiken Literatur häufig, jedoch stets ohne einen Bezug zum Glauben (Lindemann 2000: 284). Das Sprichwort und so auch die Worte Jesu sprechen etwas Unmögliches an: ein Berg kann nicht versetzt werden, der besonders tief und fest wurzelnde Maulbeerbaum kann nicht verpflanzt werden. Selbst einer magischen Handlung wird man dieses nicht zutrauen wollen. Dass Gott am Ende der Zeiten Berge erhöhen und erniedrigen wird (Jes 40,4; 49,11; Lk 3,5), das wurde geglaubt, aber es war Sache Gottes und nicht des Menschen. Dieses dem Menschen Unmögliche wird nun in paradoxer Weise in Beziehung gesetzt zu etwas vermeintlich verschwindend Kleinem, dem Glauben und seinen ungeahnten Möglichkeiten. Er wird verglichen mit einem Senfkorn, das aufgrund seiner Winzigkeit auch an anderen Stellen für Vergleiche herangezogen wird (Mk 4,31; Mt 13,31; Lk 13,19), dort allerdings, um den Kontrast von klein zu groß auszudrücken. Die Worte Jesu werben für eine Haltung, die nicht im Zweifel (Jak 1,6–8) oder im Kleinglauben (Mt 6,20; 8,26; 14,31; 16,8; 17,20) verbleibt, sondern im Glauben eine tiefe Kraft entdeckt. Solcher Glaube findet Gestalt im Gebet (Mt 21,22; Joh 14,13) und lebt im Vertrauen auf Gottes Fürsorge (vgl. Lk 12,22–32). In der weiteren Rezeption und Auslegung wurde betont, und zwar gerade im Angesicht der Erfahrung von Kleinglauben, ein Berge versetzender Glaube müsse stark und fest sein, wenn er die Verheißung, Berge zu versetzen, empfangen möchte. Damit wurde allerdings die spezifische Pointe des Wortes Jesu verlassen, das ja gerade dem unscheinbar kleinen Glauben (wie einem Senfkorn) eine Zusage gibt (Barth 1982: 145).

      3.2. Der rettende Glaube

      In Heilungsgeschichten der Evangelien begegnet des Öfteren die Formel: Dein Glaube hat dich gerettet (Mk 5,34 par. Mt 9,22; Lk 8,48; Mk |44|10,52 par. Lk 18,42; außerdem Lk 7,50; 17,19; vgl. auch Mt 9,27–31). Es ist höchst bedeutsam, dass der Glaube in diesen Geschichten nicht durch das Wunder und ein performatives Heilungswort ausgelöst wird, sondern dem Vertrauen in den Wundertäter Jesus und dem Wunder vorangeht. Dieser rettende Glaube wird als unbedingtes Vertrauen in die Macht und in die Person Jesu dargestellt. Annette Merz spricht von einem thaumaturgischen Synergismus, da Wundertäter und Empfänger des Wunders wechselseitig aufeinander angewiesen sind (Merz 2013: 122). In nachösterlicher Zeit bleibt dieser Zusammenhang von Glaube und Rettung, auch in dieser sprachlichen Form, präsent: Apg 14,9f.; 15,11; 16,31f.; Röm 10,9; 1Kor 15,2; Eph 2,8 u.a. Daher ist die Überlegung, dass sich vorösterlicher und nachösterlicher Sprachgebrauch in den Texten gegenseitig beeinflusst haben, gut möglich. Jedoch ist es nicht überzeugend, ›dein Glaube hat dich gerettet‹ als eine ausschließlich christlich exorzistische Formel zu verstehen, die nachträglich in die Jesusüberlieferung eingetragen worden sei. Vielmehr haben die synoptischen Evangelien ein Vertrauen, dass »es Änderungen unveränderlich erscheinender Gegebenheiten der Welt geben kann, als ›Glaube‹ bezeichnet« (Lührmann 1976: 30; Söding 21987), und sie haben darin wohl eine Erinnerung an die Verkündigung Jesu weitergegeben. Damit ist aber nicht gesagt, dass die Grundlage der Glaubensthematik im frühen Christentum ausschließlich aus der Verkündigng Jesu abzuleiten ist.

      4. Die Pistis-Formel

      In den Briefen des Paulus als der ältesten christlichen Literatur begegnen Traditionsstücke, die in die Anfänge der Christenheit (30er und 40er Jahre) zurückreichen. Der Wortlaut dieser Stücke ist nicht mehr präzise zu rekonstruieren, auch sind Entstehungszeit und -ort nicht klar zu benennen. Doch deutet eine Vielzahl von Indizien auf älteres geprägtes Traditionsgut hin. In der formgeschichtlich orientierten Exegese sprach man im Blick auf eine Reihe von Formeln, in denen stets in geradezu technischer Verwendung πίστις (»Glaube«) und πιστεύειν (»glauben«) begegnen, von Pistis-, Glaubens-, Credoformeln oder gar von Glaubensbekenntnissen (Vielhauer 1975: 9–22; Hahn 2011: 459f.). Weitere Formeln, verfestigte, bisweilen hymnisch anmutende Texte wären hier zu nennen. In diesen formelhaften Sätzen hat die frühe Christenheit ihre spezifische Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daher treffen wir hier auf Anfänge christlicher Theologie.

      |45|In der ältesten christlichen Schrift, dem 1. Thessalonicherbrief (ca. 50 n. Chr.), begegnet erstmals folgende Pistis-Formel: »Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen« (1Thess 4,14). Gegenstand des Glaubens ist im engeren Sinn, dass Jesus gestorben und auferstanden ist. Nicht mehr zur eigentlichen Formel gehört der Nachsatz, der Folgerungen aus diesem Geschehen im Blick auf die Glaubenden zieht. Dieser Gegenstand des Glaubens wiederum begegnet in etlichen Varianten, die in unterschiedlicher Weise den Tod und die Auferstehung/Auferweckung Jesu ansprechen (Röm 4,24; 10,9; 14,9; 1Kor 15,3–5; 2Kor 5,15 u.a.) und die wie in 1Kor 15,3 betont als ältere Tradition eingeführt werden. Der Blick richtet sich auf ein spezifisches Handeln Gottes, der den Gekreuzigten auferweckt hat. Es ist jedoch abwegig, den Glauben ausschließlich auf das Fürwahrhalten dieser Aussage zu reduzieren. Vielmehr wird wie in 1Thess 4,14 der Bezug auf Tod und Auferstehung Jesu verknüpft mit dem Glauben an die Auferstehung der verstorbenen Christen, mit der Vergebung der Sünden (1Kor 15,3), mit der Taufe und dem neuen Leben (Röm 6,3f.) oder mit der Rettung der Glaubenden (Röm 10,9).

      5. Paulus

      Paulus schließt sich an den Sprachgebrauch seiner Zeit und an den der jüdischen, durch die LXX vermittelten, und frühen christlichen Tradition an. Jedoch erhält das Lexem Glaube in allen Briefen des Paulus eine grundlegende zentrale Bedeutung, da die Inhalte des sich ausbildenden christlichen Denkens nicht ohne dieses Lexem angesprochen werden. Die Inhalte des Glaubens und des Evangeliums entsprechen sich. Glaube wird zur »umfassenden Bestimmung des Christseins« (Söding 1995: 671), zu einer »den ganzen Menschen erfassenden Lebensform« (Hahn 2011: 462). Überdies bezieht sich Glauben nicht mehr vornehmlich, wie