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Glaube


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an der Tora diente vielmehr der Bewahrung des Bundes. Allerdings tritt jetzt, da die christlichen Gemeinden sich aus Juden und Heiden zusammensetzen, die Tora in dieser Funktion ganz zurück und an ihre Stelle tritt der Glaube an Jesus Christus als einzige Bedingung und Aneignungsform des Heils. Paulus weitet im Galater- und Römerbrief den Gegensatz zu den Werken des Gesetzes zunehmend aus und bezieht ihn nun auf die Tora insgesamt. Christus wiederum ist das Ende des Gesetzes (Röm 10,4).

      Diese Grundentscheidung verdichtet Paulus abschließend im Proömium des Römerbriefs im Blick auf das Evangelium: »[…] denn es ist eine Macht Gottes zum Heil für jeden, der glaubt, für den Juden vor allem und auch für den Heiden. Denn Gottes Gerechtigkeit wird in ihm offenbar aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: Der aus Glauben Gerechte wird leben« (Röm 1,16f.). Die Bestimmung ›für jeden, der glaubt‹ wird zweimal im Blick auf Glauben aufgenommen. Mit der Präpositionalverbindung ›aus Glauben zu Glauben‹ deutet Paulus auf einen Anfang und ein Ziel, also auf eine nicht überbietbare Totalität, die vom Glauben umschlossen wird. Bestätigend für diese Sicht führt er das Schriftzitat aus Hab 2,4 an, das er bereits in Gal 3,11 eingesetzt hatte. Dieses Zitat soll neben Gen 15,6 (aufgenommen in Röm 4,3; Gal |50|3,6) belegen, dass diese Verbindung von Gerechtigkeit und Glaube bereits im Alten Testament angesprochen worden ist. Dieses Zitat ist wohl so aufzunehmen, dass die Zuordnung von ἐκ πίστεως (»aus Glauben«) zu δίκαιος (»gerecht«) und nicht zu ζήσεται (»er wird leben«) gesetzt wird, also: der aus Glauben Gerechte wird leben.

      Ich rufe an dieser Stelle einen Einspruch auf, den der Jakobusbrief gegen diese Position vorträgt. Der Einspruch in 2,14–26 richtet sich gegen die Position des Paulus, was daran erkennbar wird, dass Jakobus die entscheidenden Stichworte aufnimmt, aber neu bestimmt: den mehrfachen Gegensatz von πίστις (»Glaube«) und ἔργα (»Werke«; allerdings nicht ἔργα νόμου [»Werke des Gesetzes«]), das Syntagma πίστις χωρὶς (τῶν) ἔργων (»Glaube ohne Werke«) (Röm 3,28/Jak 2,18), μόνον (»allein«) (Röm 3,29/Jak 2,24), die Verknüpfung dieses Themas mit dem Abraham-Beispiel (Jak 2,21–23/Röm 4), das Zitat von Gen 15,6 (Röm 4,3/Jak 2,28), das in beiden Texten von der LXX leicht abweicht. Wir wissen nicht, ob der Galater- oder der Römerbrief dem Verfasser des Jakobusbriefs bekannt war und er sich also direkt gegen beide Schriften und deren Verfasser wandte. Möglicherweise sind ihm die entscheidenden Stichworte durch Christen paulinischer Gemeinden oder auch von antipaulinisch gesinnten Christen übermittelt worden. Daneben wird allerdings auch die These vertreten, dass Paulus und Jakobus unabhängig voneinander auf den frühjüdisch/frühchristlich bezeugten Zusammenhang von Glaube und Rettung eingehen. Von Werken des Gesetzes spreche Jakobus aber gerade nicht (Konradt 2013: 552f.). Gegenüber dieser Entgegensetzung von Glaube und Werken betont Jak 2,22: der Glaube wirkt zusammen mit seinen Werken, und durch die Werke wird der Glaube vollendet. Dies bedeutet nach 2,17: Der Glaube, der keine Werke hat, ist für sich allein tot.

      Der Jakobusbrief bietet mehr als diese Antithese (dazu Niebuhr 2009) und sein Verfasser hat den von Paulus eröffneten Gegensatz von Glaube und Werken nicht in der von diesem beschriebenen Tiefendimension aufgenommen. Das Gesetz (1,25; 2,8–12; 4,11) ist für Jakobus die Norm christlichen Lebens, Sünde besteht im Missachten der Gesetzesforderung. Paulus hingegen kann das Gesetz im Galater- und Römerbrief jedoch nicht mehr so uneingeschränkt als Norm anerkennen, da in der Begegnung mit dem Gesetz gerade die Begierde erweckt wird, die zur sündigen Tat führt. Auch würde sich Paulus nicht von den Beispielgeschichten in Jak 2,15f., die einen Glauben ohne Werke illustrieren sollen, getroffen fühlen, wie das Insistieren auf Nächstenliebe in Röm 13,8–10; Gal 5,6.14; 6,2; 2 Kor 8,13f. u.a. zeigt.

      |51|5.2. Abraham – Urbild des Glaubens

      Geradezu als Konsequenz der Ausführungen in Röm 1–3 wird Abraham in Röm 4 als Urbild des Glaubens eingeführt. Einerseits hatte Paulus bereits vor dem Römerbrief in Gal 3,6 Bezug genommen auf die Schriftstelle Gen 15,6, in der die Stichworte ›Glaube, anrechnen und Rechtfertigung‹ vorgegeben sind. Jetzt greift er erneut auf dieses Zitat zurück, um darzulegen, dass die Glaubensgerechtigkeit ohne Werke ist. Mit dieser Auffassung des Glaubens hebt sich Paulus von der jüdischen Rezeptionsgeschichte von Gen 15,6 markant ab, für die Abraham Beispiel eines wahren Frommen und Gerechten ist. In 4QMMT C 31, einem Text aus der Frühzeit der Qumrangemeinde, wird im Anschluss an Gen 15,6 festgestellt:

      Und es wird dir zur Gerechtigkeit angerechnet werden, weil du das getan hast, was recht und gut vor ihm (Gott) ist (Übersetzung nach J. Maier; zur Verwendung von Gen 15,6 im Judentum vgl.: Schließer 2007: 79–220).

      Das weitere Zitat Ps 31,1–2 in Röm 4,6–8 nimmt nämlich das Stichwort »anrechnen« (λογίζεσθαι) auf und führt dahin, dass Gott die Gerechtigkeit ohne Werke anrechnet. Nach Wolter kam auf diesem Weg eines exegetischen Schlusses in Gal 3,6 überhaupt erst die Verknüpfung von Glaube und Gerechtigkeit in die Theologie des Paulus, zumal der hier beschriebene Vorgang der Rechtfertigung eines Menschen aufgrund seines Glaubens in der Antike ausschließlich in der Abrahamüberlieferung bezeugt ist (Wolter 2011: 345–348; 2014: 276). Andererseits aber kann Abraham als Beispiel der Glaubensgerechtigkeit von Juden und Heiden (so Röm 1,16f.) eingeführt werden, da seine in Gen 15,6 angesprochene Glaubensgerechtigkeit zeitlich noch vor dem Beschneidungsbund (Gen 17) lag. Abraham bezieht sich in seinem Glauben ganz auf die im Wort gegebene Verheißung und eben nicht auf das Gesetz (Röm 4,22). Insofern kann Paulus in Röm 10,4 die These formulieren: Christus ist das Ende des Gesetzes für jeden, der glaubt. »Dem Glauben Abrahams kommt somit im Rahmen der identitäts- und stabilitätsstiftenden Funktion des Glaubens eine besondere Rolle zu. Er präfiguriert nicht nur den Glauben des einzelnen Menschen, sondern ist zugleich bestimmendes Merkmal für die Zugehörigkeit zum Gottesvolk« (Schließer 2011: 30; umfassend ders. 2007).

      |52|5.3. Glaube, Liebe, Hoffnung

      Der früheste Beleg der Trias Glaube, Liebe, Hoffnung findet sich im Proömium des 1. Thessalonicherbriefs. Hier dankt Paulus in 1Thess 1,3 dafür, dass in der Gemeinde Glaube, Liebe und Hoffnung gegenwärtig sind. Was diese drei Begriffe, die von ihrer Herkunft her nicht eine typisch theologische Sprache repräsentieren, je für sich aussagen, ist im Kontext des Briefes gut abzulesen. Der Glaube stellt das Verhältnis zu Jesus Christus als dem Herrn dar, die Liebe wird als Liebe zueinander (3,12) oder als Bruderliebe (4,9f.) angesprochen, also als Liebe der Christen zueinander, die Hoffnung schließlich richtet sich ganz auf Jesus Christus, dessen Parusie in naher Zukunft erwartet wird. Die Trias in 1Thess 1,3 ist in dieser Form jedoch neu und sie ist wohl eine Bildung des Paulus, um für die jungen christlichen Gemeinden in Thessalonich so etwas wie eine Summe der neuen religiösen Ausrichtung zu formulieren. Dabei darf nicht übersehen werden, dass Zusammenstellungen von Glaube und Liebe zu einem festen Begriffspaar noch weitaus prägnanter und häufiger in den Briefen des Paulus begegnen (1Thess 3,6; 5,8; Gal 5,6 u.ö.). Sie stellen möglicherweise eine christliche Variante des sog. hellenistischen Kanons der zwei Tugenden dar, in denen die Ethik auf zwei wesentliche Prinzipien, das rechte Verhalten gegenüber Gott und dem Menschen, konzentriert wird. Wenige Jahre später begegnet die Trias erneut, ebenfalls an prononcierter Stelle als Abschluss des Enkomions auf die Liebe in 1Kor 13,13 (Söding 1992).

      Gegenüber einer intellektualistischen oder gefühlsmäßigen Verengung des Glaubensbegriffs ist die Gestaltwerdung des Glaubens im Bereich der Kirche und ihrer Ethik vor allem in der Liebe (Gal 5,6) anzuerkennen. Glaube kann geradezu als christlicher Lebensstil angesprochen werden (1Thess 1,8; 3,5f.; 2Kor 1,24; Röm 1,8), der sowohl um Wachstum (2Kor 10,15) als auch um Zweifel (Röm 14,1) weiß. Nach Schließer (2011: 99) fließen bei Paulus Christsein und Christusglaube ineinander. Der Glaube erscheint wie ein Raum, in dem man steht (1Kor 16,13; 2Kor 1,24; Röm 11,20) und sich bewegt, der Grenzen hat (Röm 12,3) und doch Freiheit eröffnet: Alles, was nicht aus Glauben kommt, ist Sünde (Röm 14,23).

      5.4. Der Glaube Jesu Christi

      Sehr umstritten ist, wie die Genitivverbindung πίστις (Ἰησοῦ) Χριστοῦ (»Glaube [Jesu] Christi«) zu interpretieren ist, die mit leichten Variationen in Gal 2,16; 3,22; Röm 3,22a.26, Phil 3,9 und Eph 3,12 begegnet |53|(dazu