Reinhold Rieger

Martin Luthers theologische Grundbegriffe


Скачать книгу

über |7|das Verhältnis Luthers zum Meßwesen des späten Mittelalters, 1965. Albrecht Peters, Realpräsenz. Luthers Zeugnis von Christi Gegenwart im Abendmahl, 2. Aufl. 1966. Albrecht Peters, Kommentar zu Luthers Katechismen, Band 4, 1993, 129–187. Joachim Ringleben, Der Sinn der Einsetzungsworte nach Luther, in: Karl-Hermann Kandler, Hg., Das Mahl Christi mit seiner Kirche, 2006, 13–31. Reinhard Schwarz, Der hermeneutische Angelpunkt in Luthers Meßreform, in: ZThK 89 (1992) 340–364. Ders., Selbstvergegenwärtigung Christi, in: Dietrich Korsch, Hg., Die Gegenwart Christi im Abendmahl, 2005, 18–49. Wolfgang Simon, Die Meßopfertheologie Martin Luthers, 2003. Ernst Sommerlath, Der Sinn des Abendmahls nach Luthers Gedanken über das Abendmahl 1527 / 29, 1930. Carl Fr. Wislöff, Abendmahl und Messe. Die Kritik Luthers am Meßopfer, 1969.

       [Zum Inhalt]

      Abgott

      1. Wesen: Ein Idol oder Abgötterei ist nichts anderes als ein menschlicher Wahn und Gedanke, der vom Teufel unter dem Namen des wahren Gottes ins Herz eingebildet wird (16, 348, 22–24). Die Heiden machen ihren eigenen erdichteten Dünkel und Traum von Gott zum Abgott und verlassen sich auf dieses bloße Nichts. Die Abgötterei besteht nicht allein darin, dass man ein Bild aufrichtet und anbetet, sondern im Herzen Hilfe und Trost sucht bei den Kreaturen, Heiligen oder Teufeln und sich um Gott nicht kümmert (30I, 135, 6–16; 28, 621, 12f.). Aller Unglaube ist Abgötterei (10I.1, 684, 7). Denn was ohne Glaube und ohne Bezug auf Christus geschieht, ist Götzendienst. Da nur Gott durch Glaube, Liebe, Hoffnung verehrt wird, ist alles andere, was geliebt, gehofft und besessen wird, ein Abgott. Also gibt es so viele Abgötter wie geliebte Dinge (1, 70, 15–17). Die Liebe zur Bequemlichkeit und die Furcht vor Strafe sind Laster und Arten von Abgötterei, da nur Gott Liebe und Furcht gebührt (2, 469, 6f.). Götzendienst ist das feste Vertrauen auf die Werke (13, 4, 2). Jede Religion, in der Gott ohne sein Wort und seinen Befehl verehrt wird, aus eigener Andacht, ist Götzendienst. Je heiliger und geistlicher sie dem Ansehen nach ist, desto schädlicher und giftiger ist sie, denn sie wendet die Menschen vom Glauben an Christus ab und macht, dass sie sich auf ihre eigenen Kräfte, Werke, Gerechtigkeit verlassen (40II, 110, 14f.). Jede Gottesverehrung ohne Bezug zu Christus ist Götzendienst (40II, 111, 15f.). Götzendienst ist, einem anderen als allein Gott zu vertrauen (31II, 54, 29f.). Es gibt keine größere Sünde des Götzendienstes, als die Verheißung Gottes für eigene Zwecke zu missbrauchen und den Glauben an sie auszulöschen (6, 516, 27–29).

      2. Es gibt zwei Arten von Götzendienst: äußeren und inneren. Der äußere geschieht, wenn der Mensch Holz, Steine, Tiere, Sterne anbetet. Dieser ist vom inneren Götzendienst bestimmt, durch den der Mensch aus Furcht vor Strafe oder aus Liebe die äußere Verehrung des Geschöpfes aufgibt, aber innerlich die Liebe und das Vertrauen zu ihm behält (1, 399, 11–17; vgl. 14, 593, 4; 16, 462, 18–463, 2). Aus dem inneren Götzendienst, dem Unglauben, erwächst der äußere, der die Ehre, die nur dem einen Gott gebührt, irgendwelchen Geschöpfen gibt. Auch wenn die Menschen nicht immer Bilder von Geschöpfen anbeten, haben sie doch dieses Ehrgefühl ihnen gegenüber, das die Quelle des Götzendienstes ist (5, 103, 33f.; vgl. 14, 618, 27f.).

      3. Ursache: Allein das Trauen und Glauben des Herzens macht beide, Gott und Abgott (30I, 133, 4). Wenn einer von dem ersten Gebot abfällt, richtet er einen Abgott und ein Werk auf, darauf er vertraut (28, 574, 20f.). Die Missachtung des ersten Gebots führt dazu, statt dem wahren Gott den Götzen der eigenen Weisheit und Gerechtigkeit zu verehren (1, 426, 18). Ohne Glaube sind alle Werke und guten Vorsätze gottloser |8|Götzendienst (8, 334, 8). Der Hochmut, der im ersten Gebot verboten wird, ist der Anfang der Sünde und ist Abfall von Gott durch Selbstvergötzung. Die größte Sünde ist es, sich selbst zu genügen und einen anderen Gott in sich selbst zu verehren. Seit Adam gab es niemand, der nicht diesen Götzendienst in sich pflegte (1, 518, 13–19). Der Grund für den Götzendienst liegt im Abfall vom Glauben und im Vertrauen auf die eigenen Kräfte, wie die Vernunft, auch wenn eine Kenntnis von Gott und Christus vorhanden ist (40II, 110, 31f.). Durch das Vertrauen auf die eigene Gerechtigkeit sollen die Sünden getilgt und Gnade und ewiges Leben erlangt werden (40II, 111, 14f.). Der freie Wille schafft einen Götzen, weil er sich göttliche Macht anmaßt (13, 39, 4f.). Wer sich durch eigene Vernunft und freien Willen glaubt von Sünden fernhalten zu können, richtet in sich einen Abgott seines Herzens auf (8, 553, 2–5; vgl. 8, 171, 29–34). Der durch das Fleisch bestimmte alte Mensch, der noch nicht durch den Geist erneuert ist, baut auf den Götzen seiner eigenen Weisheit (4, 136, 30–32). So muss die Vernunft Abgötter machen (10I.1, 240, 22–25). Wenn nicht die Kenntnis Gottes allen Menschen unauslöschlich eingepflanzt wäre, wäre niemals der Götzendienst erfunden worden (5, 392, 37f.). Diese Gotteserkenntnis ist aber ein bloßer Formalbegriff von Gott, da sie die Wahrheit Gottes in Lüge verkehrt und den wahren Gott in den Geschöpfen sucht und umgekehrt (5, 393, 5–11).

      4. Der Götzendienst ist als solcher nur denen erkennbar, die an Christus glauben, da er den Schein der Heiligkeit hat (40II, 111, 20f.).

      5. Beispiele für Götzendienst sind das Mönchsleben mit Fasten und Beten (40II, 110, 28f.; vgl. 6, 439, 7–39; 8, 619, 3; 13, 229, 12), das Priestertum der Papstkirche und die von ihm als Opfer verstandenen Messen (8, 417, 36–38; vgl. 6, 564, 28; 8, 489, 19; 30II, 307, 31–34; 38, 197, 23), erst recht die Privatmesse (40II, 111, 26f.). Denn sie haben in dem Sakrament nicht einen wahren Gott, sondern machen und erdichten sich einen Abgott ihres Herzens, der zornig und zu versöhnen sei (8, 518, 29–33). Wenn der Papst die Kirche ohne das Wort Gottes regiert, ist er ein Götze gegen Christus (7, 131, 2f.; vgl. 2, 670, 30f.; 5, 456, 2f.). Die Heiligen werden zu Götzen gemacht, wenn man sich von ihnen Hilfe verspricht (1, 411, 13f.; vgl. 418, 37). Allerdings soll die Kritik an der Heiligenverehrung nicht zum Bildersturm veranlassen, da auch im Alten Testament die rechten Abgötter nicht schaden, wenn nur der rechte Gott mit dem Herzen angebetet wird, obwohl man sie äußerlich anbetet (18, 79, 20–22). Selbst das Wort Gottes kann zum Götzen werden, wenn es durch den menschlichen Geist verfälscht wird, so dass es nicht mehr dazu dient, die Seele zu erheben, sondern zum Irrtum zu verführen (1, 620, 23–25; vgl. 4, 318, 11–14). Selbstvergötzung ist die höchste Verkehrtheit, nämlich sich selbst zu genügen und sich selbst zu genießen in seinen Werken und sich selbst als Götzen abzubeten (1, 358, 5–7). Gott nicht zu glauben und die Wahrheit bei sich selbst zu suchen, bedeutet, Gott zu verneinen und sich selbst in seinem Herzen zum Götzen zu erheben (7, 54, 12–15). Sich selbst nicht als Sünder zu verstehen und zu zweifeln, dass Gott an uns Gefallen hat, bedeutet, Gott zu einem Lügner zu machen und sich selbst zur Wahrheit, also die größte Abgötterei (1, 187, 37–39; 2, 460, 24–27; 6, 211, 25–29). Das irdische Wohlergehen und irdische Güter werden zu Götzen, wenn man sein Herz daran hängt (30I, 133, 18–25; vgl. 7, 593, 17f.).

      |9|📖 Albrecht Peters, Kommentar zu Luthers Katechismen, Band 1, 1990, 109–137. Uwe Rieske-Braun, Glaube und Aberglaube, in: LuJ 69 (2002) 21–46.

       [Zum Inhalt]

      Ablass

      → Buße

      Das Wort Ablass bedeutet bei Luther wie schon vor ihm allgemein das Ablassen, Nachlassen, Erlassen von etwas, dann spezifischer den Nachlass von Schuld und schließlich terminologisch den Nachlass von Sündenstrafe.

      1. Wesen: Der Ablass erlässt Werke der Genugtuung und versöhnt den Menschen äußerlich mit der Kirche (1, 243, 12–14; 2, 714, 13f.). Er ist kein gutes Werk, sondern der Erlass guter Werke um eines geringeren Werkes willen. Auch wenn das gute Werk, für das der Ablass gewährt wird, verdienstlich wäre, ist deshalb der Ablass nicht verdienstlich, da das von ihm erlassene Werk nicht weniger, ja sogar mehr verdienstlich wäre. Der Ablass ist vielmehr schädlich, da er gute Werke erlässt (1, 570, 2–7). Er kann höchstens kirchliche Strafen nachlassen, nicht jedoch göttliche (1, 233, 18f.; 234, 15–18; 235, 1–4). Denn alles, was Gott auferlegt, ist zuträglich den Christen und bessert sie (1, 245, 3f.). Der Ablass verspricht missbräuchlich auch Nachlass der Schuld (30II, 282, 15–17). Der Ablass ist eine schändliche, verfluchte Abgötterei (50, 76, 2; vgl. 30II, 284, 32).

      2. Ursache: Die