Reinhold Rieger

Martin Luthers theologische Grundbegriffe


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(46, 98, 22f.). Dies war ein knechtliches Amt, weil er gesandt war in Dienst und Demut, darin er sich aller seiner göttlichen Herrlichkeit entäußerte (45, 633, 19–21). In der Auferstehung erfährt Christus eine Verwandlung des Amts aus diesem Dienststand zu seiner Herrlichkeit und zu ewigen Regiment (21, 474, 37–39). Es genügt nicht, Christi Person als Gott und Mensch zu kennen, der Glaube richtet sich auch auf das Amt Christi (45, 295, 30–34). Dies tut er zuerst durch seine Predigt: Er ist um keines anderen Amts willen, als zu predigen das Wort Gottes, gekommen (7, 22, 19f.). Christus hat zwei Ämter: Jetzt auf Erden richtet er sein Predigtamt aus, wozu er vom Vater gesandt ist, und das geht seine Menschheit an. Danach geht er zum Vater, dann richtet er das andere Amt aus, dass er uns den heiligen Geist in unsere Herzen sende (10I.2, 283, 29–33). Luther nennt meist das Priestertum und das Königtum die beiden Ämter Christi: Durch sein Königreich und seine Herrschaft beschirmt er uns vor allem Übel in allen Dingen, aber durch seine Priesterschaft beschirmt er uns vor allen Sünden und Gottes Zorn, tritt vor uns und opfert sich selbst, um Gott zu versöhnen (10I.1, 717, 24–718, 2; vgl. 7, 27, 1–16; 10I.1, 720, 14–721, 2; 56, 15–34). Das Priesteramt kann auch als ein dreifaches Amt aufgefasst werden, das von Christus auf die Christen übergeht: Opfer, Gebet, Verkündigung (12, 308, 27–309, 7; vgl. 7, 28, 6–11). Obwohl Christus den Christen seine Ämter übergibt, sind nicht alle Ämter von ihm abgeleitet (11, 258, 14–18).

      5. Luther warnt davor, dass wir nicht Gott in sein Amt greifen, der allein rächen und vergelten will (17II, 58, 32f.). Dadurch würde die christliche Freiheit zerstört (18, 112, 15–27; 122, 36f.).

      6. Wem das Predigtamt aufgelegt wird, dem wird das höchste Amt aufgelegt in der Christenheit (11, 415, 30f.; 12, 319, 28–32). Es ist begründet in der heiligen Schrift, dass nicht mehr ist, als ein einziges Amt zu predigen Gottes Wort allen Christen allgemein, dass jeder reden, predigen und urteilen möge und die anderen alle verpflichtet sind, zuzuhören (8, 498, 15–21).

      7. Berufung in das Amt: Ein Amt darf man sich nicht anmaßen, sondern nur nach der Berufung, in ein geistliches Amt durch die Gemeinde, ausüben (47, 193, 3–7).

      8. Grenzen des Amts: Die Vergebung der Schuld steht weder in des Papsts, Bischofs, Priesters noch irgendeines Menschen Amt oder Gewalt, sondern allein auf dem Wort Christi und dem eigenen Glauben, denn Gott wollte nicht unseren Trost, unsere |18|Seligkeit, unsere Zuversicht auf Menschenwort oder -tat bauen, sondern allein auf sich selbst, auf seine Worte und Taten (2, 716, 13–18).

      9. Strenge des Amts: Wo wir im Amt und Obrigkeit gehen, da soll und müssen wir scharf und streng sein, zürnen, strafen usw., denn hier müssen wir tun, was uns Gott in die Hand gibt und tun heißt. Bei dem, was außer dem Amt geht, da lerne jeder für sich selbst, dass er sanftmütig sei gegen jedermann (32, 316, 30–34; vgl. 401f.).

      10. Auch das Christsein ist ein Amt (45, 540, 2; 609, 13).

      📖 Jan Aarts, Die Lehre Martin Luthers über das Amt in der Kirche, 1972. Karin Bornkamm, Christus – König und Priester. Das Amt Christi bei Luther, 1998. Wilhelm Brunotte, Das geistliche Amt bei Luther, 1959. Holsten Fagerberg, Art. Amt VI.1, in: TRE 2, 1978, 553–562. Harald Goertz, Allgemeines Priestertum und ordiniertes Amt bei Luther, 1997. Martin Honecker, Luthers Verständnis des Amtes im ökumenischen Disput, in: Athina Lexutt, Hg., Relationen, 2000, 321–334. Hellmut Lieberg, Amt und Ordination bei Luther und Melanchthon, 1962. Gerhard Müller, Allgemeines Priestertum aller Getauften und kirchliches Amt in der Reformationszeit, in: KD 52 (2006) 98–104. Regin Prenter, Die göttliche Einsetzung des Predigtamtes und das allgemeine Priestertum bei Luther, in: ThLZ 86 (1961) 321–332. Reinhard Schwarz, Martin Luther – Lehrer der christlichen Religion, 2015, 263–287. 479–494. Wolfgang Stein, Das kirchliche Amt bei Luther, 1974.

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      Analogie

      Im Griechischen heißt Analogie nach Luther Verhältnis, Vergleich, Gleichnis, Ähnlichkeit (56, 119, 18; 453, 4f.).

      1. Analogie ist nicht eine aktive Angleichung durch den Verstand, sondern eine passive in der Sache oder eher keines von beidem, sondern wodurch eine Sache mit der anderen zusammenspielt und ihr angeglichen wird (56, 453, 14–16).

      2. Analogie des Glaubens: Nach Paulus muss alles auf dem Glauben aufbauen: Gemäß der Vorschrift Röm 12,7, dass die Prophetie nach der Analogie des Glaubens erfolgte, soll der in der Schrift gegebene Sinn nach dem buchstäblichen Verstand behandelt werden (14, 561, 21–23), damit nicht der Glaube und seine Regeln vernachlässigt werden (56, 119, 18f.). Auf diesen grundlegenden Glaubenssinn kann eine Allegorie aufbauen, die sich aus ihm ableiten muss (16, 68, 25–28). Wer nach Allegorien suchen will, der sehe sich vor, dass er sie auf die Analogie des Glaubens beziehe (16, 214, 3f.; 29, 376, 14f.). Der wahre Verstand und Gebrauch der heiligen Geschichten und ihr Beispiel sollen gemäß der Analogie des Glaubens behandelt werden (30III, 540, 7f.). Alles, was nicht ausdrücklich in der heiligen Schrift gesagt ist und als offenbart gelten soll, muss sich durch Analogie des Glaubens auf die heilige Schrift beziehen und ihren Sinn offenbaren (43, 226, 8f.; vgl. 42, 667, 18–22; 44, 97, 36f.). Die Analogie des Glaubens trägt zur Eindeutigkeit der Interpretation bei (44, 427, 28–31). Christus und die Apostel haben Allegorien nach der Analogie des Glaubens gebraucht und so die Kirche erbaut (42, 367, 33–36; 368, 35f.; 377, 20–22). Auch das Verständnis der Anwesenheit Christi im Abendmahl gründet auf der Analogie des Glaubens, da der Glaube sich auf Unsichtbares bezieht (30III, 132, 4. 26). Die Sprüche und Taten der Heiligen sind der Regel oder Analogie des Glaubens gemäß zu beurteilen (54, 114, 31f.). Wichtiger als das grammatische Verständnis der heiligen Schrift ist ihr Verstehen nach der Analogie des Glaubens (31II, 178, 23–25).

      |19|3. Luther warnt auch vor der Analogie weltlicher Dinge für Geistliches: (39II, 94, 11f.). Schon in der Grammatik gebe es ungewöhnlichen Sprachgebrauch, der nicht durch Analogie erklärbar sei (39II, 94, 13f.). Der heilige Geist hat seine eigene Grammatik. Die Grammatik gilt allgemein, aber wenn die Sache größer ist, als sie durch grammatische und philosophische Regeln erfasst werden kann, muss sie beiseite gelassen werden. Nach der Grammatik gilt die Analogie: Christus ist geschaffen. Also ist Christus ein Geschöpf. Aber in der Theologie gilt nichts weniger, denn die Sache ist unaussprechlich und unfassbar (39II, 104, 24–105, 4).

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      Anbetung

      → Bild, Gebet

      In der heiligen Schrift heißt anbeten niederfallen, niederknien und Ehre erzeigen (17II, 366, 23–27; vgl. 11, 446, 4–7; 43, 529, 19f.).

      Anbetung ist eine Verehrung, die allein Gott gebührt, denn man betet allein das an, das größer ist (10I.1, 173, 15f.). Das Anbeten ist die Ehre des ersten Gebots, die man Gott erweist (38, 35, 2). Allerdings wurden auch weltliche Herrscher angebetet: Dass die Magier Christus anbeten wollen, tun sie in der Meinung, wie die Schrift zeigt, dass in den Morgenländern die Könige angebetet wurden, nicht dass man sie für Götter hielte, sondern das Niederfallen vor ihnen und Ehren heißt die Schrift Anbeten und gibt es gleich Gott und den Menschen (10I.1, 574, 7–10; vgl. 614, 8–13). Man sieht, dass auch im Alten Testament die rechten Abgötter nicht schaden, wenn man gleich vor ihnen äußerlich anbetet, wenn nur der rechte Gott mit dem Herzen angebetet wird (18, 79, 20–22). Es gibt zweierlei Anbeten: Eines äußerlich und leiblich, das andere innerlich und geistlich. Wo äußerliches Anbeten allein ist, da ist Heuchelei und Gottes Spott. Das andere Anbeten ist rechtschaffen und geistlich, das ist in allen äußerlichen Dingen frei, also dass man nicht besondere Örter haben oder besondere Gebärden führen müsse (11, 444, 1–445, 35; vgl. 17II, 367f.). Solches Anbeten ist nichts anderes als der Glaube oder des Glaubens höchstes Werk gegenüber Gott. Wo nicht das herzliche Vertrauen und die Zuversicht des rechten lebendigen Glaubens sind, da kann solches Anbeten nicht geschehen, denn Gott wird dann nicht erkannt mit gläubiger Zuversicht (11, 446, 13–26). Nicht das Anbeten, sondern der Glaube bestimmt die Beziehung zu Gott: Denn das heißt nicht einen Gott haben, ihn äußerlich mit dem Mund Gott zu nennen oder mit den Knien und