Armut ist, wenn man muss mitten unter den Kreaturen sein und doch sich nicht auf sie verlassen, Gott Ehre, Leib und Seele allein befehlen und sich sonst keiner Kreatur trösten (9, 380, 2–6; vgl. 8, 641, 27–642, 18; 10I.1, 700, 24–701, 6). Es ist klar, dass das Gelübde der Armut den äußeren Gebrauch der Dinge ablegt. Die geistliche Armut geloben wir allgemein in der Taufe (8, 332, 34f.). Die Armut ist eine doppelte, leiblich und geistlich. Evangelisch arm wird nicht einer genannt, der nichts hat, sondern der arm im Geist ist, nicht am Leib, das heißt, dass, obwohl er viel besitzt, sein Gefühl dennoch das gleiche bleibt, ob die Güter da sind oder weniger, ob sie hinzugefügt werden oder weggenommen, er ist im Gefühl frei, als ob das Äußere nicht zu ihm gehöre (4, 610, 39–611, 3).
2. Leibliche Armut: Armut nimmt Gott nicht von seinen Heiligen, aber er lässt sie nicht untergehen noch verderben (8, 226, 8f.). Die arm sind, gelten vor Gott nicht mehr als ein Reicher, denn vor Gott ist kein Unterschied der Person. Es gilt ein weiser Mensch genauso viel wie ein Unweiser, ein reicher wie ein armer, ein junger wie ein alter, eine Magd wie ein Knecht, obwohl es vor der Welt einen Unterschied hat, aber vor Gott nicht (10III, 403, 31–404, 3). Das ist der Trost der Gerechten, dass sie in der Armut reich sind, in der Schande Ehre haben und mitten in der Unlust haben sie Lust und Freude (19, 315, 24f.). Armut und Reichtum tun beide der Kirche nicht gut. Armut hält die Personen auf, Reichtum wehrt ihrem Werk und Amt (22, 117, 35–38). Ein Priester oder Mönch, der die Werke seiner Regel, also Keuschheit und Armut gehalten hätte, um durch sie gerechtfertigt und gut zu werden, ist gottlos und leugnet Christus, da er sie als schon Gerechtfertigter gebrauchen muss, um das Fleisch und den alten Menschen zu läutern, damit der Glaube an Christus wächst (2, 562, 40–563, 3).
|28|3. Geistliche Armut: Evangelische Armut bedeutet, nichts zu begehren im Geist und die Dinge frei zu verwalten zum Wohl der anderen (8, 587, 3f.). In denen, die durch Qual ihrer Gewissen nach Hilfe und Trost durch einen gnädigen Gott verlangen und weder zeitliches Gut noch Ehre begehren, ist rechte geistliche Armut (10I.2, 160, 3–7). Jeder muss vor Gott, das ist geistlich und von Herzen, arm sein. Das ist, dass er seine Zuversicht und Trost nicht setze auf zeitliche Güter noch das Herz daran hänge (32, 307, 30–34).
4. Christus hat sich um unseretwillen arm gemacht, der überschwenglich reich war, hat uns seine Güter dienen lassen, auf dass wir in seiner Armut reich würden (10III, 217, 11–13).
📖 Christian Peters, Der Armut und dem Bettel wehren, in: Irene Dingel, Hg., Gute Ordnung, 2014, 239–255. Fritz-Rüdiger Volz, Armut, in: Volker Leppin, Hg., Das Luther-Lexikon, 2014, 74–77.
Auferstehung
→ Jüngster Tag
Dass im Glaubensbekenntnis ‚Auferstehung des Fleisches‘ steht, ist nicht gut deutsch geredet. Denn wo wir ‚Fleisch‘ hören, denken wir nicht weiter als an die Fleischläden. Auf rechtes Deutsch aber würden wir so reden: Auferstehung des Leibes oder Leichnams (30I, 191, 12–16).
1. Auferstehung Christi: Paulus zeigt, dass Christus gestorben ist um unserer Sünde und auferstanden um unserer Gerechtigkeit willen, das ist, in seinem Leiden macht er unsere Sünde bekannt und überwindet sie, aber durch sein Auferstehen macht er uns gerecht und frei von allen Sünden, wenn wir das glauben (2, 140, 22–26; 5, 636, 15–19). Durch seine Auferstehung vernichtete Christus die Sünde, richtete Gerechtigkeit auf, überwand den Tod und gab das Leben zurück, besiegte die Hölle und schenkte die ewige Herrlichkeit (6, 132, 37–133, 2). Wichtig ist, dass man auch glaube, dass er mir auferstanden ist und dass ich mit ihm auferstehe (9, 659, 4–16). Glauben an die Auferstehung Christi ist nichts anderes, als glauben, dass wir einen Versöhner vor Gott haben, welcher Christus ist, der uns Gott dem Vater angenehm macht (10III, 2–4). Allein der Glaube erfasst Christi Tod und Auferstehung ohne alle Werke, so dass er versteht, dieser Tod und Auferstehung sei unser Leben und unsere Gerechtigkeit (30II, 642, 17–19). Wie wir gehört haben in dem Leiden des Herrn, dass es nicht genug ist, die Historien und die Geschichte allein zu wissen, so ist es auch nicht genug, dass wir wissen, wie und wann der Herr Christus auferstanden ist, sondern man muss auch predigen und wissen den Nutzen und Gebrauch des Leidens und der Auferstehung, nämlich was er uns damit erworben hat. Denn wenn die Historie allein da ist, so ist es eine unnütze Predigt, die der Teufel und die Gottlosen ebenso wohl wissen, lesen und verstehen wie wir anderen. Dann aber, wenn man predigt, wozu es dient, so ist es eine nützliche, heilsame, tröstliche Predigt (10I.2, 214, 8–16; vgl. 17I, 183, 31–34). Also ist seine Auferstehung und Himmelfahrt unser Trost, Leben, Seligkeit, Gerechtigkeit und alles miteinander (12, 547, 8f.). Das ist die Kraft und Frucht seiner Auferstehung, dass wir Friede und Freude haben, das ist getröstet, fröhlich und lebendig gemacht werden in den schweren Gedanken, Traurigkeit und Jammer unseres Herzens. Denn aus dem |29|Tode kommen, des Herzens Furcht, Angst und Schrecken überwinden, dazu gehört eine göttliche Kraft (28, 465, 37–39). Paulus hat bewiesen, dass Christi Auferstehung die Ursache ist, dass auch wir auferstehen müssen. Gleichwie Adam der Anfang und Erstling ist, durch welchen wir alle sterben müssen, wie er gestorben ist, so ist Christus der Erstling, durch welchen wir alle zum neuen Leben auferstehen sollen, wie er zum ersten auferstanden ist (36, 551, 12–18).
2. Auferstehung der Christen: Wer an den sterbenden Christus glaubt, stirbt zugleich selbst in seiner Sünde mit Christus, und wer an den auferstehenden und lebenden Christus glaubt, erfährt durch diesen Glauben selbst die Auferstehung und lebt in Christus und Christus in ihm. Also ist die Auferstehung Christi unsere Gerechtigkeit und unser Leben, nicht nur durch ihr Beispiel, sondern auch durch ihre Kraft. Ohne die Auferstehung Christi aufersteht niemand, wieviele gute Werke er auch getan hätte (2, 455, 19–23; vgl. 57II, 54, 9–12; vgl. 2, 455, 23–25). Wenn wir an Christus glauben, dann auferstehen wir mit ihm und sterben unserem Grab, d.h. dem Gesetz, das uns gefangen hält, entkommen ihm und es hat nicht das Recht, uns anzuklagen und zurückzuhalten, weil wir auferstanden sind (40I, 270, 8–10). Die Taufe bedeutet Tod und Auferstehung, die wir Neuschaffung, Wiederherstellung und geistliche Geburt nennen, die man nicht nur allegorisch vom Tod der Sünde und dem Leben der Gnade verstehen darf, wie es viele tun, sondern vom wahren Tod und der wahren Auferstehung. Denn wenn wir beginnen zu glauben, fangen wir an, dieser Welt abzusterben und Gott zu leben im zukünftigen Leben, da der Glaube wahrhaftig ist Tod und Auferstehung (6, 534, 8–16). Durch Gnade und Glaube werde ich befreit von Gesetz, Sünde und Tod, lebe ich wahrhaft. Deshalb ist jene Kreuzigung und jener Tod, durch den ich gekreuzigt werde und dem Gesetz, der Sünde, dem Tod und allen Übeln sterbe, für mich Auferstehung und Leben (40I, 281, 24–26). Ich glaube die Auferstehung nicht allein des Geistes (wie die Ketzer sagten), sondern eben des Fleisches oder Leibes, dass er auch ein himmlischer, geistlicher Leib werden soll (36, 671, 26–28).
3. Auferstehung allgemein: Wer verneint und leugnet, dass eine Auferstehung der Toten sei, der verneint und leugnet auch zugleich, dass Gott allmächtiger Schöpfer Himmels und der Erden sei (49, 400, 9–11). Der Artikel von der Auferstehung ist aus dem Artikel von der Schöpfung stark und gewaltig geschlossen (49, 400, 26f.). Es ist alles zu tun um diesen Artikel von der Auferstehung, dass er fest in uns gegründet werde, denn er ist unser endlicher, seliger ewiger Trost und Freude wider den Tod, Hölle, Teufel und alle Traurigkeit (35, 479, 16–18).
📖 Ulrich Asendorf, Die Theologie Martin Luthers nach seinen Predigten, 1988, 115–149. Axel Wiemer, Martin Luthers eschatologische Theologie, 2003.
Auslegung
→ Allegorie, Bedeutung, Buchstabe/Geist, Figur, Geheimnis, Schrift, Sinn, Verstehen
Auslegen ist, den Sinn anderen vorgeben (DB 7, 125).
1. Grundsätze: Der die Bibel lesen will, der muss eben darauf schauen, dass er nicht irre, denn die Schrift lässt sich wohl dehnen und leiten, aber keiner leite sie nach seinem Affekt, sondern führe sie zu dem Brunnen, das ist, zu dem Kreuz Christi, so |30|wird er es gewiss treffen und nicht verfehlen (1, 52, 15–18). Die heilige Schrift will in Furcht und Demut behandelt