halten und sich selbst genügen, als wenn sie nicht der göttlichen Güte bedürften. Diese maßen sich an, sich zur Gleichheit mit Gott zu erheben, weil sie sein wollen, was Gott ist, also gut in sich selbst. Diese leugnen Gott gänzlich, weil sie nicht an seine Güte glauben. Also müssen wir Gottes Güte bekennen und sie uns absprechen und so werden wir gerettet |38|(4, 210, 20–211, 3). Es ist nötig ein doppeltes Bekenntnis des Lobes und der Sünde, denn das Bekenntnis der Sünde allein ist nichts und bloße Verlorenheit. Alle bekennen gesündigt zu haben, aber leisten kein Bekenntnis des Lobes, das im Bekenntnis der Sünde notwendig ist, d.h. zu bekennen, dass Gott gut ist, und seiner Güte den Ruhm durch den Glauben und die Hoffnung auf seine Barmherzigkeit zu geben. Umgekehrt ist das Bekenntnis des Lobs allein ohne das Bekenntnis der Sünde auch vergeblich, weil es von Anmaßenden und Hochmütigen kommt (4, 238, 14–21).
2. Symbol: Das ganze Evangelium ist im Symbol enthalten. Aber das Evangelium ist nicht allein im Symbol, sondern im Affekt, d.h. in der Übung (11, 48, 23–49, 1). Wir wollen den ganzen Glauben kurz fassen in drei Hauptartikel nach den drei Personen der Gottheit, wohin alles, was wir glauben, gerichtet ist, so dass der erste Artikel von Gott dem Vater die Schöpfung, der andere vom Sohn die Erlösung, der dritte von dem heiligen Geist die Heiligung erkläre (30I, 183, 3–11).
3. Beichten heißt Bekennen (30III, 567, 31). Darum soll ein Beichter oder Bekenner nicht allein Sünde wissen zu erzählen, sondern auch aufsagen, was er vom Glauben und Christus gelernt hat und was dagegen gehandelt heiße (30III, 568, 3–6). Du sollst dir in keiner Weise anmaßen, lässliche Sünden oder alle Todsünden zu bekennen, weil es unmöglich ist, dass du alle Todsünden kennst. Zum Unmöglichen ist aber niemand verpflichtet (1, 322, 22–24). Das Gewissen ist etwas leichter geworden durch Bekenntnis der Sünden. Der Glaube bekennt den rechten Gott, Schöpfer Himmels und der Erden, was nicht ein geringer Anfang ist des Glaubens und der Seligkeit (19, 214, 21–25). Das Bekenntnis ist das Licht des Geistes, durch das wir uns erkennen, was wir in uns sind und was Gott in uns ist, was wir aus uns, was wir aus Gott haben. Die Erkenntnis dieser beiden Dinge ist das wahre Bekenntnis, nämlich unseres Elends und der Barmherzigkeit Gottes, unserer Sünde und der Gnade Gottes, unseres Übels und der Güte Gottes. Deshalb wird dies im eigentlichen Sinn Bekenntnis genannt, weil jedem das seine zugeschrieben wird (4, 109, 19–26). Das Bekenntnis der Sünde, da es Wahrheit ist, rechtfertigt und heiligt (6, 117, 18–22).
📖 Walther von Loewenich, Wahrheit und Bekenntnis im Glauben Luthers, 1974. Thomas Reinhuber, Kämpfender Glaube, 2000. Friedrich-Otto Scharbau, Hg., Christus bekennen, 2004.
Berufung
→ Amt
1. Es gibt zwei Arten von Berufung: die innerliche durch den heiligen Geist, die äußerliche durch Menschen. Die erste geschieht allein von Gott und ohne Mittel, und die andere muss äußerliche Zeichen und Zeugnisse haben (16, 33, 13–22; vgl. 1, 695, 31–35). Niemand soll sich in ein öffentliches Amt ohne Gottes Berufung hineindrängen (16, 32, 12–16; 30III, 386, 19f.). Denn Gott will nichts aus eigener Wahl oder Andacht, sondern alles aus Befehl und Beruf getan haben, besonders das Predigtamt (31I, 211, 31–32; vgl. 212, 1f.).
2. Niemand darf in der Kirche lehren, außer er wäre von Gott berufen. Er darf nicht vergessen, was diese Berufung Gottes sei, wenn er gegen seinen Willen durch die Autorität seiner Vorgesetzten in Kirche oder Staat in das Amt des Wortes berufen |39|wird (5, 259, 27–31). Ein Amt kann niemand haben ohne Befehl oder Berufung (30III, 521, 9–24; 520, 34–36). Wer dazu berufen ist und Befehl hat, dass er das Evangelium predigen soll, taufen, von Sünden entbinden durch Kraft der Absolution, in den Bann tun durch die Gewalt der Schlüssel, strafen und vermahnen, der gehe getrost hin und lasse sich nicht schrecken, was ihm auch darüber begegnen mag (28, 471, 22–26). Jeder Diener des Wortes Gottes soll seiner Berufung gewiss sein, dass er vor Gott und den Menschen sich mit Vertrauen rühmen kann, das Evangelium zu predigen als der, der dazu berufen und gesandt ist (40I, 56, 22–24).
3. Die Berufung ist allgemein, sie gilt auch für Ehe, Kinder, Knechte und jeden Stand (10I.1, 308, 6–9). Wie niemand ohne Befehl und Beruf ist, so ist auch niemand ohne Werk, wenn er recht tun will. Jeder müsse seinem Stand gerecht werden (10I.1, 309, 14–18; vgl. 10I.1, 413, 5–7; 22, 295, 21–24).
4. Wir haben eine doppelte Berufung, eine geistliche und eine äußere. Die geistliche, durch die wir alle durch das Wort, die Taufe und den Glauben Christus einverleibt werden und Brüder, Gesellschaft Jesu Christi genannt werden. Dort sind wir alle gleich. Die Berufung ist allen gemeinsam. Aber sie wird vielfältig in den Früchten. Wenngleich die Ordnung der äußeren Werke verschieden ist, ist dennoch die Berufung dieselbe. Denn Christus ist der Leib, zu dem wir berufen sind, wie er selbst die Gerechtigkeit, das Heil, das Leben ist. Also sollen wir auch leben, dass er Ehre hat von unserem Beruf (34II, 300, 23–301, 27). Die andere Berufung, die äußere, macht einen Unterschied, sie ist irdisch, wenngleich auch göttlich. Dort ist der Fürst kein Bauer, der Schüler nicht Lehrer, der Knecht nicht Herr, der Vater nicht Sohn, der Mann nicht Frau. Das heißt ein leiblicher Beruf, in dem wir so ungleich sind, wie in jenem gleich. In der ersten Berufung sind wir desselben Berufs in Christus, aber in der äußeren Berufung sind wir ungleich, da muss unterschieden sein. In der ersten Berufung in Christus sind Vater und Sohn usw. gleich, aber in der zweiten Berufung ungleich (34II, 306, 11–307, 29). Die erste Berufung ist unmittelbar von Gott selbst, wie die der Apostel und Propheten. Die zweite mittelbar durch Menschen, die zu Größe und Autorität eingesetzt werden, wie die Apostel ihre Nachfolger beriefen, wie bis jetzt von irdischen Mächten und Obrigkeiten berufen wird. Eine von beiden muss der, der in der Kirche lehren will, besitzen (38, 493, 39–494, 3). Die göttliche Berufung ist eine doppelte, eine unmittelbare, die andere mittelbar. Gott beruft uns heute alle zum Dienst am Wort mittelbar, d.h. durch Berufung, die durch ein Mittel erfolgt, also durch Menschen. Die Apostel aber wurden unmittelbar berufen von Christus selbst, wie die Propheten im Alten Testament von Gott selbst. Die Apostel beriefen nachher ihre Schüler, diese dann Bischöfe, die Bischöfe beriefen ihre Nachfolger bis zu unseren Zeiten und weiter bis ans Ende der Welt. Das ist die mittelbare Berufung, weil sie durch Menschen geschieht, aber dennoch göttlich ist (40I, 59, 16–23). Die Berufung Christi bringt Gnade und ist heilsam, versetzt die Berufenen aus dem Gesetz ins Evangelium, aus dem Zorn in die Gnade, aus der Sünde in die Gerechtigkeit, aus dem Tod ins Leben (40I, 107, 26–28).
📖 Rudolf Mau, Beruf und Berufung bei Luther, in: J. Rogge / G. Schille, Hg., Themen Luthers als Fragen der Kirche heute, 1982, 11–28. Gustaf Wingren, Luther on Vocation, 2004.
|40|Betrachtung
→ Andacht
1. Betrachten gehört eigentlich allein dem Menschen zu, da auch die Tiere Vorstellung und Denken zu haben scheinen. Die Kraft der Betrachtung ist vernünftig. Es unterscheiden sich nämlich Betrachten und Denken insofern, als Betrachten eindringliches, tiefgehendes, genaues Denken ist und eigentlich ein Vertiefen (55II, 11, 26–12, 5). Betrachtung ist die höchste, wirksamste und kürzeste Bildung (3, 539, 23f.). Betrachten ist innerlich erkennen und Inneres erforschen und immer dem inneren Geist folgen und sich keine Grenze setzen, wie wenn man das Ziel des Verstehens und Handelns schon erreicht hätte (4, 319, 27–30). Wenn auch die Menschwerdung und die Passion Christi zur Bildung des Gefühls und Verstandes betrachtet werden sollen, so sind sie doch am meisten zu betrachten, um die uns durch die heilige Schrift gezeigte Liebe Gottes zu uns zu erkennen (1, 341, 37–40). Gott lehrt uns durch seine Gnade Christi Leiden recht betrachten, herzlich fassen und seliglich in unser Leben bilden (6, 16, 13f.).
2. Aus herzlicher, gründlicher Gunst zu Christus und Ungunst auf uns selbst die Sünde betrachten, das ist eine rechte Reue und fruchtbare Buße. Denn die Reue soll zuvor sein, die Sünde zu betrachten, dass das Betrachten der Sünde aus der Reue fließe und bereit werde, nicht wiederum die Reue folge und aus der Betrachtung bereit werde. Es muss Reue da sein vor aller Betrachtung der Sünde, gleich wie Liebe und Lust da sein müssen