■ Die Diagnostischen Einschätzskalen (DES) zur Beurteilung des Entwicklungsstandes und der Schulfähigkeit (Barth 2012)
■ Sprachförderung: Die Fitness-Probe (Günther 2003)
■ Beurteilen – Beraten – Fördern (Heuer 2008)
■ Marburger Sprach-Screening (MSS). Ein Sprachprüfverfahren für Kindergarten und Schule (Holler-Zittlau et al. 2017)
■ Deutsch als Zweitsprache – Sprache gezielt fördern. Einstufungshilfen (Kehbel et al. 2011)
■ Sprachkompetenz fördern in Kindergarten, Vorschule und Schuleingangsklassen (Marx et al. 2006)
■ Kriterien für Unterrichtsbeobachtungen im Bereich Sprache (Reber/Schönauer-Schneider 2014)
Diagnostikverfahren für die spezifische Diagnostik durch Sonderpädagogen im Bereich Sprache und Kommunikation
Sonderpädagogen übernehmen in inklusiven Settings unterschiedliche diagnostische Aufgaben. Je nach Altersgruppe der Kinder kommen neben Screenings Materialien zum Einsatz, die als standardisierte und normierte Verfahren die Grundlage für eine Indikation einer Intervention und deren differenzierte Planung darstellen. Die Ergebnisse zielen somit auf die Ermittlung der individuellen Notwendigkeit von spezifischen Fördermaßnahmen und deren Evaluation, z.B. auch in Form der Beratung unterschiedlicher Lehrkräfte bei der Umsetzung von Unterstützungsmaßnahmen. Welche Verfahren durch welche Fachkräfte mit welcher notwendigen Expertise durchgeführt werden, ist in den verschiedenen Bundesländern und Settings unterschiedlich geregelt. Erweitert werden diese grundlegenden Kompetenzen der Erstausbildung durch spezifische Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, die teilweise sogar spezifisch für einzelne Verfahren angeboten werden.
Die entsprechenden zur Verfügung stehenden diagnostischen Verfahren sind in den verschiedenen Kapiteln in diesem Buch beschrieben und auch über die e-Verfahrensbeschreibung recherchierbar (s. Anhang, Erläuterungen zur Online-Datenbank).
2.2.2 Das sonderpädagogische Gutachten
Am Ende des diagnostischen Prozesses kann eine Erstellung eines Gutachtens notwendig werden. Dies trifft – je nach Bundesland – im Bildungsbereich auch auf den Bereich der Förder- bzw. Sonderpädagogik zu. Wie ein derartiges Gutachten aussieht und welchen qualitativen und quantitativen Ansprüchen es genügen muss, ist sehr unterschiedlich geregelt. Dies betrifft zum einen wiederum die Frage der formalen Vorgaben, die in verschiedenen Bundesländern beispielsweise durch Formatvorlagen zur Erstellung geklärt wird, zum anderen aber auch die Frage- und Problemstellung, die ebenfalls zu formalen oder inhaltlichen Unterschieden führen kann (Bundschuh/Winkler 2014). So wird sich ein Erstgutachten zur „Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs“ von einem „Fortschreibungsgutachten“ unterscheiden, das bereits inhaltlich ganz andere Anforderungen mit sich bringt.
Es kann an dieser Stelle also kein allgemein gültiger Vorschlag formuliert werden. Bundschuh/Winkler (2014) legen Strukturierungshilfen zur förderdiagnostischen Gutachtenerstellung unter besonderer Berücksichtigung der Kompetenzorientierung vor. Dieser Strukturierungsvorschlag ist wie folgt gegliedert und im Original noch deutlich mit Hinweisen und möglichen Inhaltsaspekten untersetzt (Bundschuh/Winkler 2014, 390ff.):
1. „Situation, Untersuchungsanlass, Fragestellung, Untersuchungsbedingungen
2. Kennzeichnung der bisherigen Entwicklungsumstände (Lebenslauf und Umweltdaten, Kurzangabe früherer Untersuchungsergebnisse; jeweils Quellenangabe)
3. Auswahl der diagnostischen Verfahren [M.S.: begründet; Orientierung an der besonderen Problem- oder Fragestellung]
4. Darstellung der Ergebnisse [M.S.: in objektiver Form, ohne Interpretation!]
5. Diskussion und Interpretation der Ergebnisse
6. Zusammenfassung wichtiger Untersuchungsergebnisse
7. Beantwortung der Fragestellung
8. Förderungsvorschläge
9. Beratung, Intervention, Therapie
10. Konkretisierung der Unterstützung sowie der Förderungsvorschläge“
In welcher Form das Gutachten zu erstellen ist, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Hierzu liegen entsprechende Handreichungen bzw. (elektronische) Formulare vor. Gemeinsam ist diesen verschiedenen Umsetzungsformen
■ ein hypothesengeleitetes Vorgehen gemäß der Fragestellung mit formulierten, überprüfbaren Hypothesen,
■ die Angabe der Quellen der in den anamnestischen Angaben zusammengestellten Informationen,
■ eine begründete Auswahl eingesetzter diagnostischer Methoden und Verfahren,
■ eine Trennung zwischen Ergebnisdarstellung und der sich anschließenden Interpretation.
Ausführungen zur Erstellung eines sprachheilpädagogischen Gutachtens sind in der Literatur kaum zu finden. Bei Schoor (2009) sowie Kany/Schöler (2009) sind Angaben zu formalen Aspekten sowie zur inhaltlichen Struktur aufgeführt.
Von Knebel (2015, 382) argumentiert, dass, wenn im Hinblick auf die inklusive Schule die notwendigen Ressourcen bereitstünden, die Erstellung eines sonderpädagogischen Gutachtens und die damit verbundene Verwaltungsentscheidung durch einen differenzierten Förderplan ersetzt werden könnte. „Die sonderpädagogische Fachkraft könnte sich auf der Basis qualitativer Analyseverfahren ganz einer diagnostikbasierten Förderplanung widmen und herausarbeiten, wer von den Beteiligten auf der Grundlage welcher Kompetenzen welchen Beitrag zur Förderung leisten kann“ (von Knebel 2015, 382). Gegenwärtig sind die Ressourcenzuweisungen jedoch häufig noch an das entsprechende Gutachten gebunden.
2.3 Diagnostik in der sprachtherapeutischen Praxis
Flossmann/Tockuss stellten 1994 ein Ablaufschema zur logopädischen Befunderhebung bei Sprach- und Sprechstörungen vor, dass in seinen zentralen Bestandteilen auch noch bei Schrey-Dern (2006) zu finden ist:
1. Anamnese
2. Freie Spiel- und/oder Gesprächssituation
3. Spontansprachanalyse
4. Einsatz standardisierter/informeller Prüfverfahren zur Einschätzung des (nicht) sprachlichen Entwicklungsstandes sowie Analyse der Eltern-Kind-Interaktion
5. Zusammenfassung der Ergebnisse im logopädischen Befund (Flossmann/ Tockuss 1994, 4; Schrey-Dern 2006, 22)
In Analogie dazu formuliert auch der Deutsche Bundesverband für Logopädie e.V. (dbl) in seinem „Logopädischen Diagnostikstandard bei Kindern (logopädisches Störungsbild in einem oder mehreren Bereichen)“ folgenden Algorithmus:
„Verordnung durch den Kinderarzt und Klärung der spezifischen Fragestellung (z.B. Stottern, Heiserkeit, schlecht zu verstehende Sprache, Ernährung ...) ergibt einen Verdacht auf ein logopädisches Störungsbild
→ Anamnese mit Bezugspersonen/Eltern, ggf. sozialem Umfeld, Kindergarten, Schule. Das Gespräch baut auf den bereits vorliegenden Befunden auf Beobachtungen im Kontakt mit dem Patienten
→ Klinische Beobachtungen des Kindes (in einer natürlichen, lautsprachanregenden Spielsituation); Analyse der Spontansprache unter Berücksichtigung der jeweiligen Fragestellung
→ Bei entsprechender Indikation folgt eine störungsspezifische Diagnostik in einem oder mehreren Bereichen mit standardisierten und/oder informellen Prüfverfahren
→Nach Abschluss der logopädischen Befunderhebung inkl. Auswertung der Ergebnisse folgen:
■ Dokumentation der Befundergebnisse
■ ggf. Aufstellung einer logopädischen Diagnose
■ Rückmeldung der logopädischen Diagnose an den verordnenden (behandelnden) Arzt bzw. weitere Berufsgruppen
■ ggf. Aufklärungs- bzw. Beratungsgespräch mit den Bezugspersonen/Eltern
■ Klärung des