1980er Jahre meist nur am Rande der historischen Betrachtung auftauchten. Es bleibt zwar unbestritten, dass sich die „weiße“ Kultur durchsetzte, aber man fragt heute doch viel bohrender als früher nach den Schattenseiten und Kosten dieses Erfolges, und man versucht zugleich, auch die langfristigen Wirkungen zu ergründen, die der Zusammenprall und die Interaktion von indianischer, europäischer und afrikanischer Kultur in Nordamerika zeitigten.
Am härtesten traf es die Ureinwohner, die den aus Europa und AfrikaAfrika eingeschleppten Krankheitserregern hilflos ausgeliefert waren und deren Ethnien oft schon nach den ersten Kontakten durch Seuchen dezimiert und später durch Kriege, Vertreibungen, Hungersnöte und Alkoholismus immer mehr geschwächt und nicht selten ganz vernichtet wurden. Die Beziehungen zu den vordringenden Siedlern waren uneinheitlich und wechselhaft: Sie reichten von friedlichem Handel und temporären Bündnissen gegen gemeinsame Feinde bis zu gegenseitigen Terror- und Ausrottungskampagnen, die von den Weißen häufig grausamer, vor allem aber „effizienter“ durchgeführt wurden. An der englischenGroßbritannien Siedlungsgrenze (FrontierFrontier), wo der „Landhunger“ am größten war, hatten gelegentliche Missionierungs- und Zivilisierungsversuche noch weniger Erfolg als im französischenFrankreichKolonien oder spanischenSpanien Einflussbereich. Hier nahm während der Kolonialzeit ein Teil der demographischen Katastrophe ihren Lauf, zu der sich die „Entdeckung“ Amerikas für die Ureinwohner des Kontinents entwickelte. Die BevölkerungszahlenBevölkerungsentwicklung können nur geschätzt werden, aber sie sind in den letzten dreißig Jahren von der Forschung deutlich nach oben revidiert worden. 1965 ging man noch davon aus, dass zur Zeit des KolumbusKolumbus, Christoph auf dem Gebiet der heutigen USA und KanadasKanada zwischen 900.000 und 1,5 Millionen Ureinwohner lebten. Inzwischen variieren die Schätzungen zwischen 5 und 12,5 Millionen, wobei die Mehrheit der Wissenschaftler 6 bis 7 Millionen als realistisch betrachtet. Ähnlich verhält es sich mit Untersuchungen zur indianischen Gesamtbevölkerung Nord- und Südamerikas um 1490, die neuerdings auf 45 bis 60 Millionen beziffert wird. Als die englische Kolonisation im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts begann, waren die großen Indianerreiche Südamerikas bereits zerstört und die Bewohner der KaribikinselnKaribik weitgehend ausgerottet. Die indianischen Kulturen im MississippiMississippi (Fluss)-Tal hatten ihren Höhepunkt offenbar schon um 1350 überschritten, aber der rapide demographische Niedergang setzte auch hier erst mit der europäischen Kolonisierung ein. Als „Faustregel“ gilt, dass sich die Zahl der Native AmericansNative AmericansKolonialzeit
Abb. 1: Das Dorf Pomeiock, ca. 1590
Ähnliche Folgen zeitigte das Zusammentreffen von Europäern und Native AmericansNative AmericansKolonialzeit
Karte 1: Die Indianerkulturen Nordamerikas
Als mindestens ebenso schwere und anhaltende, bis in die Gegenwart fortdauernde Belastung sollte sich die Versklavung von AfrikanernAfroamerikanerAfrika erweisen, die auf dem nordamerikanischen Kontinent in nennenswertem Ausmaß erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts begann. Die Schwarzen, die ab 1619 nach VirginiaVirginia gebracht wurden, waren rechtlich zunächst nicht wesentlich schlechter gestellt als die weißen Knechte (indentured servantsindentured servants), die über eine bestimmte Zahl von Jahren die Kosten ihrer Schiffspassage abdienen mussten. Einige AfrikanerAfroamerikanerAfrika erlangten sogar, zumeist wohl als Belohnung für ihren Übertritt zum Christentum, die völlige Freiheit. Sexuelle Kontakte von Schwarzen und Weißen und sogar Mischehen waren keine Seltenheit, obwohl für solches Verhalten Kirchenstrafen und (im Fall der AfrikanerAfroamerikaner) Peitschenhiebe drohten. Seit den 1660er Jahren wurde der Status der Schwarzen jedoch durch Gerichtsurteile und auf gesetzlichem Wege immer mehr verschlechtert, bis sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Konzept der chattel slavery fest etablierte, das die AfrikanerAfroamerikanerKolonialzeitAfrika zu „beweglichem Besitz“ (personal property) und zur Ware degradierte. Hierbei handelte es sich um die einzige gravierende Abweichung vom englischenGroßbritannien common lawCommon Law, denn die Institution der chattel slavery existierte nicht im Mutterland, sondern wurde von den KaribikinselnKaribik übernommen.
Die schrittweise Einführung der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) auf dem nordamerikanischen Festland muss im größeren Zusammenhang eines Systems der Zwangsarbeit gesehen werden, mit dem die europäischen Mächte (SpanienSpanien, PortugalPortugal, NiederlandeNiederlande, Frankreich, EnglandGroßbritannienSklavenhandel) seit dem 16. Jahrhundert die gesamte „Neue Welt“ überzogen. Von der Mitte des 17. Jahrhunderts an setzten sich die EngländerGroßbritannienKolonialreich immer erfolgreicher gegen ihre Konkurrenten durch und legten mit dem Kolonial- und Sklavenhandel den Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung GroßbritanniensGroßbritannienKolonialreich. Im Vergleich zu den Zuckerinseln in der KaribikKaribik wie etwa BarbadosBarbados und JamaicaJamaica, auf denen eine regelrechte „Vernichtung durch Arbeit“ praktiziert wurde, mutet das Schicksal der SklavenAfroamerikanerKolonialzeit in den Festlandskolonien noch einigermaßen erträglich an. Während die hohe Todesrate auf den Inseln nur durch ständige Neuzufuhr aus AfrikaAfrika ausgeglichen werden konnte, nahm die Sklavenbevölkerung in der ChesapeakeChesapeake-Region ab 1720 auf natürliche Weise zu. Weiter südlich, in den malariaverseuchten Reisanbaugebieten South CarolinasSouth Carolina, herrschten härtere Bedingungen, und die Lebenserwartung war entsprechend geringer. Dabei wäre den Weißen die Kultivierung von Reis (und später auch Indigo) ohne die Erfahrung und die Hilfe der AfrikanerAfroamerikanerKolonialzeit gar nicht gelungen. South CarolinaSouth Carolina entsprach auch insofern am ehesten den Zuckerkolonien, als hier schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Zahl der Sklaven diejenige der weißen Pflanzer und Farmer überstieg. Immer mehr Plantagenbesitzer zogen sich nach Art der spanischenSpanien und englischenGroßbritannien absentee landowners in Städte wie CharlestonCharleston, South Carolina und SavannahSavannah, Georgia zurück und überließen die unmittelbare Kontrolle ihren Verwaltern und