Anke Ortlepp

Geschichte der USA


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den staatlichen und kirchlichen Autoritäten gerieten. Um seinen Glaubensbrüdern und -schwestern die freie Religionsausübung zu ermöglichen, bemühte sich PennPenn, William um Landerwerb für Quäkergemeinden in Nordamerika. Seine Handschrift ist bereits in den bemerkenswert liberalen Laws, Concessions, and Agreements of West Jersey von 1677 zu erkennen, einem Dokument, das völlige Gewissensfreiheit, eine großzügige Landvergabe und die Kontrolle des kolonialen Steuerwesens durch eine repräsentative Versammlung garantierte.

      Im Spektrum der DissenterDissenter, der Abweichler von der anglikanischen StaatskircheAnglikanische Kirche, gehörten die QuäkerQuäker zu den radikalsten Sekten des 17. Jahrhunderts. Sie praktizierten eine ganz auf das Individuum und seine „innere Erleuchtung“ ausgerichtete ReligionReligion, die weder kirchliche Institutionen noch einen Klerus und feste Rituale benötigte. Als PazifistenPazifisten und Gegner weltlicher Autorität verweigerten sie jeglichen Loyalitätseid, bestanden auf der absoluten Gewissensfreiheit und forderten soziale Reformen zu Gunsten der Unterschichten. In Amerika machten sich Quäkergemeinden – neben MennonitenMennoniten aus Deutschland – zu ersten Fürsprechern der Sklavenbefreiung, auch wenn einige Quäker selbst Sklaven besaßen. Auf Fürsprache von Penns Vater, der König Charles II.Charles II. eine erhebliche Geldsumme geliehen hatte, und auf Grund seiner guten Beziehungen zum englischenGroßbritannien Parlament wurde William PennPenn, William 1681 mit dem gesamten noch nicht zugewiesenen Gebiet zwischen New YorkNew York und MarylandMaryland belehnt. Es umfasste 20 Millionen acres und war damit fast so groß wie das Mutterland. Im Jahr darauf gab PennPenn, William der Kolonie seinen Namen und gründete am Zusammenfluss von DelawareDelaware River und Schuylkill River die „Stadt der brüderlichen Liebe“, PhiladelphiaPhiladelphia. Sein erster Verfassungsplan für das „heilige Experiment“ zeigt, dass PennPenn, William nach Temperament und Erziehung Aristokrat war: Er verband hehre moralische Grundsätze mit einem Regierungs- und Verwaltungssystem, das die politische Macht bei ihm selbst als dem proprietor und bei den von ihm ernannten Beamten konzentrierte. Die Vertreter des Volkes, die von den Landbesitzern gewählt wurden, mussten sich darauf beschränken, die von der Regierung eingebrachten Gesetze entweder anzunehmen oder abzulehnen. Auf diese Weise glaubte PennPenn, William, das Fundament für ein harmonisches und stabiles Gemeinwesen gelegt zu haben. Die Wirklichkeit entsprach, wie fast überall in den Kolonien, nicht den Erwartungen und Utopien des Gründers. PennPenn, William hatte keine glückliche Hand bei der Auswahl seiner Stellvertreter und geriet in Streit mit den Siedlern, die ihm 1701 eine neue, demokratischere Charter of Liberties abrangen. Die Quäker-Elite lenkte aber weiterhin die Geschicke der Kolonie, was umso bemerkenswerter ist, als die Quäker zahlenmäßig gegenüber anderen Religionsgemeinschaften wie LutheranernLutheraner, PresbyterianernPresbyterianer und ReformiertenReformierte bald in die Minderheit gerieten. 1704 musste PennPenn, William den Siedlern der drei Lower Counties am Unterlauf des Delaware River ein eigenes Parlament zugestehen, beharrte jedoch darauf, dass sie unter der Oberhoheit des Gouverneurs von PennsylvaniaPennsylvania blieben. Ungeachtet dieser formalen Verbindung entwickelte sich Delaware, wie die drei Kreise von nun an hießen, zu einer selbstständigen, wenngleich wirtschaftlich eng an Pennsylvania angelehnten Kolonie.

      Abb. 2: Vertragsschluss zwischen William Penn und einer Gruppe Delaware-Indianer, 1681

      ÖkonomischWirtschaft waren die Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien geprägt durch mittleren bis größeren Farmbesitz, der auf fruchtbaren Böden die Erwirtschaftung von Getreide- und Fleischüberschüssen für den Export, hauptsächlich in die KaribikKaribik, aber auch in die südlichen Festlandskolonien und sogar nach Europa ermöglichte. Die Ausnahme von diesem System der Familienfarmen bildeten die feudalen Landgüter (manors) im HudsonHudson-Tal, auf denen auch nach dem Abzug der niederländischen Verwaltung vorwiegend Holländer als Pächter (tenants) saßen. Ihre Besitzer verfügten weiterhin über enormen politischen Einfluss in New YorkNew York, sofern sie es nicht vorzogen, nach dem Beispiel vieler karibischer Pflanzer als absentee landowners in Europa von den Pachtzinsen zu leben. New York CityNew York City erlangte wegen seines exzellenten Hafens überregionale Bedeutung als Handels- und Finanzzentrum. Die Stadt wuchs schneller als BostonBoston und brachte eine koloniale Kaufmannselite hervor, die sich erfolgreich im Überseehandel engagierte. Noch mehr Dynamik legte PennsylvaniaPennsylvania an den Tag, das unternehmungslustige EinwandererEinwanderungKolonialzeit aus ganz Europa anzog, nicht zuletzt DeutscheEinwanderungEthnienDeutsche, die – zum Teil als indentured servantsindentured servants – religiöser Verfolgung und wirtschaftlicher Not zu entkommen suchten. Den Anfang hatten 13 KrefelderKrefeld Mennoniten-Familien unter der Leitung des Theologen und Juristen Franz Daniel PastoriusPastorius, Franz Daniel gemacht, die 1683 nach 75-tägiger Schiffsreise auf der „Concord“ im Hafen von PhiladelphiaPhiladelphia landeten. Pastorius, ein Freund Penns, wurde zum ersten Bürgermeister von Germantown ernannt, das rasch zur Stadt heranwuchs und lange Zeit Zentrum der deutschen EinwanderungEinwanderungEthnienDeutsche blieb. Zahlenmäßig überwogen bald PietistenPietisten, LutheranerLutheraner und ReformierteReformierte, die in der Quäkerkolonie „ein ruhiges, ehrliches und gottgefälliges Leben“ führen wollten.

      Der Einfluss der QuäkerQuäker machte sich in einem offeneren, weniger patriarchalisch-autoritären geistigen Klima und Familienethos als in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) und im SüdenSüden bemerkbar. Penns Wunschbild eines schlichten, von der Zivilisation unverdorbenen Volkes wurde aber sehr schnell durch das Eindringen des Wettbewerbsprinzips korrigiert. Die günstige geographische Lage, eine Regierung, die den Bürgern nur wenig Steuern auferlegte, und eine gesunde Mischung aus Farmern, Handwerkern, Kaufleuten, Kleinunternehmern und Arbeitern machte PennsylvaniaPennsylvania zum Mittelpunkt des kolonialen Wirtschaftslebens. Diese Struktur und die im Exportgeschäft erzielten Gewinne boten auch die beste Voraussetzung für künftige industrielle Unternehmungen. PhiladelphiaPhiladelphia, zur Zeit der Revolution mit 40.000 Einwohnern die größte Stadt in Nordamerika, entwickelte sich überdies zum geistigen Zentrum der Neuen Welt. Ihr prominentester Bürger, der Drucker, Schriftsteller und Naturwissenschaftler Benjamin FranklinFranklin, Benjamin, personifizierte im Europa der AufklärungAufklärung geradezu das freiheitliche, prosperierende „Wunder im WestenWesten“, das eine Alternative zu Absolutismus und religiöser Intoleranz aufscheinen ließ.

      Vielfalt herrschte vor allem in ethnischer und religiöser Hinsicht. Während in MassachusettsMassachusetts (nach dem ersten Zensus von 1790) 81 Prozent der BevölkerungBevölkerungsentwicklung englischer Herkunft waren, traf das in New YorkNew York nur auf 52 Prozent, in PennsylvaniaPennsylvania sogar nur auf 35 Prozent zu. In New York und New JerseyNew Jersey machten die Niederländer 17,5 bzw. 16,6 Prozent aus, und hier lebten auch noch SkandinavEinwanderungEthnienSkandinavierier, insbesondere SchwedenSchweden. In Pennsylvania stieg der Anteil deutschstämmiger Bürger bis zur Revolution auf knapp ein Drittel, in allen dreizehn Kolonien zusammen auf fast 10 Prozent an. Diese Zahlen bereiteten selbst dem ansonsten aufgeschlossenen und toleranten Benjamin FranklinFranklin, Benjamin Sorgen vor einer „Überfremdung“ Pennsylvanias durch DeutscheEinwanderungEthnienDeutsche. Im Hinterland von New York und Pennsylvania siedelten zudem IrenEinwanderungEthnienIren, SchottenEinwanderungEthnienSchottenSchottland, Iro-SchottenIro-Schotten und französische HugenottenHugenotten, die nach der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 ihre Heimat hatten verlassen müssen. Die nördlichste Kolonie mit einer beachtlichen SklavenbevölkerungAfroamerikanerBevölkerungsentwicklung war New York (16.000), und auch in New Jersey, Pennsylvania und DelawareDelaware lebten jeweils einige tausend unfreie und wenige freie AfrikanerAfroamerikanerKolonialzeit. Von der religiösen Zusammensetzung her hielt New York die Spitze, wo die AnglikanerAnglikanische Kirche zwar das offizielle Kirchenregiment stellten, wo aber nicht weniger als zehn größere christliche Glaubensgemeinschaften (denominations) vertreten waren: Niederländisch-ReformierteNiederländisch-Reformierte, die anfangs die Staatskirche gebildet hatten; PresbyterianerPresbyterianer, LutheranerLutheraner, Anglikaner, QuäkerQuäker, BaptistenBaptisten, KongregationalistenKongregationalisten, Französisch-ReformierteReformierte (Hugenotten), DeutschEinwanderungEthnienDeutsche-Reformierte, PietistenPietisten und KatholikenKatholiken; hinzu kam noch eine jüdischeJuden Gemeinde in New York CityNew York City. Weder in New York noch in Pennsylvania oder anderswo kam es zur völligen „Verschmelzung“ dieser unterschiedlichen ethnisch-religiösen