American Farmer behauptete: „What, then, is the American, this new man? He is neither an European, nor the descendant of an European … Here individuals of all nations are melted in a new race of men, whose labors and posterity will one day cause great changes in the world …“. Diese Aussage hatte eher die Qualität eines Glaubensbekenntnisses und einer Prophezeiung als den Wert einer empirischen Beobachtung; aber schon die Pluralität und das friedliche Nebeneinander so vieler ethnischer Gruppen und religiöser Richtungen waren zu der Zeit einmalig in der atlantischen Welt. Diese Vielfalt machte auch einen bedeutenden Teil des gesellschaftlichen Reichtums aus, denn WirtschaftWirtschaft und Geistesleben konnten sich nirgends so ungehindert entfalten wie in den Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien.
Küste und Hinterland
Die regionale Differenzierung in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen), Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien und (oberen und unteren) SüdenSüden wurde ergänzt durch eine Ost-West-Gliederung, die in den weit nach WestenWesten reichenden Kolonien am ausgeprägtesten war. Im Zuge der Erschließung und Besiedlung bildeten sich drei Zonen mit unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten heraus. In den Küstengebieten und größeren Flusstälern herrschte wegen der guten Böden und günstigen Transportmöglichkeiten die kommerzielle LandwirtschaftLandwirtschaftKolonialzeit u. Revolutionsepoche vor, d.h. die Herstellung von Agrarprodukten für die städtischen Märkte oder den Export. Davon profitierten Pflanzer und Familienfarmer gleichermaßen, die ihren Wohlstand von Generation zu Generation mehren konnten. In dieser Zone entstanden auch die bedeutenden Städte von BostonBoston über New YorkNew York City, PhiladelphiaPhiladelphia und BaltimoreBaltimore bis CharlestonCharleston, South Carolina, die Handel und Gewerbe an sich zogen. Unternehmerische Naturen fanden hier die besten Aufstiegschancen, denn Geldvermögen ersetzte schon bald (zumindest in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) und den Mittelkolonien) die traditionellen Status- und Rangmerkmale. In dem Maße, wie sich die Sozialstruktur ausdifferenzierte, begann sie sich aber auch zu verfestigen, und nahm die Besitzkonzentration zu. In Boston verfügten z.B. die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung 1690 über 27 Prozent des zu versteuernden Vermögens, 1770 dagegen schon über 44 Prozent. Die Zeitgenossen nahmen die Schichtung der Gesellschaft deutlich wahr und unterschieden zwischen der „better sort of people“, der „middling sort“ und den „lower people“. Zur Oberschicht zählten die Pflanzer und Großgrundbesitzer, die reichen Kaufleute und Schiffseigner sowie die prominentesten Angehörigen der freien Berufe wie Anwälte, Ärzte und Gelehrte. Die relativ breite Mittelschicht wurde gebildet von Lehrern und Pfarrern, Handwerkern, Händlern, Ladenbesitzern, Wirten und Gesellen. Am unteren Ende der städtischen Sozialpyramide befanden sich besitzlose ArbeiterArbeiter, Seeleute und Dienstboten, deren Zahl in Boston von 1690 bis 1770 um das Vierfache anstieg, sowie indentured servantsindentured servants, die ihre Schiffspassage abarbeiten mussten, freie Afroamerikaner und Sklaven.
Große Teile NeuenglandsNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) sowie weniger fruchtbare Gebiete im Hinterland der Mittel- und Südkolonien lassen sich einer zweiten Zone zuordnen, in der die Farmfamilien nur so viel (oder wenig mehr) produzierten, als sie selbst verbrauchten. Die Sozialstruktur war in dieser Zone der Subsistenzwirtschaft entsprechend einfach, denn außer Farmern – die selten Sklaven besaßen – gab es hier nur wenige Handwerker und Händler. Allerdings nahm infolge der hohen Geburtenrate die Gruppe derjenigen zu, die kein Land erben konnten und daher ihr Glück in den Städten oder weiter im WestenWestenErschließung an der Siedlungsgrenze suchen mussten. Unter den primitiven Bedingungen dieser FrontierFrontier-Region, die ständig in Bewegung war, lebten Trapper, die jagten und mit IndianernNative AmericansKolonialzeit PelzhandelPelzhandel trieben, sowie Farmer allein oder mit ihren Familien. Sie gerieten auch immer wieder, meist gegen den Willen der Regierungen, in blutige Konflikte mit IndianernNative AmericansKolonialzeit, die sich von ihrem Vordringen besonders bedroht fühlten.
Auf Grund dieses allmählichen Voranschiebens der FrontierFrontier, das mit dem Übergang von der Subsistenzwirtschaft zur kommerziellen LandwirtschaftLandwirtschaftKolonialzeit u. Revolutionsepoche verbunden war, erreichte die koloniale Gesellschaft einen hohen Grad der Mobilität – sowohl horizontal (geographisch), als auch vertikal (als sozialer Aufstieg). Die WirtschaftsstrukturWirtschaft blieb vorwiegend agrarisch: Ca. 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung lebte auf Farmen und Plantagen, 10–15 Prozent waren Handwerker, und die Gruppe der Kaufleute und freien Berufe machte etwa 5 Prozent aus. Die „Feudalisierungstendenzen“ an der Küste und in den Städten wurden im 18. Jahrhundert aufgewogen durch die Westwanderung, die dafür sorgte, dass die Gesellschaft „im Fluss“ blieb. Man schätzt, dass 15 Prozent der ländlichen BevölkerungBevölkerungsentwicklung innerhalb von 10 Jahren mindestens einmal umzogen, und diese Zahl erhöht sich unter Einschluss der NeueinwandererEinwanderungKolonialzeit auf 40 Prozent. Die Hälfte bis drei Viertel aller landlosen weißen Männer erwarben im Laufe ihres Lebens Landbesitz, und nur einer von zwanzig blieb dauerhaft besitzlos. Durch diese Mobilität und DynamikWirtschaft hoben sich die dreizehn Siedlungskolonien auf markante Weise von den übrigen englischenGroßbritannien Besitzungen in der KaribikKaribik und an der kanadischenKanada Küste ab. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass gerade sie als Erste den Schritt in die Unabhängigkeit wagten. An der Schwelle zur Revolutionsepoche wies die koloniale Gesellschaft, speziell im Bereich der Werte, Normen und Mentalitäten, zwar noch deutliche aristokratisch-monarchische Merkmale auf, doch gleichzeitig verfügte sie bereits über ein beträchtliches liberales und demokratisches Potenzial.
Abb. 3: Die Herkunft der nicht-indianischen Bevölkerung in den britischen Festlandskolonien (1700–1775)
3 Die Kolonien im Empire-Verband
Regionalisierung und Differenzierung hätten dazu führen können, dass sich die einzelnen Kolonien oder doch zumindest Norden, Mitte und SüdenSüden immer weiter auseinanderentwickelten. Dieser durchaus spürbaren Tendenz zur „Fragmentierung“ wirkte die Einbindung in das entstehende „erste“ englische Weltreich entgegen. Zunächst waren die königlichen Charters weit weniger Teil eines Herrschaftsplanes gewesen als Ausfluss des Bemühens, verdiente Untertanen zu belohnen sowie religiöse und soziale Konflikte durch Auswanderung zu entschärfen. Nach dem Ende des Bürgerkriegs und der RestaurationGroßbritannienRestauration der Monarchie wusste die KroneGroßbritannienenglischer Bürgerkrieg ab den 1660er Jahren den Wert, den die Festlandskolonien innerhalb des mit Hilfe der Navigation ActsNavigation Acts
Salutary neglectGroßbritanniensalutary neglectSalutary neglect und imperiale Kontrolle
Nach der Revolution von 1688/89 bildete sich über mehrere Jahrzehnte ein lockeres Beziehungsmuster zwischen Mutterland und Kolonien heraus, das der englische Staatsmann und Philosoph Edmund BurkeBurke, Edmund gegen Ende des 18. Jahrhunderts treffend als „heilsame Vernachlässigung“ (salutary neglectGroßbritanniensalutary neglect) charakterisierte. Allerdings ging das Verlangen nach imperialer Kontrolle nicht ganz verloren, wie sich 1696 in der Einrichtung eines Board of Trade and PlantationsBoard of Trade and Plantations