„Die Transformationsstrukturen, aus denen Erkenntnis besteht, sind nicht Abbilder der Transformationen in der Realität, sondern nur mögliche isomorphe Modelle, unter denen zu wählen die Erfahrung befähigen kann. Erkenntnis ist also ein System von Transformationen, die allmählich immer adäquater werden“ (ebd., S. 23).
Wenngleich, wie dieses Zitat zeigt, Piaget keine explizit radikal-konstruktivistischen Positionen vertritt, so gilt doch, dass in seiner Epistemologie wissenschaftliches ebenso wie nichtwissenschaftliches Denken Prozesse kontinuierlicher Konstruktion und Reorganisation darstellt und Erkenntnisprozesse nicht isoliert vom Subjekt betrachtet werden dürfen.
Klarerweise sagt Piaget aus dieser Position heraus: Wenn wir danach fragen, wie Erkenntnis entsteht, welcher Natur Erkenntnis ist, so müssen wir auch psychologische Variablen berücksichtigen.
Deshalb waren psychologische Experimente für Piaget zentral. Anhand eines Beispiels, einer Kritik Piagets an den Positionen des logischen Positivismus, sei dies erläutert. Diesem zufolge seien „Logik und Mathematik […] nichts anderes als spezielle sprachliche Strukturen“ (ebd., S. 15). Wenn dem so sei, dann dürften sich Kinder vor Beginn der Sprachentwicklung nicht logisch verhalten.
Piaget konnte experimentell nachweisen, dass Kinder logisch-mathematische Strukturen zeigen, noch bevor Sprache vorhanden ist. „Sprache erscheint in der Regel um die Mitte des zweiten Lebensjahres, aber schon vorher, gegen Ende des ersten oder Anfang des zweiten Lebensjahres, gibt es eine senso-motorische Intelligenz, eine praktische Intelligenz, die ihre eigene Logik hat – eine Logik der Aktion“ (ebd., S. 50).
Das Wesentliche an Piagets genetischer Erkenntnistheorie im Kontext des Dialogs ist wohl, dass behauptet und durch zahlreiche Experimente belegt wurde:
1. Denken ist ein Prozess kontinuierlicher Konstruktion und Reorganisation und
2. es gibt Parallelismen zwischen rationaler Erkenntnisorganisation und psychischen Formationsprozessen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass konstruktivistische Ansätze im Dialog deshalb wertvoll und als eine Art Modell nützlich sind, weil sie klarmachen, dass Erkenntnis keine Abbildfunktion darstellt und unser Denken auf individuellen Konstruktionsvorgängen beruht. Sich dessen bewusst zu sein, hilft erfahrungsgemäß enorm, unterschiedliche Positionen besser verstehen und auch die eigene „Wahrheit“ in einem relativen Licht sehen zu können.
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