Nachhaltigkeitsthemen im Rahmen von Workshops und Seminaren weiterzubilden. Dadurch soll die Kooperation mit und das Vertrauen in Lieferanten gestärkt werden.
Abb. 3.1 Elemente des Nachhaltigkeitskonzepts (Quelle: Koplin 2006b, S. 43).
3.3.3Weltweite Umsetzung von Nachhaltigkeits-konzepten
Grundsätzlich kann auf Basis der Forschungsergebnisse festgestellt werden, dass es für die weltweite Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten keine universelle Strategie gibt. Trotzdem lassen sich Faktoren ableiten, die – im Rahmen des zweiten Forschungsprojekts aufgrund ihrer Nennungshäufigkeit und vergleichenden Gegenüberstellung sowohl in der Evaluations- als auch Aktionsforschungsphase – ein Indiz dafür sind, wie die Internationalisierung eines Nachhaltigkeitskonzepts erfolgreich gestaltet werden kann. Diese Faktoren werden anhand der Elemente des Volkswagen Nachhaltigkeitskonzepts dargestellt.
3.3.3.11. Inhaltliche Anforderungen (normative Ebene)
Dreh- und Angelpunkt der inhaltlichen Anforderungen an das Konzept sind der kulturelle Aspekt sowie das Angebot dieser Inhalte in verschiedenen Sprachen. Darüber hinaus werden vom Lieferanten Zertifikatsinformationen erbeten, die freiwillig in die Business-to-Business-Lieferantenplattform eingetragen werden können. Für eine Optimierung dieses Elements ist es wichtig, die Nachhaltigkeitsanforderungen für Lieferanten in allen wesentlichen Weltsprachen für Regionen und Marken anzubieten. Mögliche Sprachbarrieren, die das Verständnis der Anforderungen erschweren, könnten so überwunden werden.
Im Hinblick auf die Zertifikatsabfrage über die Business-to-Business-Lieferantenplattform ist die Übersetzungsleistung hingegen kein Garant dafür, dass sich das Ausmaß der Nutzung automatisch erhöht. Eine umfassende Zertifikatsabgabe setzt die selbstinitiative Nutzung der Business-to-Business-Plattform durch die Lieferanten voraus. In diesem Zusammenhang wäre es deshalb wichtig, sich in den jeweiligen Regionen und Marken ein Bild von der Kultur und dem Werte- und Normenverständnis zu machen. Unsichtbare Hürden, wie z. B. die Tatsache, dass elektronische Plattformen von Lieferanten nur selten oder gar nicht genutzt werden und vielmehr der persönliche, direkte bilaterale Kontakt Erfolg versprechend für die Transferierung von neuen, unbekannten Inhalten ist, können damit erkannt und abgebaut werden. Der intensive Austausch mit den internen regionalen Akteuren vor Ort kann dazu beitragen, dass diese den Lieferanten gegenüber als Multiplikatoren der Inhalte fungieren. Der Erwartungshaltung von Volkswagen bezüglich der Einhaltung der Nachhaltigkeitsanforderungen als Basis der Geschäftsbeziehungen kann damit verstärkt Ausdruck verliehen werden. Die Einhaltung der Anforderungen durch die Lieferanten bedarf einer intensivierten Kommunikation zum Thema „Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen“ und gleichzeitig der Auseinandersetzung mit der jeweiligen Kultur in den einzelnen Regionen und Marken. Dem internen Akteur der Beschaffung kommt dabei eine zentrale Rolle zu, weil er im direkten Kontakt mit den Lieferanten die Schlüsselrolle innehat, um das Thema mit Nachdruck regelmäßig zu platzieren.
3.3.3.22. Früherkennung
Das internationale Medien-Screening benötigt neben einem umfassenden zentralen Medientool zur Unterstützung ebenso lokale Informationspools. Dazu müssen die jeweils vor Ort ansässigen Kommunikationsabteilungen separat eingebunden werden. Grundlage dafür ist die Integration von Nachhaltigkeit in die Definition weltweiter „Schlüsselbegriffe“, mit dem Ziel, durch das Scannen von Medien frühzeitig auf mögliche Risiken in der Wertschöpfungskette aufmerksam zu werden. Bei Bedarf kann das Unternehmen somit direkt in einen Dialog mit den betroffenen Lieferanten treten.
Für den Aufbau eines weltweiten internen Früherkennungssystems – auf Basis der Informationspflicht aller Fachfunktionen – ist eine verstärkte interne Vernetzung aller Marken und Regionen des Konzerns notwendig. Der erfolgskritische Faktor ist dabei besonders die langfristige Intensivierung fachbereichsübergreifender Kontakte, unabhängig von einzelnen Personen. Klare Verantwortlichkeiten und deren Aufgabenverantwortung an jedem einzelnen Standort sind genau festzulegen und zu dokumentieren. Nur, wenn alle Konzeptelemente und Prozessabläufe bekannt sind, kann eine umfassende Anwendung und damit Funktionalität des Nachhaltigkeitskonzepts gewährleistet werden.
3.3.3.33. Beschaffungsprozess
Grundsätzlich haben einzelne Akteure und deren Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit, abgeleitet von individuellen Kulturen und Normen, eine hohe Relevanz bei der weltweiten Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten. Grundlegende Voraussetzung für die wirksame Integration von Nachhaltigkeit in die vorhandenen Beschaffungsstrukturen und -prozesse ist somit die Gründung eines Beschaffungsnetzwerks inklusive regionaler und markenbezogener Ansprechpartner innerhalb der Beschaffungsorganisation. Dies erzeugt zusätzlich eine Multiplikatorenwirkung seitens der Lieferanten vor Ort, welche sich positiv auf die Umsetzung der Kenntnisnahme der Nachhaltigkeitsanforderungen sowie den Selbstcheck auswirken können. Eine Kontaktaufnahme zum Lieferanten aus der eigenen Region heraus erzeugt eine größere Hebelkraft hinsichtlich der Aufklärung, des Verständnisses und der Akzeptanz des Nachhaltigkeitskonzepts durch Lieferanten. Trotzdem ist auch hier die Frage nach einer angepassten Kommunikation des Konzepts entsprechend der kulturellen Rahmenbedingungen entscheidend.
3.3.3.44. Monitoring und Lieferantenentwicklung
Neben der Notwendigkeit des Einblicks in die Tiefenstrukturen der Lieferantenbeziehungen ist aufgrund der Vielzahl an Lieferanten des Volkswagen Konzerns auch die Breitenwirkung entscheidend. Mit Workshopreihen im Rahmen allgemeiner Schulungsangebote für Geschäftspartner kann jedoch nur ein Bruchteil an Lieferanten direkt erreicht und intensiv über das Thema Nachhaltigkeit informiert werden. Darüber hinaus wäre ein digitales Tool in Form einer Lernplattform (E-Learning) in verschiedenen Sprachen eine Möglichkeit, bei Lieferanten eine größere Breitenwirkung bezüglich der Kenntnis und Berücksichtigung des Nachhaltigkeitskonzepts zu erzielen. Auf Basis des bereits erwähnten, internen Nachhaltigkeitsnetzwerks besteht dann die Chance, einzelne Lieferanten auf Empfehlung der Regionalverantwortlichen zusätzlich an den Workshopreihen teilnehmen zu lassen. Für die Einheitlichkeit des Prozesses müssen im Vorfeld identische Auswahlkriterien definiert werden. Somit besteht stärkerer Einfluss auf die Seminarteilnehmer, ebenso Zugang zu wichtigen Detailinformationen der jeweiligen regionalen Märkte. Für die weltweite Umsetzung solcher Workshopreihen ist auch die Unterstützung durch eine externe Organisation denkbar.
Darüber kann als Ergebnis der Wirkungsanalyse festgehalten werden, dass folgende allgemeine Faktoren den Erfolg einer Strategie zur Umsetzung von Nachhaltigkeit in Lieferantenbeziehungen unterstützen:
Proaktive Kommunikation von Konzeptinhalten und deren Auswirkungen auf das tägliche Handeln mit betroffenen Akteuren,
Komprimierte Informationen,
Regionale Ansprechpartner,
Weltweite Schulung interner Mitarbeitender,
Berücksichtigung kultureller Werte und Normen
Erhöhung verbindlicher Handlungszwänge und
Regionale Workshops mit Lieferanten.
Diese sollten vor dem Hintergrund eigener interner Prozesse und Strukturen sowie regionalen Gegebenheiten für jedes Unternehmen untersucht und bei der Entwicklung entsprechender Nachhaltigkeitskonzepte für Lieferanten berücksichtigt werden.
3.4Schlussbetrachtung
Die Umsetzung des Konzepts einer nachhaltigen Entwicklung auf Unternehmensebene ist von hoher Unsicherheit und großer Komplexität geprägt und stellt für jedes Unternehmen eine Herausforderung dar. Daher sind Ansätze erforderlich, die ein schrittweises Lernen und Vorgehen ermöglichen. Am Beginn steht immer die Problemidentifikation. Welche Probleme verursachen die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung?