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Qualitative Medienforschung


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daran, dass Medienpädagogik häufig entweder synonym mit Mediendidaktik verwendet oder darunter subsumiert wird. So ist noch 1994 im »Handbuch der Medienpädagogik« (hrsg. von Hiegemann/Swoboda) der einzige definitorische Artikel zum Medienbegriff ausschließlich der mediendidaktischen Sicht gewidmet. Dort heißt es, dass Paul Heimann (1970) in der allgemeinen Didaktik die Medien als »selbständigen Faktor der Unterrichtstheorie« (Wokittel 1994, S. 25) fasst.

      Während den didaktischen Reflexionen zum Medieneinsatz hohe Bedeutung zugemessen wird, ist der Medienbegriff meist unterbelichtet. Von Tafel und Kreide über Overhead-Projektor, Lehrfilm und Landkarte bis zu Computer, Smartboard, digitalen Lernspielen und Lernprogrammen, kann alles als Unterrichtsmedium bezeichnet werden.

      Überschneidungen der drei pädagogischen Medienbegriffe zeigen sich in den Begriffen individuell handhabbare Medien sowie Medienverbund. Unter individuell handhabbaren Medien versteht man in der handlungsorientierten (oder auch: aktivierenden) Medienpädagogik alle technischen Medien, mit denen ohne spezialisierte Kommunikatoren und ohne institutionellen Aufwand mediale Eigenproduktionen hergestellt werden können – in schulischen oder sozialpädagogischen Settings ebenso wie auch privat. Medienverbund bezeichnet eine Kooperation von Massenmedien und Erwachsenenbildung, bei der beispielsweise gedruckte Lehrmaterialien und Bildungssendungen im Radio oder Fernsehen aufeinander abgestimmt zum Einsatz kommen.

      Davon abweichend wird manchmal auch jenseits pädagogischer Vermittlungsabsicht von Medienverbund gesprochen, wenn eine intermediale Verschränkung verschiedener Einzelmedien (treffender: Medienkonvergenz) gemeint ist. In technikzentrierter Sicht formuliert Norbert Bolz: »Menschen sind heute nicht mehr Werkzeugbenutzer, sondern Schaltmomente im Medienverbund. Deshalb setzen sich immer mehr Computermetaphern für Selbstverhältnisse durch – wir rasten in Schaltkreise ein.« (Bolz 1993, S. 116). Man könnte hier auch von Medien als einer Matrix sprechen.

      Fazit

      Die neueren Medienentwicklungen zeigen, dass der Mensch in der medialen Kommunikation nicht nur immer weiter in den Hintergrund tritt. Vielmehr lässt sich eine Verschränkung von Big Data und Post- bzw. Transhumanismus (vgl. Sanders 2016) konstatieren, die mit einer Immaterialisierung der Zeichen von den Körpern begann. Wer redet, redet zu anwesenden Personen. Mit der Schrift löst sich nicht nur der zeitliche und räumliche Konnex auf – auch der Adressat (insbesondere der der Massenmedien) wird zu einem unbestimmten, gedachten Publikum, das durch das Medium erst hergestellt wird. Und wenn in den Computernetzen Daten erzeugt, übertragen und gespeichert werden, bleiben die menschlichen Sinne bei der Decodierung der Medien außen vor, weil sie nicht formatkompatibel sind. Die Daten zirkulieren nicht-materiell (im Sinne des Datentransports) und gesteuert von Algorithmen, die für die menschlichen Mediennutzer in der Regel nicht durchschaubar, geschweige denn beherrschbar sind. Das Verhältnis von Mensch und Medien wird offensichtlich zunehmend komplexer.

      Literatur

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