Interkulturelle Komplementarität und Synergie
Interkulturelle Komplementarität
Interkulturelle Synergie
Fallstudien zu interkultureller Synergie
Sprache und Kommunikation
Sprache und interkulturelle Kommunikation
Sprache in Organisationen
Konstruktive Gestaltung der Sprachpraxis
Interkulturelle Führung
Kulturspezifika von Führung
Kulturvergleichende Führung
Interkulturelle Führung
Interkulturelle Arbeitsgruppen
Interkulturelle Teams
Interkulturelle virtuelle Teams
Interkulturelle Teamentwicklung
Interkultureller Transfer von Organisationspraktiken
Konzepte und Modelle interkulturellen Transfers
Herausforderungen und Widerstände in der Transferpraxis
Konstruktiver Umgang mit Transfer: Rekontextualisierung
Interkulturelle Organisationsentwicklung
Kulturbezug der Organisationsentwicklung
Kulturvergleichende Organisationsentwicklung
Interkulturelle Organisationsentwicklung
Interkulturelle Kompetenzentwicklung
Genese interkultureller Kompetenzforschung
Interkulturelle Kompetenz und kulturelle Intelligenz
Maßnahmen interkultureller Kompetenzentwicklung
Konstruktive Interkulturalität fördern
Ein integratives Rahmenmodell
Multikulturelle Akteure als Brückenbauer
Weitere Erkundung konstruktiver Interkulturalität
Bibliographie
Worum es in diesem Buch geht und warum es lesenswert ist
Was Organisationen mit Interkulturalität zu tun haben
Organisationen sind zunehmend von Interkulturalität betroffen und ihre Akteure wirken und handeln zunehmend interkulturell. Schließlich sind kulturelle Unterschiedlichkeit von Organisationen und Interkulturalität in Arbeitskontexten trotz globaler Harmonisierungs- und Standardisierungsprozesse in gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereichen immer noch gegeben. Diese können weder verneint noch minimiert werden, wie es jahrzehntelange Debatten zu Culture Bound und Culture Free (Hickson/McMillan 1981; Maurice/Sorge 2000) oder zu Konvergenz und Divergenz von Praktiken und Werten (D’Iribarne et al. 1998; Inglehart/Welzel 2005; Adler 2008) illustrieren. Insofern bleibt Interkulturalität, die durch (kulturelle) Unterschiedlichkeit und damit einhergehende divergierende Bedeutungs- und Interpretationsspielräume der Akteure entsteht, ein zentrales und relevantes Thema internationaler Arbeit: Interkulturelle Arbeitssituationen sind aufgrund divergierender Erwartungen, Normen und Interpretationsweisen der Handelnden oft irritierend und konfliktbehaftet. So thematisieren es zahlreiche Critical Incidents, die in Organisationen Ressourcen wie Energie, Zeit und Geld beanspruchen. Problematische Interkulturalität kann also dazu führen, dass angestrebte Ziele aufgrund von Missverständnissen nicht erreicht werden.
Interkulturalität bietet auf der Basis umfangreicher empirischer Erfahrungen und zahlreicher konzeptioneller Bezugsrahmen aber auch Erklärungen und Hinweise, wie diese Missverständnisse verringert oder gar vermieden werden können. Neben dem problematisierenden Ansatz existiert auch der konstruktive Ansatz, der Interkulturalität und damit das Aufeinandertreffen kultureller Unterschiedlichkeit in einer konstruktiven, produktiven Weise als Ressource versteht (Barmeyer/Franklin 2016). In der konstruktiven Interkulturalität wird angenommen, dass kulturelle Unterschiede bereichernd und komplementär wirken, sodass sie beispielsweise in die gemeinsame Aushandlung von Management- und Organisationspraktiken münden. Diese Annahme ist die zentrale Grundidee vorliegenden Buches und findet sich in den meisten Kapiteln als Leitmotiv wieder.
Die Entwicklung und das Fortbestehen sozialer Systeme im Allgemeinen und Organisationen wie Unternehmen im Besonderen hängt davon ab, wie es diesen Systemen gelingt, wirkungsvolle und bewährte Praktiken der Problembewältigung zu generieren, anzuwenden und zu etablieren. Diese Herausforderung betrifft in einem besonderen Maße international und interkulturell agierende Organisationen, deren Akteure unterschiedliche Arten der Problembewältigung zu kombinieren und zu integrieren haben. Andere Erfahrungshintergründe sowie sinn- und orientierungsgebende Referenzsysteme (D’Iribarne 2009a; Primecz et al. 2011), die durch spezifische Sozialisation entstanden sind, manifestieren sich in unterschiedlichen Denk- und Arbeitsstilen. Diese wirken sich konkret auf die interkulturelle Zusammenarbeit in der täglichen Arbeitspraxis aus: Gerade die von Interkulturalität besonders betroffenen Abteilungen oder Arbeitsgruppen etc. haben ein hohes Interesse daran, Arbeitsprozesse wirkungsvoll, konstruktiv, effektiv und zielführend zu gestalten.
Umso mehr überrascht, wie wenig bisher in Richtung konstruktiver Interkulturalität theoretisch-konzeptionell und praktisch-empirisch geforscht und publiziert wurde – und wenn doch, wie dominant dann dennoch die problematischen und negativen Aspekte von Interkulturalität hervorgehoben werden (Stahl/Tung 2015; Chanlat/Pierre 2018). So plausibel und erstrebenswert interkulturelle Synergie als positives Ergebnis interkultureller Interaktion für Konstruktives Interkulturelles Management ist – umso erstaunlicher ist es, dass konstruktive Interkulturalität bislang eher nicht im Fokus des Erkenntnisinteresses stand. In vielen grundlegenden Werken des Cross-Cultural Management oder Intercultural Management wird Synergie nicht einmal thematisiert: Weder in Hofstedes Werk Culture’s consequences (1980, 2001), noch in dem von Peterson und Søndergaard (2008) herausgegebenen vierbändigen Werk Foundations of Cross-Cultural Management, das Beiträge der »Klassiker« aus fünf Jahrzehnten der Forschung versammelt, gibt es außer dem Beitrag von Adler (1980) keinen Eintrag zur Synergie. Ähnliches gilt für das von Gannon und Newmann (2002) herausgegebene Blackwell Handbook of Cross-Cultural Management. Synergie wird erneut nur durch einen Beitrag von Adler thematisiert. Im Handbook of Cross-Cultural Management Research von Smith, Peterson und Thomas (2008) finden sich keine Beiträge zu positiven Effekten von Interkulturalität, auch nicht im Cambridge-Handbuch Culture, Organizations, and Work von Bhagat und Steers (2009), ebenso wenig in Jack und Westwoods (2009) International and Cross-Cultural Management Studies. A Postcolonial Reading. Weder der Sammelband Cross-Cultural Management. Culture and Management Across the World von Chanlat, Davel und Dupuis (2013) noch die Lehrbücher Managing across cultures von Schneider, Barsoux und Stahl (2014) und Cross-Cultural Management von Thomas und Peterson (2015) thematisieren Synergie – und ebenso wenig das von Holden, Michailova und Tietze (2015a) herausgegebene Routledge Companion to Cross-Cultural Management sowie Cross-Cultural Management von Mahadevan (2017) oder Le management interculturel. Evolutions, tendances et critiques von Chanlat und Pierre (2018).
Jedoch existieren auch einige Ausnahmen, wie die Veröffentlichungen von Adler (1980, 2002), von Chevrier (2003a), von Hampden-Turner/Trompenaars (2000) oder von Primecz et al. (2011), die sich explizit mit dynamischer, meist komplementärer, interkultureller Aushandlung und Lösungsfindung im Management beschäftigen. Aktuell thematisiert ebenso ein Fallstudienbuch von Barmeyer und Franklin (2016) Konstruktives Interkulturelles Management.
Interkulturelle Synergie in der Praxis interkulturellen Arbeitens ist ebenfalls kaum empirisches Forschungsthema: Die wenigen empirischen Studien