(IrenikIrenik), die eigene Identität gegen andere Kirchen zu verteidigen (ApologetikApologetik) oder die eigene Kirche als die überlegene zu erweisen (PolemikPolemik).
KonfessionskundeKonfessionskunde und ÖkumeneÖkumeneGegenwärtig verfolgt die KonfessionskundeKonfessionskunde das Ziel, Wissen über die jeweiligen Kirchen zu erlangen und zu vertiefen. Sie stellt die Grundlage aller zwischenkirchlichen, interkonfessionellen Dialoge dar, da sie es den Gesprächspartnern überhaupt erst ermöglicht, vor ihrer eigentlichen Arbeit, dem Beitrag zu einem besseren Verstehen der verschiedenen christlichen Kirchen, sich über die Identität, die Eigenarten und die Spezifika ihres Gegenübers in Kenntnis zu setzen. So bereitet die Konfessionskunde den Weg für einen gelingenden Dialog und ist deshalb eine unverzichtbare Voraussetzung für die ökumenische Verständigung und die ökumenische Theologie. Sie stellt das Wissen bereit, das es erlaubt, sich in die jeweils andere Kirche einzufinden. Daher hat sie die Aufgabe, die Kirchen kritisch zu begleiten und die jeweiligen Kirchen mit sich selbst zu konfrontieren, ihre geschichtliche Kontingenz im Bewusstsein zu halten und so die stetige Entwicklung der Kirchen nach innen und nach außen zu fördern.
Die KonfessionskundeKonfessionskunde als Fach verfolgt dabei kein Programm, das auf ökumenischen Fortschritt oder ähnliche Zielvorstellungen ausgelegt ist. Insofern unterscheidet sich die Konfessionskunde von der Ökumenik, sofern diese die Aufgabe hat, der ökumenischen BewegungBewegung(en), z.B. durch die Erarbeitung von Konsensdokumenten oder einer gemeinsamen Hermeneutik, zu dienen. Der Konfessionskunde geht es nicht darum, eine – wie auch immer zu definierende – Einheit der KircheKircheEinheit der Kirchen zu suchen, zu fördern und zu erreichen. Sie sucht nicht nach dem „Einheitspotenzial“ in den einzelnen Kirchen, sondern akzeptiert vielmehr die PluralitätPluralität – Pluralisierung der Kirchen und verhält sich dazu weitgehend bewertungsfrei. Dies ist ein grundsätzlicher Unterschied zur ökumenischen Theologie. Insofern registriert die Konfessionskunde das ekklesiologische Grundproblem der ÖkumeneÖkumene und jeder einzelnen Kirche, versucht aber nicht, es aktiv zu beeinflussen.
Das ekklesiologische GrundproblemDie KonfessionskundeKonfessionskunde betrachtet christliche Kirchen. Mit dieser Formulierung ist bereits eine Frage aufgeworfen: Wenn sich Konfessionskunde vom Begriff BekenntnisBekenntnis ableitet, wie oben genannt, und alle Bekenntnisse der Alten Kirche von „der Kirche“ im Singular sprechen ist fraglich, warum das Sujet der Konfessionskunde „die Kirchen“ im Plural sind.
Verschiedene Kirchen haben verschiedene Glaubensbekenntnisse. Ein GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnis aber haben alle christlichen Kirchen gemeinsam, sofern sie BekenntnisseBekenntnis anerkennen: das Nicäno-KonstantinopolitanumBekenntnisNicäno-Konstantinopolitanum aus dem Jahr 381. Es ist deshalb das wichtigste Bekenntnis der Christenheit. Nach den Bekenntnisaussagen zu Gott und Jesus ChristusJesus Christus heißt es im Nicäno-Konstantinopolitanum: „Wir glauben an den Heiligen GeistHeiliger Geist […] und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.“
Damit sind zwei Punkte deutlich. Erstens: Die Kirche ist ein Gegenstand des Glaubens. Zweitens: Diese geglaubte Kirche hat vier Attribute. Sie ist „eine“ Kirche, sie ist „heilig“, sie ist „katholisch“ und sie ist „apostolisch“.
Zunächst ist wichtig festzuhalten, dass im GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnis von einer Kirche gesprochen wird, an die geglaubt wird. Hieraus ergibt sich das Grundproblem jeder Lehre von der Kirche, der EkklesiologieEkklesiologie, und damit auch implizit der KonfessionskundeKonfessionskunde: Wie ist der Zusammenhang zwischen der geglaubten Kirche (Singular) und den vorfindlichen Kirchen (Plural) zu denken? Jede Kirche muss auf diese Frage eine Antwort finden.
Zwei gegensätzliche Lösungen sind hier denkbar: Die geglaubte Kirche fällt mit der irdischen Kirche zusammen. Beide sind identisch. In diesem Fall gibt es nur die eine wahre Kirche und alle anderen existierenden Kirchen sind Irrtümer der geschichtlich handelnden Personen. Oder das Gegenteil ist der Fall: Die geglaubte Kirche hat nichts mit der realen Kirche zu tun. Diese hat keine Verbindung zur geglaubten Kirche. Dann stellt sich die Frage, wieso die irdische Kirche die geglaubte Kirche sein soll.
Beide Antworten implizieren zahlreiche Probleme, sodass die meisten Kirchen Zwischenpositionen einnehmen.
Es ist für die KonfessionskundeKonfessionskunde eine Herausforderung, diese Beziehung, die die jeweiligen Kirchen für sich bestimmen, nicht von einem als „richtig“ gedachten Standpunkt aus zu beurteilen und somit ein präferiertes oder das eigene Kirchenmodell als Maßstab zu setzen. Während im Rahmen der EkklesiologieEkklesiologie die Diskussion um den Zusammenhang zwischen geglaubter und irdisch vorfindlicher Kirche geführt werden und jede Kirche dies für sich klären muss, belässt es die Konfessionskunde bei dieser Unterscheidung und wendet sich so neutral wie möglich den jeweiligen Lösungen in deskriptiver Absicht zu.
Die Abgrenzung des FachgebietsBetrachtungsfeld der KonfessionskundeKonfessionskunde sind die christlichen Kirchen. Warum von „den Kirchen“ die Rede ist, obwohl das BekenntnisBekenntnis nur von einer Kirche spricht, ist aus evangelischer Sicht geklärt. Was aber zeichnet „christliche Kirchen“ aus?
Um diese Frage fundiert beantworten zu können sind die Bestimmungen des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRKÖkumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)) nützlich, die auch in der vorliegenden KonfessionskundeKonfessionskunde als Definition einer „christlichen Kirche“ herangezogen werden.
Der ÖRKÖkumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) ist der wichtigste Verband der ökumenischen BewegungBewegung(en), in dem sich laut eigener Auskunft 350 Kirchen aus der ganzen Welt zusammengeschlossen haben. Er selbst definiert sich als „eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus ChristusJesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen GeistesHeiliger Geist“ (Was ist der Ökumenische Rat der Kirchen, 2018). Mit dieser Basisformel sind die wesentlichen Bezugspunkte für die Definition einer christlichen Kirche gegeben. Ausführlich sind die Erkennungsmerkmale einer christlichen Kirche in einer 1950 in Toronto verabschiedeten Erklärung des ÖRK ausgeführt.
Bedingungen des „Kirche-Seins“Eine Kirche kann von anderen Kirchen dann als christlich anerkannt werden, wenn sie den Glauben an den dreieinigen Gott bekennt. Dieser Glaube ist im bereits genannten BekenntnisBekenntnis Nicäno-KonstantinopolitanumBekenntnisNicäno-Konstantinopolitanum zusammengefasst und grundgelegt in der Heiligen Schrift. Die BibelBibel ist demnach die einzige textuelle Quelle der göttlichen OffenbarungOffenbarung. Andere schriftliche Offenbarungsquellen neben den biblischen Texten werden vom ÖRKÖkumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) nicht akzeptiert. Daraus folgt, dass eine Glaubensgemeinschaft, die Erkenntnisse aus einer Schrift neben der Heiligen Schrift als gleich- oder höherwertig ansieht, keine christliche Kirche im Sinne des ÖRK sein kann. Dies trifft z.B. auf die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten TageKirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), die Mormonen, zu, die neben der Schrift auch die Texte des Buches „Mormon“ als göttliche Offenbarungsquelle anerkennt. Obwohl sie sich selbst als „Kirche“ versteht, kann sie im Sinne des ÖRK aufgrund der zweiten textuellen Offenbarungsquelle nicht als „christliche“ Kirche angesehen werden. Sie wird daher als Sondergemeinschaft verstanden und ist deshalb kein Gegenstand einer KonfessionskundeKonfessionskunde.
Weiter definiert der ÖRKÖkumenischer Rat der Kirchen (ÖRK), dass eine Kirche die frohe Botschaft verkünden und SakramenteSakrament feiern muss. Eine Kirche tauft auf die Formel aus Mt 28 („auf den Namen des Vaters, des Sohns und des Heiligen GeistHeiliger Geists“) und akzeptiert dergestalt ausgeführte Taufen in anderen Kirchen. Sie strebt weiterhin auch die allgemeine Anerkennung dieser anderen Taufen an. Eine Kirche darf nicht exklusiv das Heil an sich binden. Es soll anerkannt werden, dass der Heilige Geist auch in anderen Kirchen wirken kann. Die Souveränität Gottes, der sich auch anderer Kirchen bedienen kann, um sein Heil zu schaffen,