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Naturphilosophie


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mathematischen Prinzipien der Physik. Hg.: V. Schüller. Berlin.

      – [1704] 21996: Optik: Oder Abhandlung über Spiegelungen, Brechungen, Beugungen und Farben des Lichts. Hg.: W. Abendroth. Frankfurt/M.

      Planck, Max [1908] 1965: Die Einheit des physikalischen Weltbildes. In: ders.: Vorträge und Erinnerungen. Darmstadt: 28–51.

      Schelling, Friedrich W.J. [1799] 21965: Einleitung zu dem Entwurf eines Systems der Naturphilosophie. In: Schellings Werke, Bd. 2. Hg.: M. Schröter. München: 269–326.

      Spinoza, Baruch de [1677] 42015: Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt. Lat.-Dt. Hg.: W. Bartuschat. Hamburg.

       [Zum Inhalt]

      |42|I.4 Natur und Recht

      Michael Städtler

      Der verbreiteten Auffassung zufolge gibt es Begründungen von Recht aus der Natur seit der Antike (Welzel 1951; Ilting 1978). Im Allgemeinen wird darunter Folgendes verstanden: „Naturrecht ist die Gesamtheit der der Natur innewohnenden, zeitlos gültigen, vernunftnotwendigen und vom Menschen nicht geschaffenen Rechtssätze“ (Köbler 1997: 392f.). Was allerdings in den verschiedenen Epochen konkret darunter verstanden wurde, variiert erheblich (Tierney 1997: 1ff.), abhängig von Veränderungen im Naturbegriff und im Rechtsbegriff (Wolf 1984). Deshalb empfiehlt es sich, vom systematischen Verhältnis dieser Begriffe auszugehen und es in den verschiedenen Kontexten zu untersuchen.

      1. Systematische Vorüberlegungen

      Das begriffliche Verhältnis von Natur und Recht enthält zwei entgegengesetzte Elemente: Einerseits werden sie analog gedacht, sofern beide gesetzmäßige Ordnungen betreffen. Andererseits sind sie gerade als gesetzmäßige Ordnungen einander entgegengesetzt: Naturgesetze gelten faktisch zwingend. Die faktische Geltung von Rechtsgesetzen unterliegt aber menschlicher Willkür, sie ist ein Sollen. Recht ist im strikten Sinn nie ein Bestandteil der Natur, sondern eine Institution menschlicher Gesellschaft. Umgekehrt richten sich Rechtsnormen durchaus an Menschen auch, insofern sie Naturwesen sind, denn als solche sind sie endliche Wesen und verfolgen Interessen, die in der Ausführung kollidieren können. Solche Kollisionen regelt das Recht. Die Verfolgung von Interessen setzt, im Unterschied zum Instinkt, eine Vorstellung von Interessen und damit ein intellektuelles Wesen voraus. Recht ist damit eine gesellschaftliche Institution unter intelligenten Naturwesen.

      Sobald ‚Natur‘ als philosophischer Begriff auftritt, ist sein Gegenstandsbereich als Kosmos (als sinnvoll geordnete Totalität) vom Chaos (der Vorstellung ungeordneter Totalität) unterschieden (→ I.1; II.3/Abschn. 1.3). Diese Ordnung ist regelmäßig und deshalb erkennbar. Das menschliche Handeln unterliegt der Freiheit, kann so oder anders ausfallen, und bietet daher zunächst keine regelmäßige Ordnung. Das Zusammenleben von Menschen setzt aber deren zweckmäßiges Zusammenwirken, d.h. Kooperation, voraus. Sonst zerstört jede Gemeinschaft sich selbst. Dafür müssen Regeln, Ordnungskriterien, gesetzt werden. Ihre Verbindlichkeit ist aber zunächst ein bloßer Anspruch an die Handelnden. Recht als stabile Institution setzt daher voraus, |43|dass eine Gemeinschaft von Menschen Rechtsnormen teilt, dass über deren Erfüllung irgendwie verbindlich entschieden werden kann und dass diese Entscheidung auch gegen entgegengesetzte Interessen durchgesetzt werden kann. Insofern lehnt das Recht seinen Geltungsanspruch an die Naturordnung an und begründet dann gerade aus seinem Unterschied zur Naturordnung die Legitimation, durch Institutionen den Mangel an Geltungswirklichkeit auszugleichen.

      2. Antike: Kosmische Ordnung als Rechtsgrund

      In der griechischen Antike entwickelt sich zum einen das verbindliche Recht aus Konfliktlösungsgewohnheiten (Reichardt 2003), zum anderen entstehen theoretische Begründungen für Rechtsgeltung. Dabei ist die Natur als kosmologische Ordnung das zentrale Kriterium. So gilt zunächst v.a. vielen Sophisten das Recht des Stärkeren als natürlich, das gesetzliche Recht hingegen als naturwidriges Instrument der Schwachen. Diese Richtung des Naturrechts knüpft an die triebhafte Natur der Menschen an und kann „existentielles Naturrecht“ genannt werden, im Unterschied zum „ideellen“, das an die Vernunftnatur der Menschen anknüpft (Welzel 1951: 11). Platon und Aristoteles bemühen sich in diesem zweiten Sinn um eine Legitimation der rechtlich geordneten Polis. Aristoteles leitet aus den natürlichen Erfordernissen der Selbsterhaltung die rechtlichen und politischen Institutionen als natürliche Mittel ab: Familie, Haushalt, Dorf und Stadt, aber auch die Sklaverei, die eine natürliche Ungleichheit der Menschen in wechselseitigen Nutzen übertrage. Insgesamt gilt die Naturordnung als in sich zweckmäßige Ordnung (Teleologie), innerhalb derer das Handeln sich einordnen muss.

      Im Unterschied zu Aristoteles, der die Normativität des Handelns nicht aus vorgeordneten Begriffen, sondern aus der Reflexion auf die Erfahrung des Handelns begründen will, hatte Platon (428/427–348/347 v. Chr.) die Normen aus der Idee des Guten begründet. Diese freilich verdankt sich auch Naturanalogien, denn die gute Ordnung des Staates wird in Analogie zu einem biologischen Organismus und dessen Ordnung durch die Seele als Ordnungsprinzip bestimmt. Während Aristoteles das Handeln als einen vom theoretischen Erkennen systematisch getrennten Gegenstandsbereich bestimmt (s. z.B. Nikomachische Ethik I 1094b12–27 u. VI 1141a16–b3), folgte für Platon die Ordnung des Handelns aus einer Ordnung theoretisch erkennbarer Ideen. Diese Ideen sind freilich keine Phantome, sondern ihrerseits Produkte philosophischer Reflexion. Für Aristoteles (384–322 v. Chr.) allerdings sind sie abstrakte Begriffe, deren Beziehung zu den empirischen Handlungen nicht eindeutig bestimmbar ist. Deshalb bleibt es bei Aristoteles bei der Erörterung einer unter jeweils gegebenen Umständen bestmöglichen Rechtsverfassung, während Platon durchaus eine relativ genau entwickelte Idealverfassung entwirft.

      Mit der Auflösung der Polis im makedonischen, dann im römischen Reich verliert der Einzelne seine Mitwirkungskompetenz und sieht sich mit fremden politischen Mächten konfrontiert. In der universalen Ordnung der Natur sehen die Stoiker nun die Grundlage der Freiheit des Einzelnen und legen damit den philosophischen Grund |44|für den christlichen Begriff des Individuums. Auch Begriffe wie ewiges, natürliches und zeitliches Gesetz sowie der Begriff einer universalen Menschheit stammen hierher.

      Ausgehend vom Apostel Paulus (5–64) und den Kirchenvätern, v.a. Augustinus (354–430), knüpft die christliche Rechtslehre neben der Stoa zunächst an die platonische Tradition an, und das betrifft auch den Naturbegriff. Allerdings wird die organisch-teleologische Ordnung des Naturganzen nun mit dem Willen Gottes in Verbindung gebracht. Das menschliche Handeln erhält damit eine moralische Bedeutung. Ein Rechtsverstoß ist nicht nur eine Störung der natürlichen Ordnung, sondern eine Sünde.

      3. Mittelalter: Göttliche Ordnung als Rechtsgrund

      Wenn Gott zugleich Gesetzgeber der Naturordnung und der moralischen Ordnung ist, lässt sich zumindest theoretisch an der Vereinbarkeit von Natur und Handeln festhalten. Thomas von Aquin (1224/25–1274) hat das als Gesetzeshierarchie festgehalten: An der Spitze steht das ewige Gesetz. Dabei handelt es sich um die Idee der Totalität der Weltordnung im göttlichen Geist. Diese Vorstellung ist der normative und zugleich kausale Grund aller Ordnung in der Welt. Das ewige Gesetz wird offenbart im Naturgesetz. Mit ‚Naturgesetz‘ ist nicht der moderne Begriff eines wissenschaftlichen Gesetzes, sondern die gesetzmäßige Ordnung der Natur selbst gemeint. Und an unterster Stelle steht das menschliche Gesetz, das Recht, das Menschen sich selbst geben. Damit es nicht aus der Ordnung herausfällt, muss der Gesetzgeber sich am ewigen Gesetz und an den geoffenbarten Geboten (dem positiven göttlichen Recht) orientieren.

      Der theologisch interpretierte Platonismus bietet aber noch ein zusätzliches Naturprinzip des Rechts an: Alle Naturprozesse zielen auf ein Gutes. Deshalb gilt, dass das Gute zu erstreben, das Schlechte oder Böse aber zu vermeiden ist. Dies soll die natürliche Richtschnur der Gesetzgebung sein. Sie soll auf das bonum commune, das gemeinsame Gute, gerichtet sein. In der säkularen Rechtspraxis ist dieses Prinzip das überlieferte gute alte Recht. Die Autorität des Althergebrachten beruft sich zwar nicht direkt auf die Naturordnung, behandelt aber das Überlieferte wie eine mit der Zeit verfestigte, jetzt nicht mehr folgenlos