die staatliche Eisenbahn, staatliche Anbieter von Kommunikationsdienstleistungen oder die öffentliche Wasserversorgung und Abfallentsorgung. Ihre Wertschöpfung wird (zumindest teilweise) staatlich reguliert, wenn es z.B. um kritische Infrastrukturen oder politisch gewollte Dienstleistungen (Service Public) geht.
• Drittens sind Organisationen öffentliche Organisationen, wenn sie sich im Unterschied zu öffentlichen Unternehmungen nicht an der Umweltsphäre Wirtschaft ausrichten, sondern eine hoheitliche Wertschöpfung (z.B. öffentliche Sicherheit) erbringen. Diese beruht auf einem staatlichen Auftrag und orientiert sich an den Umweltsphären Politik und Recht. Öffentliche Organisationen sind beispielsweise die Armee, die Polizei oder die öffentliche Verwaltung mit Bauamt, Einwohneramt, Steueramt usw.
• Viertens sind Organisationen Non-Governmental Organizations (NGOs), wenn sie sich typischerweise an der Umweltsphäre Gesellschaft (mit einem Fokus auf Öffentlichkeit und Ethik) ausrichten, ihre Wertschöpfung aber – im Unterschied zu öffentlichen Organisationen – nicht durch einen staatlichen Auftrag legitimiert ist. NGOs orientieren sich an gesellschaftlichen Grundanliegen wie z.B. dem Schutz von Menschenrechten, dem Schutz der Natur oder dem Tierschutz.
• Fünftens sind Organisationen Non-Profit Organizations (NPOs), wenn ihre Gründung und ihr Fortbestehen nicht durch eine Wertsteigerung für ihre Eigentümer motiviert sind, sondern durch kollektive Selbsthilfe oder durch einen gesellschaftlichen, kulturellen, symbolischen oder intellektuellen Mehrwert. Dazu gehören typischerweise sogenannte gemeinnützige Organisationen, die sich für bestimmte Anliegen ihrer Mitglieder einsetzen, wie z.B. Kulturvereine, Sportvereine oder Vereine der Nachbar- und Altershilfe. [36]
• Sechstens sind Organisationen pluralistische Organisationen, wenn mehrere der oben genannten Organisationsmerkmale gleichzeitig auf sie zutreffen (z.B. bei öffentlichen Spitälern oder bei privaten Universitäten). Ihre Wertschöpfung ist typischerweise gekennzeichnet durch multiple Orientierungen an mehreren Umweltsphären, durch heterogene Erfolgsvorstellungen und oftmals auch durch hybride Eigentumsverhältnisse. Wirksames Management als reflexive Gestaltungspraxis ist in solchen Organisationen mit besonderen Herausforderungen verbunden.
Zusammenfassend charakterisieren sich unterschiedliche Organisationen durch unterschiedliche Umweltorientierungen. Diese Umweltorientierungen sind auch durch spezifische Bewertungs- und Erfolgsvorstellungen gekennzeichnet. Während in der Wirtschaft Effizienz- und Produktivitätsmassstäben eine grosse Bedeutung zukommt, spielen in der Politik die Kriterien Mehrheitsfähigkeit und Machtzuwachs eine zentrale Rolle oder im Bereich der öffentlichen Verwaltung, die sich an Politik und Recht orientiert, Prinzipien der Rechtssatzmässigkeit, Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit.
Daraus resultieren bei diesen Organisationen unterschiedliche Identitäten, Selbstverständnisse, Beurteilungsmassstäbe und Rationalitätskriterien, was die Einschätzung und Bewertung von angemessenem, sinnvollem, legitimem, vernünftigem und erstrebenswertem Handeln betrifft (Schedler & Rüegg-Stürm, 2013).
2.6 Organisationale Wertschöpfung und die Aufgabe von Management
Jede organisationale Wertschöpfung muss sich in einer komplexen Welt «einspielen», um dann mit einer gewissen Selbstverständlichkeit stattfinden zu können. Aufgrund sich ändernder Möglichkeiten und Erwartungen der Umwelt und daraus resultierenden neuen Anforderungen muss sie laufend hinterfragt, reflektiert und weiterentwickelt werden. Genau dies ist Aufgabe von Management. Entsprechend definiert das SGMM Management als reflexive Gestaltungspraxis.
Management hat somit immer einen doppelten Gestaltungs- und Entwicklungsfokus, der beides umfasst: die Ko-Evolution von Organisation und Umwelt – mit dem Ziel, eine nachhaltig nutzenstiftende Wertschöpfung zu realisieren (siehe Abbildung 5). [37]
Abbildung 5: Organisationale Wertschöpfung, Umwelt, Organisation und Management
Dieser Anspruch einer reflexiven Gestaltung von organisationaler Wertschöpfung muss Management selbst einschliessen, zumal Management aus gesellschaftlicher Sicht an Bedeutung gewinnt, gleichzeitig aber immer anspruchsvoller wird und einer zunehmend kontroversen Diskussion ausgesetzt ist. Vor diesem Hintergrund ist es für jede Organisation und genauso für die Wissenschaft unerlässlich, ein differenziertes Verständnis dessen zu entwickeln, was wirkungsvolles und verantwortungsbewusstes Management ausmacht.
Das SGMM greift diese Forderung auf, indem es Management sprachlich und visuell in seinen vielfältigen Facetten und Wirkungsvoraussetzungen differenziert beschreibt und damit die Möglichkeit schafft, dass die Management-Verantwortlichen ihre eigene Management-Praxis gemeinsam sorgfältig reflektieren können. [38]
3 Das St. Galler Management-Modell
3.1 Wozu dienen Modelle?
Modelle werden dort entwickelt, wo Zusammenhänge nicht offensichtlich oder sehr komplex sind und wo ein solides Verständnis nicht einfach vorausgesetzt werden kann, sondern zum Gegenstand einer expliziten gemeinschaftlichen Reflexion und Orientierung werden soll. Modelle dienen dem besseren Verstehen komplexer Zusammenhänge und zugleich der Simulation von zukünftigen Möglichkeiten. Sie unterstützen die Antizipation oder Rekonstruktion von möglichen Entwicklungen durch gezieltes Abstrahieren und Vereinfachen und stehen damit im Dienste der Stärkung unserer Vorstellungskraft.
Ein Geländemodell beispielsweise kann dazu dienen, sich mit den akustischen und verkehrstechnischen Wirkungen einer neuen Autobahn vertraut zu machen, bevor sie tatsächlich gebaut wird. Ein Architekturmodell dient dazu, die ästhetische und funktionale Qualität eines Gebäudes einzuschätzen, bevor das Gebäude realisiert wird. Ähnliches gilt für Flugzeugmodelle. Ein formales ökonometrisches Modell dient dazu, die Wirkung wirtschaftspolitischer Massnahmen abzuschätzen, bevor diese Interventionen real erfolgen. Chemisch-physikalische Modelle dienen dazu, die Funktionsweise und Wirkungsdynamiken neuartiger Substanzen abzuschätzen, bevor diese konkret hergestellt und eingesetzt werden.
Modelle dienen somit der gemeinsamen Erarbeitung eines besseren Verständnisses von komplexen Zusammenhängen. Zugleich arbeiten sie mit Vereinfachung und mit Abstraktion, um wichtige Bezüge und Abhängigkeiten deutlich zu machen. In diesem Sinne ist auch das SGMM zu verstehen. Es repräsentiert einen Bezugsrahmen mit hilfreichen Beschreibungskategorien, ein «Leerstellengerüst für Sinnvolles» (Ulrich & Krieg, 1972). Das SGMM dient dazu, das Zusammenwirken von Management-Praxis und organisationaler Wertschöpfung für eine dynamische Umwelt einer fundierten Auseinandersetzung zugänglich zu machen, sei dies in der Management-Praxis durch die Management-Verantwortlichen oder in der Lehre im Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden. [39]
3.2 Was leistet das St. Galler Management-Modell?
Das SGMM bildet nicht eine idealisierte unternehmerische Realität ab, sondern stärkt das kollektive Vorstellungsvermögen derjenigen Verantwortlichen, die sich mit Management-Herausforderungen beschäftigen müssen. Es soll dazu beitragen, gemeinsam neue Wirkungsdynamiken und Möglichkeiten zu erkennen, indem es eine sorgfältige Reflexion und Antizipation von schwer durchschaubaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen ermöglicht. In diesem Sinne soll das SGMM im Hinblick auf die Wirksamkeit von Management durch bewusste Selektion und Vereinfachung dazu beitragen, Wesentliches in den Horizont unserer knappen Aufmerksamkeit zu rücken. In diesem Sinne kann das SGMM nicht «implementiert» werden. Es ist vielmehr als Perspektive und Denkform zu verstehen, welche die Gestaltungsund Entwicklungsarbeit einer Organisation unterstützt.
Zudem versteht sich das SGMM auch als Sprache zur Verständigung und zur (gemeinsamen) Reflexion, die dazu beiträgt, Management – zum einen ganz allgemein, zum anderen aber auch in ganz bestimmten Situationen – in seiner Komplexität angemessen zu begreifen und verantwortungsbewusst zu praktizieren.
Das SGMM beschreibt grundlegende Aspekte von Management, d.h. sprachlich ausformulierte und visuell