Roland Wenzlhuemer

Mobilität und Kommunikation in der Moderne


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breiteren Gesellschaftsgeschichte entwickelte, desto gefragter wurde solche ökonomisch-historischen Ansätze auch im Fach selbst.[15] Im Deutschen Reich erfolgten in dieser Zeit die ersten Zeitschriftengründungen, die explizit die Wirtschaftsgeschichte im Namen trugen. Der wohl wesentlichste Impuls für den Ansatz kam aber nach dem Ersten Weltkrieg aus Frankreich. Marc Bloch (1886–1944) und Lucien Febvre (1878–1956) legten dort in den 1920er-Jahren die wissenschaftlichen Fundamente für die so genannte Schule der Annales . Diese wandte sich ganz explizit der Untersuchung sozialer und ökonomischer Fragestellungen in der Geschichte zu, erschloss dazu neues, quantitatives Quellenmaterial und entwickelte neue Methoden zu dessen Auswertung. Die Annales legten in diesem Zusammenhang besonderes Augenmerk auf langfristige Entwicklungen und die Herausbildung langlebiger Strukturen. Ihre Fragestellungen und Gewichtungen spielen in der Geschichtswissenschaft bis heute eine große Rolle.

      In den 1950er- und 1960er-Jahren entstand zunächst in den Vereinigten Staaten von Amerika die so genannte New Economic History , die in der deutschsprachigen Wissenschaft vor allem als Kliometrie bekannt wurde. Zentrales Merkmal dieses neuen wirtschaftshistorischen Zugangs war es, ökonomische Theorien und Methoden auch auf historisches Material anzuwenden. Dazu musste das erhobene historische Datenmaterial besonders dicht sein. Bekannte Vertreter dieser Forschungsrichtung, die sich ab ca. den 1970er-Jahren auch im deutschsprachigen Raum etablierte, waren etwa die US-amerikanischen Ökonomen Robert W. Fogel (1926–2013) und Douglass C. North (1920–2015), die für ihre einschlägigen Arbeiten im Jahr 1993 gemeinsam mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurden. In den letzten drei Jahrzehnten hat die Wirtschaftsgeschichte zunehmend Impulse aus der so genannten Neuen Institutionenökonomik – einer volkswirtschaftlichen Theorie, die vor allem die Rolle institutioneller Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln betont und untersucht – und aus der Kulturgeschichte aufgenommen. Fragen der kulturellen Prägung wirtschaftlichen Handelns spielen nun zunehmend eine Rolle. Mit dieser Aufnahme kulturhistorischer Ansätze, die auch in der Neuen Institutionenökonomik mit angelegt ist, hat sich auch der traditionell starke Fokus der Wirtschaftsgeschichte auf die Entstehung moderner Wirtschaftssysteme geweitet. Während das Fach lange einen Schwerpunkt auf die Untersuchung der wirtschaftlichen Voraussetzungen und Konsequenzen beispielsweise der Industriellen Revolution gelegt hat, erfahren mittlerweile verschiedenste Formen des Wirtschaftens in den unterschiedlichsten Zeiten und Räumen analytische Aufmerksamkeit.

      Wirtschaftsgeschichte wird oft in Kombination mit Sozialgeschichte genannt, zum Beispiel in der Benennung von Lehrstühlen oder Fachbereichen. Sozialgeschichte im ursprünglichen Sinn bezeichnet die historiografische Untersuchung ganzer Gesellschaften und ihrer Organisation oft mit einem speziellen Fokus auf die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und ihr Verhältnis zueinander. In den 1950er-Jahren entstand in Deutschland um die Historiker Otto Brunner (1898–1982) und Werner Conze (1910–1986) eine neue Ausprägung der Sozialgeschichte, der es hauptsächlich um die Analyse langlebiger Strukturen gesellschaftlicher Organisation ging, wie das in weniger expliziter Form auch in den Annales angelegt war. Die Analyse wirtschaftlicher Strukturen spielte dabei eine zentrale Rolle.