Randolf Schrank

Internationales Management


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sich jedoch häufig ganz spezifische Konzepte international agierender Unternehmen, die weitere Eingrenzungen vornehmen (Müller, S., 1991; Bartlett, C.A., 1986).

      Kaum ein anderes Themengebiet der Betriebswirtschaftslehre hat in den letzten Jahren in Wissenschaft und Praxis so viel Aufmerksamkeit erfahren wie das der Internationalisierung. Nahezu unübersehbar ist mittlerweile auch im deutschen Sprachraum die Anzahl von Veröffentlichungen zu diesem Thema. Anders als in der angelsächsischen Betriebswirtschaftslehre, wo der Fachbereich „International Management“ eine lange Forschungstradition hat, ist dies in Deutschland erst seit Anfang der 1980er Jahre der Fall. Die Tagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaftslehre, die im Jahr 1982 in Berlin mit dem Generalthema „Internationalisierung der Unternehmung als Problem der Betriebswirtschaftslehre“ stattfand, kann als Geburtsstunde der umfassenden Auseinandersetzung mit Fragen der internationalen Unternehmenstätigkeit in der deutschen Betriebswirtschaftslehre gesehen werden (Lück, W./Trommsdorff, V., 1982).

      In der Literatur gibt es verschiedene Konzeptionen zur Abgrenzung des Internationalen Managements (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Buckley, P.J., 1991; Carl, V., 1989; Macharzina, K./Engelhard, J., 1987; Albach, H., 1981). Dabei wird der Versuch unternommen, die konstitutiven Merkmale internationaler Unternehmenstätigkeit und deren Bedeutung für betriebswirtschaftliche Fragestellungen herauszuarbeiten. Insbesondere die spezifischen Umweltbedingungen der international tätigen Unternehmung, die im Wesentlichen in unterschiedlichen staatlichen Rahmenbedingungen und in einer fremdartigen Kultur gesehen werden, stehen im Mittelpunkt dieser Bemühungen (Dülfer, E., 2008; Buckley, P.J., 1991; Albach, H., 1981). Keines der Konzepte ist allerdings unumstritten, deshalb lässt sich bis heute das Internationale Management nicht als geschlossenes und konsistentes System wissenschaftlich geprüfter Aussagen darstellen (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Krystek, U./ Zur, E., 2002; Macharzina, K./Oesterle, M.-J., 2002; Perlitz, M., 1993; Hawkins, R., 1984).

      Weit mehr Konsens ist in der Literatur hinsichtlich der Konkretisierung der Aufgaben des Internationalen Managements festzustellen. So besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass die Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit neue Problemstellungen [13]schafft, die für rein national agierende Unternehmen nicht von Bedeutung sind. Fragen des Währungsmanagements oder der Absicherung von Auslandsrisiken sind hier beispielhaft zu nennen. Aufgabe des Internationalen Managements ist es daher, Problemlösungen für die originären Fragestellungen zu erarbeiten, die sich aus der Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit ergeben. Hinsichtlich einer weitaus komplexeren Planungs- und Entscheidungssituation international agierender Unternehmen ist eine weitgehende Übereinstimmung vorzufinden. Zahlreiche Untersuchungen, die nationale und internationale Unternehmen in dieser Hinsicht vergleichen, teilen diese Auffassung (Wiesner, K. 2005; Macharzina, K./Oesterle, M.-J., 2002; Welge, M.K., 1981). Die Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung oder Ergänzung des bestehenden betriebswirtschaftlichen Instrumentariums in Bezug auf die Komplexität der konkreten Planungsaufgabe stellt somit eine weitere zentrale Aufgabe des Internationalen Managements dar.

      Trotz der weitgehenden Übereinstimmung bezüglich der Aufgaben des Internationalen Managements sind der eigenständige Charakter und die Einordnung des Faches weiterhin offen. Insbesondere sehen Vertreter aus bestehenden Funktionsbereichen in den dargestellten Problembereichen der Internationalisierung nur eine Ausdehnung der jeweiligen Funktionsbereiche um internationale Aspekte (Colberg, W., 1989). Internationales Marketing, internationale Beschaffung, internationale Finanzierung, internationale Personalpolitik etc. wären demnach als Erkenntnisobjekte der jeweiligen Teildisziplinen aufzufassen und deswegen eine eigenständige Disziplin Internationales Management bzw. Internationale Betriebswirtschaftslehre nicht notwendig.

      Einer derartigen Sichtweise ist jedoch entgegenzuhalten, dass die ausschließliche Einengung der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Auslandsaktivität auf einen bestimmten Teilbereich bzw. eine Teilfunktion der Komplexität der realen Entscheidungssituation nicht gerecht werden kann und daher keine hinreichende Basis der Problemlösung darstellt (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Porter, M.E., 1989b). Gerade die äußerst komplexen betrieblichen Entscheidungen internationaler Unternehmensaktivitäten sind aufgrund ihres spezifischen (Querschnitt-) Charakters funktionsübergreifend zu erforschen, was jedoch nicht heißen soll, dass eine Beschäftigung mit funktionsbereichsspezifischen Problemen der Internationalisierung sinnlos wäre. Abgesehen von der dargestellten inhaltlichsachlichen Notwendigkeit, muss eine funktionsübergreifende und damit auch eigenständige Betrachtungsweise des Faches Internationales Management einen wichtigen Beitrag für das „Denken in betrieblichen Gesamtzusammenhängen“ leisten. Ein derartiger Ansatz ist ganz im Sinne einer General-Management-Ausbildung, die an den Hochschulen jedoch mehr und mehr vernachlässigt wird. Die Betrachtung des Internationalen Managements im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Institutionslehre, wie z.B. Industrie-, Bank-, Versicherungsoder Handelsbetriebswirtschaftslehre, ist m.E. ebenfalls verfehlt. Eine Internationalisierung findet bei allen Institutionen statt. Damit müsste das Internationale Management neben den Besonderheiten der einzelnen Institutionen, die Gegenstand der institutionell orientierten Betriebswirtschaftslehre sind, die besonderen Aspekte untersuchen, die sich aus der [14]Internationalisierung dieser Institutionen ergeben. Das Internationale Management geht aber über eine reine Institutionslehre hinaus.

      Damit geht der Anspruch des Internationalen Managements nicht in die Richtung einer neuen betriebswirtschaftlichen Funktions- oder Institutionslehre, sondern in Richtung einer General-Management-Lehre, die neben der Betriebs- und Volkswirtschaft auch eine Reihe von Hilfswissenschaften wie z.B. die Soziologie, die Politologie, die Rechtsoder andere Gesellschaftswissenschaften benötigt. Nur ein umfassendes Verständnis dieser Aspekte kann zu einem erfolgreichen Internationalen Management führen. Insofern ist das Forschungsgebiet „Internationales Management“ nicht als eine eigenständige betriebswirtschaftliche Funktionslehre zu sehen. Der Sinn des Internationalen Managements kann nur in der funktions- und einzelwissenschaftsübergreifenden Erfassung komplexer Tatbestände bei Auslandsentscheidungen von Unternehmen liegen. Werden diese Problembereiche von der Betriebswirtschaftslehre nicht erfasst, läuft sie Gefahr, dass die Unternehmenspraxis der wissenschaftlichen Erkenntnis immer weiter vorauseilt.

      Abbildung 5 macht deutlich, wie sich die Bedeutung der Regionen, gemessen am kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt, im Zeitablauf verändert hat. Von Christi Geburt an bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Asien die wirtschaftlich stärkste Region der Welt. Dann übernahm bis zum Ende des ersten Weltkrieges Europa diese Rolle. Von Ende des ersten Weltkrieges bis zum Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts war Amerika der Kontinent mit dem höchsten kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt. Nun hat Asien diese Rolle wieder übernommen.

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       Quelle: UNCTAD, 2012, eigene Berechnungen aus Länderdaten der Weltbank, online

      Mit dieser Entwicklung kam es jeweils zu beträchtlichen Marktverschiebungen, die die Handelsströme, aber auch die Investitionstätigkeit von Unternehmen beträchtlich beeinflussten. Heute sind diese drei Weltregionen in etwa von gleicher Bedeutung für die Auslandsaktivitäten von Unternehmen mit einer Tendenz, dass Asien der am stärksten wachsende Markt der Welt ist.

      Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es zu einer neuen Weltwirtschaftsordnung. Bis dahin hat sich die Welt weitgehend in politische Blöcke aufgeteilt (kommunistische, sowjetische, westliche und neutrale Staaten). Die neue Aufteilung der Welt stellen zunehmend Wirtschaftsblöcke dar, die unterschiedliche