Welt nicht mehr zum produzierenden Gewerbe und chinesische Unternehmen sind bereits sehr stark vertreten. Damit ergeben sich auch neue Problemstellungen für das Internationale Management, das sich bis heute sehr stark auf produzierende Unternehmen und westliche Managementmethoden fokussiert hat. In der Praxis lässt sich feststellen, dass seit ungefähr Mitte der 1960er Jahre die „Innovationslokomotiven“ in Gestalt der Unternehmen aus den Industrienationen auf vielen Gebieten immer langsamer vorankommen, während die Unternehmen aus den Schwellenländern, insbesondere aus Asien, gleichsam als „Waggons“, immer mehr an Tempo zulegen.
[9]
Abbildung 3: Die 20 am Börsenwert gemessen wertvollsten Unternehmen in der Welt im Zeitvergleich (Werte in Mrd. $)
Quelle: Forbes, 2011, online
Aufgrund mangelnder Produkt-, Prozess- und Strategieinnovationen besteht für die „Lokomotive“ damit zunehmend die Gefahr, dass sie von einigen „Waggons“ überholt wird oder auf bestimmten Gebieten bereits überholt wurde. Die Bedeutung dieser Entwicklung für die Wirtschaft und die Gesellschaft in den Industrienationen zeigt sich z.B. darin, dass in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2011 fast jeder vierte Arbeitsplatz vom Export und damit von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft abhängig war (Rödl & Partner, 2012, online). Im Jahr 2008 hatte Deutschland mit 72,1 Prozent eine überdurchschnittlich hohe Außenhandelsquote. Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise fiel die Außenhandelsquote Deutschlands im Jahr 2009 auf 61,2 Prozent. 2010 erreichte sie mit 70,7 Prozent wieder nahezu das Vorkrisenniveau (Bundeszentrale für politische Bildung, 2011; Statistisches Bundesamt, 2011, online). Ein Beispiel, wie durch ein gutes Innovationsmanagement die Wettbewerbsfähigkeit zurückgewonnen werden kann, ist der heutige Erfolg der deutschen Automobil- und Chemieindustrie.
Von 1991 bis 2007 betrug das Wachstum bei den wissensintensiven Dienstleistungen rund 30 Prozent, in den anderen Dienstleistungsbranchen dagegen nur etwa zehn Prozent (Eickelpasch, A., 2011). Für Unternehmen stellt sich damit die Herausforderung, eine überlegene Innovationsfähigkeit zu entwickeln. Die Erhaltung oder die Gewinnung sowie die effiziente Ausnutzung von internationalen Wettbewerbsvorteilen im Ausland durch Innovationen ist ein zentraler Gegenstand des Internationalen Managements, das im Folgenden mit seinen wesentlichen Problemfeldern dargestellt werden soll.
[10] 2 Internationalisierung und Internationales Management
2.1 Begriffliche Grundlagen
2.1.1 Begriff der Internationalisierung
In der Literatur wird mit dem Begriff der Internationalisierung eine Vielzahl verschiedener Phänomene beschrieben. Das Spektrum der Betrachtungen reicht von bestimmten Formen des Markteintritts, d.h. Internationalisierung verstanden als Export, Direktinvestition im Ausland oder Lizenzvergabe ins Ausland, über Fragestellungen zur Führung ausländischer Tochterunternehmen, bis hin zur abstrakten Gleichsetzung von Internationalisierung und grenzüberschreitender Auslandstätigkeit (Macharzina, K., 1989; Colberg, W., 1989; Carl, V., 1989).
Die Trennlinie der verschiedenen Ansichten verläuft im Wesentlichen zwischen Ansätzen, die den Begriff auf ganz bestimmte funktionsbereichsspezifische Probleme beziehen und hauptsächlich am Absatzmarkt bzw. Marketing orientiert sind und solchen, die von einer funktionsübergreifenden Ausdehnung der Aktionsmöglichkeiten der Unternehmung in andere Länder ausgehen. Darüber hinaus versucht insbesondere die „Neue Institutionenökonomik“ die Internationalisierung in den Zusammenhang mit dem Überschreiten von nationalen rechtlichen Rahmenbedingungen zu bringen (Erlei, M./Leschke, M./Sauerland,D., 2007; Schmidtchen, D./Schmidt-Tenz, H.-J., 2003).
Die Reduktion der Internationalisierung auf Marketingfragen und deren Problemfelder ist jedoch zu eng, da sich auch andere betriebliche Teilbereiche, wie z.B. Finanzierung, Beschaffung, Produktion oder Forschung und Entwicklung über Ländergrenzen hinweg ausdehnen können (von Behr, M., 2004; Krystek, U./Zur, E., 2002; Porter, M.E., 1989b). Die Internationalisierung ist ein Phänomen, das – zumindest konzeptionell – das Unternehmen als Ganzes umfasst. Eine ausschließlich funktionsbereichsspezifische Betrachtung der länderübergreifenden Aktionsfeldausdehnung erscheint daher nicht angebracht. Gleiches gilt für die Einschränkung des Begriffs auf die erstmalige Aufnahme von Auslandsaktivitäten.
Wie weit der Begriff der Internationalisierung ausgelegt werden kann, wird deutlich, wenn die möglichen Grundstrukturen des internationalen Wettbewerbs näher betrachtet werden. Abbildung 4 stellt diese Strukturen, die schon in den einleitenden Ausführungen zur „Internationalen Jagdlinie“ angedeutet wurden, schematisch dar.
Im Fall A konkurriert das inländische Unternehmen U1 mit dem ausländischen Unternehmen U2 auf dessen Heimatmarkt. Dieser Fall ist ebenso unproblematisch als internationaler Wettbewerb und damit als Problem der Internationalisierung anzusehen wie der Fall B, der beschreibt, dass das inländische Unternehmen U1 mit dem ausländischen Unternehmen U2 [11]auf einem Drittmarkt in Konkurrenz tritt. Von besonderem Interesse für die Begriffsbildung ist jedoch der Fall C, in dem das ausländische Unternehmen U2 mit dem inländischen Unternehmen U1 auf dessen Heimatmarkt, d.h. im Inland, in Konkurrenz tritt. Selbst bei einer solchen Situation muss im Grunde von Internationalisierung gesprochen werden, da zumindest in der Konkurrenzanalyse der Aktionsraum des Unternehmens U1 von dem Aktionsraum des ausländischen Unternehmens U2 abhängt. Eine einseitige Ausrichtung des Internationalisierungsbegriffs auf die Fälle A und B erscheint aufgrund der Zusammenhänge in Fall C nicht angebracht. Im Folgenden soll unter Internationalisierung die länderübergreifende Ausdehnung des unternehmerischen Aktionsfeldes verstanden werden, die die Fälle A, B und C einschließt.
Abbildung 4: Grundstruktur des internationalen Wettbewerbs
2.1.2 Begriff der internationalen Unternehmung
Neben der oben dargestellten prozessualen Sichtweise der Auslandsaktivität existiert in der Literatur ein institutioneller Ansatz, der das Phänomen der Internationalisierung mit dem jeweiligen Unternehmen verknüpft (Dülfer, E., 2008). Danach gilt ein Unternehmen als international, wenn es Aktivitäten im Ausland durchführt. Da eine solche Sichtweise nicht an einen bestimmten Funktionsbereich gebunden ist, erfolgt die Klassifikation der internationalen Unternehmung unabhängig von der Art der Auslandsaktivitäten. Bedeutsam ist allerdings die Frage, ab welchem Grad des Auslandsengagements eine Unternehmung als international gelten kann, da sinnvollerweise nicht jede Auslandsaktivität, wie z.B. die bloße Kreditaufnahme im Ausland, zu einer internationalen Unternehmung führt.
Trotz vieler unterschiedlicher Messkonzepte zur Beurteilung des Internationalisierungsgrades, die vom Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz über die Anzahl der Beschäftigten im Ausland bis hin zur Höhe der Direktinvestitionen bzw. der Anzahl der Tochterunternehmen im Ausland reichen, ist eine schlüssige und eindeutige Festlegung bis heute nicht gelungen (Dülfer, E., 2008). Vor dem Hintergrund der Heterogenität verschiedener Branchen und Unternehmen erscheint deshalb eine ausschließlich quantitative Festlegung aufgrund inadäquater Messkonzepte problematisch.
[12]Eine über die quantitative Abgrenzung hinausgehende Klassifikation stellt die qualitative Orientierung an den Unternehmenszielen dar. Demnach gilt eine Unternehmung dann als international, wenn die Auslandsaktivitäten zur Erreichung und Sicherstellung der Unternehmensziele von wesentlicher Bedeutung sind. In diesem Sinne soll nachfolgend auch der Begriff des internationalen Unternehmens Verwendung finden. Dabei stellt sich jedoch weiterhin das Problem, wie diese Bedeutung gemessen werden kann.
In der Literatur sind weitere Begriffe wie transnationale, multinationale oder