Randolf Schrank

Internationales Management


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Westeuropa, in den Mittelpunkt strategischer Überlegungen der Marktbearbeitung gerückt und die Ansicht vertreten, dass es in Zukunft von zentraler Bedeutung für den Unternehmenserfolg sein wird, in diesen wichtigsten Regionen der Weltwirtschaft gleichzeitig und dauerhaft präsent zu sein. Voraussetzung für dieses strategische Handlungskonzept ist allerdings die Erhaltung oder Gewinnung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in allen drei Regionen. Im Rahmen der Globalisierung des Wettbewerbs wird die Erhaltung oder Gewinnung von internationalen Wettbewerbsvorteilen zur zentralen Herausforderung und Aufgabe der Unternehmensführung.

      Die neuen Globalisierungskonzepte dürfen sich aber nicht nur auf den Absatz- bzw. Marketingbereich beschränken, sondern müssen alle betrieblichen Teilbereiche im Sinne einer Querschnittsaufgabe umfassen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen wird somit nicht nur durch bestehende Produkte, Verfahren und Dienstleistungen, sondern auch durch die Innovationsfähigkeit des Managements, das Planungs- und Kontrollsystem sowie die effiziente Umsetzung strategischer Grundkonzepte in allen betrieblichen Teilbereichen bestimmt.

      Im Hinblick auf die Konkurrenzsituation in den Weltmärkten kann die Struktur des (weltweiten) Wettbewerbs durch eine „Internationale Jagdlinie“ dargestellt werden (Perlitz, M., 1985b). Aus ihr wird deutlich, dass Unternehmen aus einer Reihe von Entwicklungsländern zunächst solche aus Schwellenländern „jagen“, d.h., dass diese einem verschärften Wettbewerb durch Unternehmen aus der genannten Ländergruppe ausgesetzt sind. Bei den Schwellenländern handelt es sich hauptsächlich um Staaten aus Südostasien und zum geringeren Teil aus Lateinamerika sowie aus dem früheren Ostblock. Die Unternehmen aus den Schwellenländern „jagen“ ihrerseits wiederum Unternehmen aus den Industrieländern. Zwischen diesen beiden Länderblöcken vollzieht sich im Grunde der gleiche Prozess, der vor 20 bis 25 Jahren zwischen Japan und den westlichen Industrieländern begonnen hat. Damals machten die Japaner den Europäern und den Amerikanern z.B. die Stahlindustrie, den Schiffsbau und die Uhrenindustrie streitig. Heute produzieren die Schwellenländer mehr Stahl, Schiffe und Uhren als die Industrieländer.

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      Ähnliche Entwicklungen finden heute auf den Märkten für Automobile, Computer, Unterhaltungselektronik oder Kameras statt. So werden derzeit beispielsweise etwa 80% der Canon-Kameras außerhalb Japans gefertigt. Dieser Prozess der Verlagerung der Produktion von Industrieländern in erfolgreiche Schwellenländer setzt sich weiter fort.

      Die großen Herausforderungen kommen derzeit aus China und Indien. Beide Länder konkurrieren durch ihre Unternehmen in zunehmendem Maße mit Unternehmen aus den Industrienationen.

      Für die Unternehmen der Industrieländer ergibt sich aus der „Internationalen Jagdlinie“ die strategische Fragestellung, wen oder was sie eigentlich „jagen“? Für die Beantwortung dieser Frage sind grundsätzlich zwei strategische Denkansätze möglich.

      Der erste strategische Denkansatz wird durch die rückwärts gerichteten Pfeile in Abbildung 1 symbolisiert. Mit ihnen soll verdeutlicht werden, dass Unternehmen aus Industrienationen in bestehenden Produktbereichen gegen Anbieter aus Entwicklungsländern konkurrieren bzw. mit Unternehmen aus dieser Ländergruppe wettbewerbsfähig bleiben wollen. Dieser internationale Wettbewerb spielt sich be ispielsweise auf den Gebieten des Massenstahls, der Massentextilien, der Massenchemikalien, der Massenlederwaren und der Agrarprodukte ab. Die gleiche Herausforderung ergibt sich aus dem Versuch der westlichen Unternehmen, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit bei „höherwertigen“ Produkten gegenüber Unternehmen aus den Schwellenländern zu erhalten. Hierbei handelt es sich z.B. um Produkte wie Stahl, Schiffe, Automobile, Uhren, TV, Camcorder, oder Computer bzw. Computerchips.

      Hierdurch gewinnt der zweite strategische Denkansatz zunehmend an Bedeutung: Nur durch Innovationen, welche einen langfristig orientierten Wettbewerbsvorteil gegenüber den Schwellenländern ermöglichen, können die klassischen Industrienationen sich im internationalen Wettkampf durchsetzen. Während Probleme der Produkt- und Prozessinnovationen [7]von Unternehmen aus Industrieländern – insbesondere im Vergleich zu chinesischen Unternehmen – häufig Gegenstand von Untersuchungen sind, ist die Betrachtung von Strategieinnovationen bisher nicht in ausreichendem Maße in das Bewusstsein des Managements vorgedrungen. Jedoch gewinnt dieser Aspekt immer mehr an Bedeutung (Sommerlatte, T., 2011; Schrank R., 2008). Heute kann bei westlichen Unternehmen gerade im Bereich der Strategie eine auffallende Gleichförmigkeit der Grundkonzepte festgestellt werden, die mit bestimmten Schlagworten, wie z.B. Qualitäts- oder Kostenführerschaft, Lean Management, Reengineering, Konzentration auf Kernkompetenzen, Outsourcing u.ä.m., die gerade „en vogue“ sind, belegt werden. Letztlich führt jedoch diese Gleichförmigkeit der strategischen Denkansätze zu einem durchschnittlichen Erfolg und lässt exzellente Unternehmen seltener oder bisher exzellente Unternehmen immer durchschnittlicher werden (Peters, T.J./Waterman, R.H., 2007).

      Einerseits lässt sich das Aufholen asiatischer Unternehmen im Vergleich zu US-amerikanischen und europäischen Unternehmen erkennen, was eine zunehmende Veränderung der Wettbewerbssituation von Unternehmen aus westlichen Industrienationen gegenüber Konkurrenten aus anderen Regionen der Welt nach sich zieht. Andererseits gehörte 2011 ein großer Teil der wertvollsten Unternehmen der Welt nicht mehr zum produzierenden Gewerbe. Damit ergeben sich auch neue Problemstellungen für das Internationale Management, das sich bis heute sehr stark auf produzierende Unternehmen fokussiert hat.

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       Abbildung 2: Die teuersten Unternehmen der Welt

       Quelle: o.V. (FAZ), 2012

      [8]Im Zusammenhang mit der Tendenz einer weltweiten Strategieanpassung lässt sich feststellen, dass sich die unternehmerischen Probleme für alle Unternehmen „globalisiert“ haben. Solche Probleme sind z.B. zunehmender Wettbewerb, Globalisierung der Märkte, Marktsättigung, neue Spielregeln des Wettbewerbs oder stark schwankende Wechselkurse. So werden die Probleme für die Manager immer ähnlicher und es werden zunehmend die gleichen Methoden bzw. Konzepte benutzt, um diese Probleme strategisch zu bewältigen. Im Ergebnis kommt es damit heute zu einer „Globalisierung von Grundkonzepten und -methoden“, die von Amerika über Europa bis nach Japan bekannt sind und meist auch gleichzeitig angewandt werden. Die Zukunft wird zeigen, ob durch die neuen Schwellenländer China und Indien beziehungsweise Russland neue Wege des Managements gefunden werden.

      Diese Entwicklung führt zu einer Strategieanpassung der Wettbewerber an die erfolgreichsten Unternehmen („best practice“), die letztlich zum Modell für alle anderen werden. Das Ergebnis ist eine weltweite Strategieimitation, die letztendlich wiederum zu der angedeuteten Durchschnittlichkeit führt. Exzellente Unternehmen sind jedoch durch eine Andersartigkeit geprägt, die sehr eng mit dem Phänomen der Strategieinnovation verbunden ist. Vielleicht sind die japanischen Unternehmen in der Vergangenheit u.a. gerade deshalb so erfolgreich gewesen, weil sie noch genügend Potenzial für eine ausgeprägte Andersartigkeit besaßen, während europäische bzw. amerikanische Unternehmen zu ähnlich geworden sind. In diesem Zusammenhang sind chinesische oder indische Unternehmensstrategien auch interessant zu beobachten. Die Ende der 1990er Jahre extrem hohe Bewertung der sogenannten „Net-World“-Unternehmen kann auch nur durch deren Andersartigkeit erklärt werden (teilweise betrugen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse dieser Unternehmen bis zu 4000).

      Die Kurzlebigkeit solcher „Erfolgsstrategien“ zeigt sich anhand von Abbildung 3. Diese zeigt die – gemessen an ihrem Börsenwert – 20 wertvollsten Unternehmen der Welt der Jahre 1972, 1982, 1992 und 2011. Deutlich werden dabei vor allem zwei unterschiedliche Trends. Einerseits lässt sich das Aufholen der Japaner im Vergleich zu US-amerikanischen Unternehmen zumindest bis zu Beginn der 1990er Jahre erkennen, was eine zunehmende Veränderung der Wettbewerbssituation von Unternehmen aus westlichen Industrienationen gegenüber Konkurrenten aus