zum allgemeinen Verwaltungs- und -prozessrecht nicht gesehen werden. Hier leistet dieser Klausurenkurs entscheidende Hilfestellung, indem er die gängigen Fragestellungen exemplarisch behandelt.
1. Gewerberechtliche Grundbegriffe
Unverzichtbar ist mithin die Kenntnis der „Schlüsselbegriffe“ des öffentlichen Wirtschaftsrechts, die gerade nicht gesetzlich definiert, sondern von der Rechtsprechung entwickelt wurden. Über die Anwendbarkeit der öffentlichrechtlichen Vorschriften entscheidet regelmäßig der Begriff der „Gewerbsmäßigkeit“. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf aber auch die Person des Gewerbetreibenden (Fall 4), vor allem auch bei juristischen Personen in ausländischer Rechtsform (Fälle 3, 5, 8). Ein Einschreiten der Behörde setzt typischerweise den Verstoß gegen konkrete Pflichten des jeweiligen Fachgesetzes voraus, knüpft aber häufig auch an den Begriff der „Unzuverlässigkeit“ an (Fälle 4, 5, 6, 7, 11). Gerade beim genehmigungsbedürftigen Gewerbe stellt sich zudem die Frage nach dem Verhältnis der speziellen Vorschriften– insbesondere über Rücknahme und Widerruf von Genehmigungen – zum allgemeinen Verwaltungsrecht (Fall 9, 10). Das Marktgewerberecht stellt einen Klassiker für staatliche Allokationsentscheidungen dar (Fall 6).
2. Anzeigepflichtiges und genehmigungspflichtiges Gewerbe
Die entscheidende Weichenstellung für die Klausur erfolgt bei der Differenzierung nach anzeige- und genehmigungspflichtigen Tätigkeiten. Die Abgrenzung ergibt sich aus dem jeweiligen Gesetz, wobei für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung Ausnahmen von der an sich bestehenden Genehmigungspflicht vorgesehen sind (Fall 8).
Nach dem Vorbild von § 14 GewO kennen auch das Telekommunikations- und Energierecht Anzeigepflichten (vgl Fälle 10, 11). Typische Klausurkonstellationen betreffen nicht nur den jeweiligen Anwendungsbereich der Vorschriften, sondern auch die Frage der Durchsetzung von Anzeigepflichten. Da der Verstoß gegen Anzeigepflichten nicht automatisch zur Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden führt, ist in dieser Konstellation ein Einschreiten gegen die Tätigkeit als solche regelmäßig ausgeschlossen (Fäll 4 und 11).
Das genehmigungsbedürftige Gewerbe befindet sich insgesamt vor allem wegen der unionsrechtlichen Liberalisierungsbemühungen eher auf dem Rückzug. Gleichwohl liefert es mit dem Gewerbe- und Handwerksrecht examensrelevante Klausurkonstellationen (Fälle 4, 5, 7, 8). Aber auch die Frequenznutzung durch Einzelzuteilung nach § 55 Abs. 3 TKG (Fall 10) und das Betreiben von Energieversorgungsnetzen (Fall 11) folgen dem Grundmodell des genehmigungsbedürftigen Gewerbes. Die Klausuren betreffen entweder Rücknahme oder Widerruf einer Genehmigung (Fall 10) oder das Einschreiten gegen eine ohne die erforderliche Genehmigung aufgenommene Tätigkeit (Fälle 5, 7, 8). Standardkonstellationen sind Anfechtungsklagen gegen die Untersagung einer nicht erlaubten Tätigkeit, Verpflichtungsklagen auf Erteilung der erforderlichen Genehmigung bzw der Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen. Drittanfechtungsklagen von Konkurrenten scheitern grundsätzlich an Art. 12 GG, der keinen Schutz vor Konkurrenz bietet. Denkbar ist auch, dass die Behörde die Genehmigungsbedürftigkeit einer Tätigkeit feststellt oder gesetzliche Pflichten in einem VA konkretisiert, wogegen mit der Anfechtungsklage vorgegangen werden kann. Nicht selten stellt sich die Frage, ob die Genehmigungsbedürftigkeit mit unionsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist (Fälle 5, 8), sofern nicht bereits das nationale (und richtliniengeprägte) Recht ausdrücklich Ausnahmen vorsieht (zur Dienstleistungsrichtlinie und § 4 GewO
3. Kontrolle von Organisation und Marktverhalten, Infrastrukturgewährleistung
Nicht auf die gewerberechtlichen Grundstrukturen zurückführen lässt sich die Zugangs- und Entgeltregulierung vor allem in den sog. Netzwirtschaften (Fälle 9, 11). In allen Konstellationen bedarf die Frage nach der Rechtsgrundlage besonderer Prüfung. Die am gewerberechtlichen Vorbild orientierten Generalklauseln der jeweiligen Fachgesetze können diese nur bedingt liefern. Zudem weisen diese Materien vielfach prozessuale Besonderheiten auf. Entscheidungen der BNetzA sind hinsichtlich des Telekommunikationsrechts den Verwaltungsgerichten (Fälle 9, 10), hinsichtlich des Energiewirtschaftsrechts den ordentlichen Gerichten zugewiesen (Fall 11).
4. Staatliche Marktteilnahme, Privatisierung und Subventionierung
Die Grenzen zwischen staatlicher Aufsicht, Lenkung und Marktteilnahme verlaufen fließend, nutzt doch der Staat die Marktteilnahme bisweilen aktiv zur Steuerung eines Marktes und kann allein die bloße Marktteilnahme eines „marktmächtigen“ Akteurs einen Markt beeinflussen. Sowohl in den Fällen staatlicher Marktbeeinflussung (zu einer Werbekampagne der IHK Fall 3) wie auch der staatlichen Marktteilnahme stellt sich die Frage nach Abwehransprüchen, die entweder als öffentlichrechtlicher Unterlassungsanspruch in den Grundrechten wurzeln oder sich aus einfachgesetzlichen Vorschriften ergeben können (Fälle 3, 13, 15). Vor allem bei Klagen gegen die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand bedarf die Klagebefugnis privater Konkurrenten besonderer Prüfung.
In Fallkonstellationen, denen eine Privatisierung zugrunde liegt, sind nicht selten Grundkenntnisse des Verfassungs- und des allgemeinen Verwaltungsrechts gefragt. Hier ist es wichtig zu erkennen, dass es verschiedene Formen von Privatisierung gibt – überwiegend wird zwischen formeller, materieller und funktioneller Privatisierung unterschieden – und sich die öffentliche Hand durch eine „Flucht ins Privatrecht“ nicht (immer) ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen entledigen kann. Zumeist wird es im Fall darum gehen, die maßgeblichen verwaltungsprivatrechtlichen Vorgaben und das für den Fall besondere Rechtsregime herzuleiten (Fälle 13, 14). Nicht selten sind Privatisierungs-Fallkonstellationen ganz „eigenwillig“, etwa wenn eine Gemeinde für eine fehlgeschlagene Privatisierung Schadensersatz von Land wegen unzureichender Kommunalaufsicht verlangt (Fall 12), weshalb die „Sattelfestigkeit“ in den Grundstrukturen des öffentlichen Rechts hier besonders wichtig ist. Bei Beihilfen ist wegen ihrer wettbewerbsverzerrenden Wirkung regelmäßig die europarechtliche Zulässigkeit nach Art. 107, 108 AEUV zu prüfen (Fälle 16, 18, 20). Im nationalen Kontext ist die Herleitung eines Anspruchs auf eine Förderung eine rechtsdogmatische Herausforderung. Dabei kann, genauso wie bei der Rückforderung, in prozessualer Hinsicht die „Zwei-Stufen-Theorie“ eine zentrale Rolle spielen. Die besondere Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass die Behörde bei der Subventionsvergabe grds. zwischen Subventionsbescheid, öffentlichrechtlichem und zivilrechtlichem Vertrag wählen kann. Aus der Handlungsformenwahl ergibt sich als „Kehrseite“ daraus auch das Rückforderungsregime. Während sich bei Subventionsbescheiden die Rückforderung – auch im Fall einer europarechtswidrig gewährten Beihilfe – nach §§ 48, 49, 49a VwVfG bestimmt (Fälle 17 und 18), liefert bei zivilrechtlichen Verträgen das Bereicherungsrecht den Ausgangspunkt, wird allerdings tlw von öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzgesichtspunkten überlagert (Fall 16).
Die öffentliche Hand nimmt schließlich durch ihr Nachfrageverhalten am Markt teil. Auch hier geht es nicht darum, die Details der Vergabeverordnung zu kennen, sondern die Grundstrukturen zu beherrschen und sich im undurchsichtigen Normengeflecht des Vergaberechts zurechtzufinden. Regelmäßig werden vor allem drei große Fragenkreise angesprochen sein: die Untersuchung eines Sachverhalts darauf, ob eine vergaberechtsrelevanter Vorgang vorliegt, die Ordnungsgemäßheit der Durchführung eines Vergabeverfahrens und Fragen nach dem vergaberechtlichen Rechtsschutz (Fall 20). Deshalb ist es wichtig, den Grundaufbau zur Prüfung eines vergaberechtlichen Vorgangs zu kennen (Fälle 15, 19). Nicht selten sind vergaberechtliche Fragen in übergreifende Fragenkomplexe eingebettet (zu einer Amtshaftungskonstellation Fall 12; zum Zusammenspiel von Vergabe- und Beihilfenrecht Fälle 13, 18 und 19).
Fall