Funktionieren des Binnenmarktes verbessern. Ausdrücklich ist in Art. 114 AEUV bestimmt, dass Unionsmaßnahmen der Verwirklichung der Ziele des Art. 26 AEUV dienen müssen. Gemäß Art. 26 Abs. 2 AEUV, der die erforderlichen Maßnahmen für die Verwirklichung des Binnenmarktes zum Gegenstand hat, umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist. Eine allgemeine Kompetenz widerspräche dem Wortlaut dieser Bestimmung. Nicht zuletzt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art 5 Abs. 1 und 2 EUV) steht einer Auslegung, die allein auf die Binnenmarktrelevanz abstellt, entgegen.
Ferner folgt aus Art. 114 Abs. 1 S. 1 AEUV, dass nicht bereits die bloße Feststellung von Unterschieden zwischen den nationalen Vorschriften und die abstrakte Gefahr von Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten oder daraus möglicherweise entstehenden Wettbewerbsverzerrungen die Wahl von Art. 114 AEUV als Rechtsgrundlage rechtfertigen kann, sondern der fragliche Rechtsakt tatsächlich den Zweck haben muss, die Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern.[1] Ausdrücklich ist die besondere Rechtsgrundlage des Art. 114 Abs. 1 S. 1 AEUV entgegen der allgemeinen Ermächtigungsklausel Art. 115 AEUV „für die Verwirklichung der Ziele des Artikels 26 AEUV“ konzipiert.[2]
Das schließt eine Anwendung des Art. 114 AEUV als Rechtsgrundlage nicht aus, um der Entstehung neuer Hindernisse für den Handel infolge einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen. Das Entstehen solcher Hindernisse muss jedoch wahrscheinlich sein und die fragliche Maßnahme ihre Vermeidung bezwecken.[3]
Nicht auf Art. 114 AEUV gestützt werden können Bestimmungen über die Freizügigkeit (Art. 114 Abs. 2 AEUV). Soweit daher der freie Personenverkehr insbesondere im Bereich der Dienstleistungsfreiheit betroffen ist (zB Werbeagenturen), kann nicht Art. 114 Abs. 1 AEUV als Rechtsgrundlage herangezogen werden, wenn die betreffende Dienstleistung die Freizügigkeit betrifft. Eine Harmonisierung von Regelungen zu Dienstleistungen kommt dann nur nach Art. 53 Abs. 1 AEUV iVm Art. 62 AEUV in Betracht (s. unten V.).
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Allerdings könnte Art. 168 Abs. 5 AEUV einer Anwendung des Art. 114 AEUV entgegenstehen, der „jegliche Harmonisierung“ von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich ausschließt. Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht eindeutig, ob diese Bestimmung dahingehend auszulegen ist, dass nur Maßnahmen unzulässig sein sollen, die primär auf den Schutz und die Förderung der menschlichen Gesundheit ausgerichtet sind. Für eine restriktive Auslegung spricht, dass Art. 114 AEUV selbst zur Verwirklichung des Binnenmarktes eine grundsätzlich umfassende Regulierung ermöglicht. Art. 114 Abs. 3 AEUV schreibt ausdrücklich vor, dass bei Harmonisierungen von einem hohen Gesundheitsschutzniveau ausgegangen wird.[4] Außerdem ergibt sich aus Art. 168 Abs. 5 AEUV nicht, dass auf der Grundlage anderer Vertragsbestimmungen erlassene Harmonisierungsmaßnahmen nicht Auswirkungen auf den Schutz der menschlichen Gesundheit haben dürften. Gerade der Ausnahmecharakter der Bestimmung spricht für ein restriktives Verständnis. Der rechtspolitische Hintergrund der beschränkten Unionszuständigkeit im Bereich des Gesundheitsschutzes ist, dass eine Nivellierung der hohen Gesundheitsstandards in einzelnen Mitgliedstaaten auf ein niedrigeres Unionsniveau ausgeschlossen sein soll; den Mitgliedstaaten soll die Option offengehalten werden, ein Optimum an Gesundheitsschutz zu ermöglichen. Das in Art. 168 Abs. 5 AEUV niedergelegte Harmonisierungsverbot kann daher nur so ausgelegt werden, dass es Harmonisierungsmaßnahmen in den Kernbereichen der Gesundheitspolitik verbietet.[5] Das schließt eine Harmonisierung selbst dann nicht aus, wenn sie im Schwerpunkt dem Gesundheitsschutz dient, solange die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes verbessert werden.[6]
Allerdings dürfen andere Artikel des AEUV nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, um den ausdrücklichen Ausschluss jeglicher Harmonisierung gemäß Art. 168 Abs. 5 AEUV zu umgehen.[7]
2. Abbau von Behinderungen der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts
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Eine Beschränkung des Binnenmarktes ist durch Hemmnisse oder Wettbewerbsverzerrungen möglich, die aus unterschiedlichen nationalen Vorschriften resultieren.
Die Beseitigung von Hemmnissen des freien Warenverkehrs: Für die Frage, inwieweit mit der Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung Hemmnisse des Binnenmarkts aufgehoben werden sollen, ist zu unterscheiden zwischen den Süßigkeitenprodukten selbst, Waren und Dienstleistungen, die zwischen den Mitgliedstaaten gehandelt werden und nicht ausschließlich als Medien für die Werbung zur Absatzsteigerung der Süßigkeiten dienen (zB Zeitungen und Zeitschriften), und Waren und Dienstleistungen, die im Einzelfall ausschließlich als Medium der Werbung für Süßigkeiten dienen (Plakate, Kinowerbung).
(1. Gruppe der Hersteller von Süßigkeiten) Mitgliedstaatliche Werbeverbote hemmen den Vertrieb von Süßigkeiten; ein unionsweites Süßigkeitenwerbeverbot fördert den Handel mit diesen Erzeugnissen nicht. Zur Beseitigung von Hemmnissen des Binnenmarkts für Süßigkeiten kann die Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung deshalb nicht auf Art. 114 AEUV gestützt werden.
(2. Gruppe der Presseunternehmen und anderer Medien, die nicht ausschließlich für die Werbung zur Absatzsteigerung von Süßigkeiten eingesetzt werden) Kein Mitgliedstaat hat bisher ein Einfuhrverbot oder Einfuhrbeschränkungen für Presseunternehmen und andere Medien, die nicht ausschließlich für die Werbung zur Absatzsteigerung von Süßigkeiten eingesetzt werden, beschlossen. Das gilt auch für Mitgliedstaaten, in denen diese Werbung untersagt ist. Zwar unterliegt die Ein- und Ausfuhr von Presseerzeugnissen und anderen Medien der Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV und Art. 35 AEUV), eine Beschränkung dieses Marktes durch einzelne Mitgliedstaaten kann aber nicht ausgeschlossen werden, insbesondere weil Art. 36 AEUV Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit aus Gründen des Gesundheitsschutzes zulässt. Wegen der Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften, die zu einer immer stärkeren Beschränkung der Werbung für Süßigkeiten führt und der Überzeugung entspricht, dass diese Werbung den Süßigkeitenkonsum spürbar erhöht, erscheint es sogar als wahrscheinlich, dass künftig Hindernisse für den freien Verkehr von Presseerzeugnissen und anderen Medien entstehen werden.
Dieser Handel mit Presseerzeugnissen ist ebenso wie der anderer Medien auch zwischen den Mitgliedstaaten relativ bedeutend und wird an Bedeutung zunehmen. Das betrifft nicht nur Presseerzeugnisse in Mitgliedstaaten, in denen die gleiche Sprache gesprochen wird. Ein erheblicher grenzüberschreitender Verkehr besteht auch für Presseerzeugnisse zwischen Mitgliedstaaten, in denen unterschiedliche Sprachen gesprochen werden und hat seinen Grund vor allem im gesteigerten Mobilitätsverhalten der Europäer, das primärrechtlich durch die Freizügigkeitsregelungen vereinfacht wird (vgl Art. 21 AEUV). Für elektronische Medien ist der grenzüberschreitende Verkehr ohnehin offensichtlich.[8]
Die Verhinderung dieser möglicherweise künftigen Hemmnisse der Presseerzeugnisse und anderer Medien fördert den Binnenmarkt in diesem Bereich. Das genügt, um eine Regelungskompetenz der Union insoweit zu begründen.
(3. Gruppe der Medien, die ausschließlich für die Werbung zur Absatzsteigerung von Süßigkeiten eingesetzt werden) Anders für die übrigen Formen von Werbung für Süßigkeiten: Entsprechende Verbote von Werbung auf Plakaten, Sonnenschirmen und Fahnen stellen sicherlich ein Hemmnis für den Binnenmarkt dieser Produkte dar. Im Gegensatz zu den nichtausschließlichen Werbeträgern würde ein unionsweites Süßigkeitenwerbeverbot den Handel mit den betroffenen Erzeugnissen aber nicht fördern, sondern weiter beschränken. Hier betrifft das Verbot das Medium selbst. Hemmnisse für den freien Verkehr von Werbeträgern in diesem Werbesektor können durch ein umfassendes Süßigkeitenwerbeverbot folglich auch nicht beseitigt werden.
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Die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen: Fraglich ist, ob bereits jede Form der Wettbewerbsverzerrung eine Harmonisierung durch die Union ermöglicht. Würde man das Überschreiten einer gewissen Mindestschwelle nicht für erforderlich halten, wären der Zuständigkeit des Unionsgesetzgebers praktisch keine Grenzen gezogen. Zwischen den nationalen