Achim Bönninghaus

Schuldrecht Besonderer Teil I


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Käufer i.S.d. § 446 vor.[24] Andernfalls wäre § 447, der diesen Fall regelt, überflüssig.

      bb) Annahmeverzug des Käufers (§ 446 S. 3)

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      Hinweis

      Beachten Sie bei der Frage der „Zufälligkeit“ in diesem Zusammenhang die Haftungsbeschränkung in § 300 Abs. 1!

      Dies rechtfertigt sich damit, dass der Verkäufer hier das seinerseits zur Leistung Erforderliche getan hat und die Erfüllung durch die fehlende Mitwirkung des Käufers vereitelt wurde. Der Verkäufer hat deswegen seinen Kaufpreis bereits in voller Höhe „verdient“.

      Kann K im Beispiel noch Lieferung anderer Gläser verlangen?

      Beispiel

      V hat dem K Fenstergläser aus seiner Produktion verkauft, die er dem K am 20.10. bringen soll. K ist jedoch nicht anwesend, so dass V unverrichteter Dinge abzieht. Auf dem Rückweg werden die Fenstergläser infolge leichter Fahrlässigkeit (vgl. § 300 Abs. 1) des V zerstört. V behält seinen vollen Zahlungsanspruch gegen K.

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      aa) Anwendbarkeit

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      Beim Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 Abs. 1 findet § 447 Abs. 1 gem. § 475 Abs. 2 grundsätzlich keine Anwendung.

      Eine Ausnahme besteht nach dieser Vorschrift nur in den seltenen Fällen, dass nicht der verkaufende Unternehmer, sondern der Verbraucher seinerseits die Transportperson ausgesucht und beauftragt hat.

      bb) Versendungsverlangen des Käufers

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      § 447 kommt zur Anwendung, wenn der Verkäufer die Kaufsache „auf Verlangen des Käufers“ an einen anderen Ort als den Erfüllungsort versendet.

      cc) Auseinanderfallen von Erfüllungsort und Versandadresse

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      Hinter § 447 steckt folgender Gedanke: Im gesetzlichen Regelfall der Holschuld müsste sich der Käufer die Sache eigentlich beim Verkäufer abholen – denn dort befindet sich der Leistungsort. Wenn der Käufer sich die Sache aus Bequemlichkeit zuschicken lässt, nimmt der Verkäufer ihm die Wegstrecke ab und organisiert den Transport, also das, was der Käufer eigentlich selber hätte tun müssen. Mit dem Transport sind nun typischerweise erhöhte Gefahren für die Unversehrtheit der Sache verbunden. Diese sollen grundsätzlich zu Lasten des (bequemen) Käufers gehen, um den Verkäufer nicht mit unkalkulierbaren Risiken zu belasten. Übernimmt der Verkäufer nicht nur die Absendung, sondern will er den ganzen Transport selber durchführen, trägt er auch die Transportgefahr. § 447 ist auf die Bringschuld nicht anwendbar. Dort fallen Leistungs- und Erfolgsort zusammen, und die Sache wird nicht „nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort“ versendet.

      Hinweis

      Beim Versendungskauf ist der Verkäufer als Schickschuldner verpflichtet, am Leistungsort die Handlungen vorzunehmen, die den Eintritt des Leistungserfolges (Verschaffung mangelfreien Eigentums und Übergabe) am Ablieferungsort bewirken: Beauftragung und Anweisung eines Transporteurs, Aussonderung der mangelfreien Ware und Übergabe der Ware an die beauftragte Transportperson.

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      Um § 447 anwenden zu können, genügt die Feststellung, dass sich die Parteien darauf verständigt haben, dass der Käufer die Ware nicht abholen muss, sondern geliefert bekommt, noch nicht. Dann ist erst einmal nur entschieden, dass keine Holschuld vorliegen kann. Es kommen aber noch Bringschuld und Schickschuld (= Versendungskauf) in Betracht, die nun voneinander abgegrenzt werden müssen.

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      Beispiel

      V hat seinen Geschäftssitz in Berlin-Friedrichshain. K möchte, dass V ihm die Ware zu sich nach Hause in Berlin-Zehlendorf zusendet.

      Die andere Ansicht mag zwar den Wortlaut auch für sich in Anspruch nehmen, führt aber zu unsinnigen Ergebnissen und ist deshalb abzulehnen: Versendet ein Verkäufer einen Gegenstand in ländlicher Gegend, so können die Gemeindegrenzen schon bei einem Transportweg von wenigen Kilometern überschritten werden. Es ist aber nicht einzusehen, warum dieser Verkäufer besser stehen sollte als derjenige, der eine Sache innerhalb einer Großstadt 30 km weit transportieren muss. Das Transportrisiko wird von der Frage, ob die „virtuellen“ Grenzen