Sebastian Burger

Praxis der Selbstanzeige


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Söhne. Die Eltern wollen aufdecken, sehen sich aber daran gehindert, weil ein Sohn erkannt hat, dass aus den Erträgnisaufstellungen der Bank nicht nur die Vermögensendstände jeweils zum 31.12. des Jahres und die angefallenen Kapitalerträge, sondern auch die Anzahl der Konten ersichtlich ist. Da isolierte Bankunterlagen nicht dokumentierbar sind, scheitert eine Nachmeldung am Diskretionsbedürfnis des einen Sohnes im Staatsdienst sowie dessen Familie.

      Auch außerhalb des engsten Familienkreises sind spannende Konstellationen der Mittelzurechnung möglich, die eine geordnete Beratung zumindest erschweren.

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      Beispiel

      Ein Mandant steckt in dem Dilemma, dass das ausländische Geldvermögen ausschließlich auf seinen Namen lautet. Die auf dieser Basis vorbereitete Nachmeldung, mit der er die Geldmittel offiziell machen würde, käme ihn jedoch wirtschaftlich überaus teuer zu stehen. Er macht geltend, das Geld stamme ursprünglich jeweils zu einem Drittel von den beiden in Fernost lebenden Brüdern seiner asiatischen Ehefrau, die nun gerne ihr Geld zurück hätten. Der zukünftigen gemeinsamen Lebensplanung in Singapur nach dem Ruhestand seiner Frau sowie der dortigen rigiden „Weißgeldstrategie“ der Banken geschuldet, entscheidet er sich für die Selbstanzeige und hofft, dass sich das Finanzamt von dem ungewöhnlichen Lebenssachverhalt überzeugen lässt. Hilfsweise bleibt ihm nur übrig, auf asiatische Duldsamkeit und Familiensinn zu hoffen.

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      Verschiedene Beratungsalternativen tun sich auch außerhalb der klassischen Familie bei zusammengelegten Geldvermögen auf:

      Beispiel

      Ein gleichgeschlechtliches Paar besitzt ein Konto bei einer ausländischen Bank zusammen mit der entfernt wohnenden Schwester eines Partners. Die genaue Zusammensetzung der jedem Einzelnen zustehenden Kontenanteile ist ebenso unklar wie weitestgehend auch die steuerlichen Verhältnisse. Bruder und Schwester sind seit Jahren nicht mehr beim Finanzamt geführt. Als praktikabel und konsensfähig mag bei dieser Konstellation eine Nachversteuerung über den Lebenspartner erscheinen, der bisher mit dem Finanzamt lediglich über die Arbeitnehmerveranlagung zu tun gehabt hatte, bei entsprechendem Ausgleich im Innenverhältnis.

      2. Kapitel Die Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären?II. Personen(anzahl)bezogene Überlegungen › 2. Mehrpersonenfälle

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      Bei den eben dargestellten Fallkonstellationen mit einer zunächst nach Personenanzahl und Einzelfallkomplexität überschaubaren Beratungssituation ergeben sich, selbst bei sich im Rahmen der Beratung herauskristallisierenden „Tempoverschärfungen“, dennoch regelmäßig im wesentlichen gleichgelagerte Interessen, die alle Beteiligten zufriedenstellende Lösungsansätze erlauben.

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      Fallbeispiel 1:

      Die im Norden der Republik lebende Schwester hatte bereits 2012 aus „Vereinfachungsgründen“ ein Auslandskonto der Bank A (kein Namenskonto) vollständig bei sich nachversteuert. 2014 will nun der Bruder als Beamter noch nach geltendem Recht „reinen Tisch“ machen, da er von den ab 2016 geplanten Kontenmeldungen aus Luxemburg und Österreich gelesen hat. Zu melden wären jeweils die hälftigen Einkünfte bei 3 Banken. Trotz der durchgängig mitversteuerten Hälfte der Einkünfte bei Bank A hätte die Schwester wegen Nichtversteuerung ihrer Hälfte der beiden anderen Auslandsbanken bei zu erwartender gesonderter Gewinnfeststellung, bzw. Kontrollmitteilung die Aufdeckung der Selbstanzeige als unwirksam zu gewärtigen, falls der Bruder wahrheitsgemäß neben der Mitinhaberschaft bei Bank A auch die hälftigen Einkünfte bei den beiden anderen Banken offenlegt. Bei entsprechender Materiallieferung (Ertragsaufstellungen der drei Banken) wäre die Meldung an das Wohnsitzfinanzamt der Schwester über die Veranlagungsform der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung bzw. eine Kontrollmitteilung unumgänglich.

       Lösungsansatz:

      Da die von den Eltern vererbten (steuerlich und steuerstrafrechtlich verjährt) Konten bei A sowie der zwei anderen Banken zusammen sich summenmäßig entsprachen, hatte der Bruder die Einkünfte vollständig bei sich nachgemeldet. So ist die Schwester nicht kompromittiert bei vollständig versteuerten (beide hatten vergleichbare Steuersätze) ausländischen Kapitalerträgen und der Fall mit den zwei isolierten Veranlagungen bei den Wohnsitzfinanzämtern geräuschlos abgeschlossen.

      Solche praktisch orientierten einfachen konsensualen Lösungen gelingen bei Mehrpersonenverhältnissen, wozu letztlich aufgrund im wesentlichen einheitlicher Interessenlage auch die meisten Erbengemeinschaften zu rechnen sind, nur, wenn die Beteiligten im Sinne eines größeren Ganzen imstande sind, sich „zusammenzuraufen“.

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      Ansonsten fallen „Beratungen aus einem Guss“ bei den in der jeweiligen Beratungssituation rechtlich oder persönlich vorgegebenen Mehrpersonenverhältnissen aufgrund der oftmals auftretenden persönlichen und/oder wirtschaftlichen Interessenkonflikten zumindest wesentlich schwerer. Oftmals lässt sich hier nicht vermeiden, dass sich aus einer Selbstanzeigeberatungssituation zivilrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Folgekonstellationen ergeben, deren potenzielle Auswirkungen dann bei der Beratung mit zu bedenken sind.

      2. Kapitel Die Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären?II. Personen(anzahl)bezogene Überlegungen › 3. Uneinheitliche Erbengemeinschaften

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      Das Hauptproblem bei Erbengemeinschaften besteht für den Berater in tatsächlicher Hinsicht darin, die Interessen aller Beteiligten „unter einen Hut“ zu bringen.

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      Beispiel

      Die einfachste Fallkonstellation dieser Kategorie besteht in einer Erbengemeinschaft, in der sich alle Erben bis auf einen darin einig sind, das bisher nicht bekannte Auslandsvermögen – ergänzend zur bisherigen Erbschaftsteuererklärung (on top) – nachzuerklären und die Kapitalerträge hieraus für die Vergangenheit im Rahmen einer Selbstanzeige nachzuversteuern. Das bisher abweichende Mitglied der Erbengemeinschaft lässt sich überzeugen und deckt im Rahmen seiner vollständigen Selbstanzeige noch ein bisher nicht versteuertes weiteres Auslandskonto auf.

      Wir empfehlen in komplexeren Fallkonstellationen, dass die Parteien aufeinander zugehen und zumindest versuchen, miteinander zu sprechen. Dies dürfte zumindest im Normalfall nicht nur den Familienbanden im Ansatz geschuldet sein, sondern gebietet im Hinblick auf ein mögliches Ziel, spätere zivilrechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, auch die Klugheit.

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      Fallbeispiel 2:

      Ein ausländisches Vermögen, vor 10 Jahren auf mehrere über die Republik verstreut wohnende Geschwister aufgeteilt, soll für die Begünstigten „weiß“ gemacht werden. Ursprünglich hatte der Erblasser seine Lebensgefährtin testamentarisch und seinen Sohn aus erster Ehe durch Übertragung eines Auslandskontos „abgesichert“, der nach dem Tod des Vaters mit seinen Stiefgeschwistern das Auslandskonto „brüderlich“ geteilt hat. Nachdem die Lebensgefährtin ihr Erbe unabhängig nachgemeldet hatte, stellt sich für die Geschwister die Frage nach der weiteren Vorgehensweise.

       Lösungsansätze:

      Mögliche Alternativen wären: 1. Sachverhalt lückenlos und für alle Beteiligten aufdecken und vollständig Kapitalerträge und Schenkungen nachversteuern. 2. Die Geschwister melden jeder für sich beim jeweiligen Wohnsitzfinanzamt die Kapitaleinkünfte aus dem jeweils