jedoch nur dann relevant, wenn – bei Vorhandensein im Übrigen gleich geeigneter Mitbewerber – einzig T-Systems die Möglichkeit eines Sponsorings eingeräumt worden wäre. Dann nämlich wäre die Sponsoringvereinbarung eine Art verdeckter Preisnachlass und strukturell sog. Kick-Back-Zahlungen ähnlich.[25] Die Änderungen im Wortlaut der Vorschriften § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F. wirken sich nicht auf die skizzierte Grenze der Strafbarkeit im Bereich des Sponsorings in der o.g. Situation aus, die seitens der Staatsanwaltschaft noch nach § 299 StGB a.F. beurteilt wurde.[26]
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Neben den gerade dargestellten klassischen Korruptionsdelikten sind in der Praxis auf dem schmalen Grat zwischen Sponsoring und strafbarer Korruption § 266 StGB – Untreue z.B. durch Bildung „schwarzer Kassen“ (siehe hierzu Rn. 46) oder durch Bestechung – und § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO (Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall) am relevantesten.[27]
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Für aufzustellende CMS im Sponsoring-Bereich sollte darauf geachtet werden, sowohl bei der Planung als auch der Ausführung, transparent und im Einklang mit den Formalien zu handeln. Die Kriterien zur Auswahl eines Sponsoring Partners sollten auch nach außen hin nachvollziehbar sein und die Wettbewerbs- und Chancengleichheit potentieller weiterer Sponsoren wahren. Zudem sollten schon zu Beginn potentielle Interessenskonflikte beleuchtet und Verknüpfungen mit anderen Verträgen (Kopplungsgeschäfte) vermieden werden.[28]
2. Einladungen
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Sport hat ein gutes Image und Sportveranstaltungen faszinieren. Eintrittskarten sind häufig limitiert. Dennoch: Die Teilnahme an großen Sportevents bringt regelmäßig die Augen der Zuschauer zum Leuchten – egal, ob es Kinder, der Vorstandsvorsitzende eines DAX-Konzerns oder die Bundeskanzlerin sind. Außerdem ist die Stimmung gut, die Sorge um das leibliche Wohl im Rahmen der Hospitality[29] stimmt und in angenehmer Atmosphäre lässt sich einiges gut besprechen. Außerdem sind bei den absoluten Topevents die Kartenkapazitäten knapp. Kurzum: Glücklich kann sein, wer kostenlos ein Ticket zu einem Top-Sportevent erhascht.
a) Einladungen an Amtsträger
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Sportvereine und -veranstalter laden besonders gerne Politiker und andere Amtsträger ein. Dies ist nicht per se verwerflich. Bei Veranstaltungen die kraft Dimension einem Staatsakt gleichkommen (wie etwa das Finale einer Fußballweltmeisterschaft) – auch wenn es natürlich rechtlich private Veranstaltungen eines eingetragenen Vereins nach schweizerischem Recht, der FIFA, bleiben – lässt sich die Anwesenheit der Bundeskanzlerin und des Bundespräsidenten (wie etwa beim Finale der Fußball-WM 2014 in Brasilien beim Spiel Deutschland – Argentinien) aus Repräsentationsgründen ohne Weiteres vertreten. So hoch muss man gar nicht greifen, um einzusehen, dass der Landrat bei einem seinen Beritt betreffenden Leichtathletikwettbewerb oder die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln bei den Heimspielen des 1. FC Köln anwesend sein kann, um seine/ihre Verbundenheit mit der Gebietskörperschaft und den sporttreibenden Einwohnern zu unterstreichen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Staat auf kommunaler und Landesebene den Amateursport und der Bund auf Bundesebene i.d.R. nur den Leistungssport z.T. durch erhebliche Investitionen und Zuschüsse fördert. Auf der anderen Seite bleibt diese Einladung auch für den eingeladenen Politiker, auf welcher Ebene auch immer, mit Annehmlichkeiten verbunden. Hierzu gehört das Treffen außergewöhnlicher und besonderer Menschen, die ihren Platz im Sport gefunden haben, die Exklusivität der Behandlung und des zugewiesenen Platzes, das Ticket als Eintrittskarte an sich und – selbstverständlich – die Unentgeltlichkeit einschließlich der häufig nicht zu verachtenden Hospitality-Dienstleistungen. Das mag neben den vielen Entbehrungen und Anstrengungen zu den Annehmlichkeiten dieser Ämter gehören und deswegen im Ausgangspunkt mehr als gerechtfertigt sein. Allerdings ist dem Sport der Kontakt auf dieser Ebene mit diesen Vergünstigungen im Hintergrund sicherlich auch nicht abträglich, mit dem politischen Vertreter in einen Austausch über die sportbezogenen Themen zu kommen. Diese Vertreter sind aber zugleich häufig auch Entscheider über viele den Sport betreffenden Fragen. Hier muss nicht nur an die offensichtlichen Dinge wie öffentliche Zuschüsse oder sonstige Subventionen gedacht werden. Es ist der Oberbürgermeister oder der Landrat, der (als Behörde, freilich nicht in persona) über die Baugenehmigung für die beabsichtigte Erweiterung eines Trainingsgeländes oder über die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für den Topathleten entscheidet, der das Team des örtlichen Clubs in der nächsten Saison verstärken soll. Dass die die Bundeskanzlerin oder Ministerpräsidenten, Bundes– und Landesminister oder auch hohe Ministerialbeamte Einfluss auf sportbezogene Gesetze, Förderungen und Entscheidungen haben können, liegt auf der Hand. Um einer unlauteren Verquickung von Vorteil und Amtsausführung in diesem Bereich zu verhindern, gibt es die strengen Regeln der Straftaten im Amt nach den §§ 331 bis 334 StGB, also die Vorteilsannahme (§ 331 StGB) und als Qualifikation die Bestechlichkeit (§ 332 StGB) aus Sicht des Amtsträgers und als Qualifikation die Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB) aus Sicht des Einladenden.
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Der Schulfall in diesem Bereich ist der zwischenzeitlich berühmte Fall von Utz Claassen, der zur Tatzeit – im Vorfeld der Fußball-WM 2006 in Deutschland – Vorstandsvorsitzender der EnBW war.[30] Der Energiekonzern EnBW trat als Hauptsponsor der Fußball-WM 2006 auf. Die Marketingabteilung des Konzerns hatte dazu ein Sponsoringkonzept zur Verteilung von ca. 14.000 Eintrittskarten entwickelt. Es sah u.a. vor, einen kleinen Teil der Karten für Repräsentanten aus Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Politik zu verwenden, um den Eingeladenen die Gelegenheit zu geben, ihre entsprechenden Institutionen zu präsentieren und repräsentieren und zugleich die Rolle von EnBW werbewirksam hervorzuheben. Am 20.12.2005 unterzeichnete Claassen ca. 700 Weihnachtsgrußkarten. Adressaten waren Personen, deren Daten in seiner „VIP-Datei” gespeichert waren. Unter den in einigen Fällen zusätzlich übersandten Präsenten befanden sich mit dem offiziellen Sponsorenlogo der EnBW versehene Gutscheine für Logenplätze bei einem WM-Spiel in Stuttgart oder Berlin. Sie wurden u.a. an den Ministerpräsidenten und fünf Minister des Landes Baden-Württemberg (für jeweils zwei Eintrittskarten) sowie an den beamteten Staatssekretär im Berliner Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (für eine Eintrittskarte) verschickt. Die Minister und Beamten waren im Rahmen ihrer Ressortzuständigkeit mit Angelegenheiten befasst, die für die Geschäftspolitik und den wirtschaftlichen Erfolg der EnBW oder Claassen persönlich von erheblicher Bedeutung waren. Nachdem in der Presse über die Versendung der Gutscheine berichtet worden war und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Mitte Februar 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen Claassen eingeleitet hatte, lehnte der baden-württembergische Ministerpräsident die Einladungen namens der Regierungsmitglieder ab. Sämtliche Mitglieder der Landesregierung hatten jedoch anderweitig freien Zugang mit Begleitung jedenfalls zu den WM-Spielen in Stuttgart. Das Landgericht Karlsruhe hatte Claassen vom Vorwurf der Vorteilsgewährung in sieben Fällen freigesprochen.[31] Diesen Freispruch hat der Bundesgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung, die auf die Revision der Staatsanwaltschaft ergangen ist, gerade noch – wenn auch mit einem deutlich vernehmbaren Zähneknirschen – hingenommen.
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Der Freispruch von Claassen beruhte letztlich auf einer nicht nachweisbaren Verknüpfung des Vorteils mit der Dienstausübung der Eintrittskartenempfänger.[32] Hierbei kann kein Zweifel bestehen, dass solche Eintrittskarten einen Vorteil i.S.d. §§ 331 ff. StGB darstellen. Nach den Feststellungen des Landgerichts konnte auch nicht ernsthaft bestritten werden, dass dieser Vorteil einen Bezug zur Dienstausübung[33] der eingeladenen Amtsträger hatte. Kern der Tatbestände ist jedoch die inhaltliche Verknüpfung von Dienstausübung und Vorteilszuwendung, die gemeinhin als „Unrechtsvereinbarung“ im Sinne einer (zumindest angestrebten) Übereinkunft zwischen dem Amtsträger und dem Vorteilsgeber beschrieben wird.[34] Das Landgericht hatte zwar gesehen, dass