zu vollen Bezügen bei gleichzeitiger Freistellung von ihren Dienstpflichten.[65] Politische Spenden, die ja gerade gegenleistungsfrei gewährt werden sollen (Rn. 17), müssen sich nicht an § 44a Abs. 2 S. 3 AbgG messen lassen; dies stellt § 44a Abs. 2 S. 4 AbgG klar (Rn. 14).
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§ 44a Abs. 2 S. 1 AbgG, dem zufolge ein Mitglied des Bundestages „[f]ür die Ausübung des Mandats [. . .] keine anderen als die gesetzlich vorgesehenen Zuwendungen oder andere Vermögensvorteile annehmen [darf]“, verbietet Zusatzdiäten, Honorare oder Belohnungen für Tätigkeiten, die zur Ausübung des Mandats gehören, ebenso wie materielle Vorteile, die auf den Erhalt oder die Herstellung des Wohlwollen des Abgeordneten bei der künftigen Wahrnehmung seines Mandats abzielen („Klimapflege“). Für einen Vortrag, den er in seiner Funktion als Abgeordneter hält, darf ein Mandatsträger also kein Honorar annehmen. Den Gepflogenheiten der Höflichkeit geschuldete Dankbarkeitsgesten oder sonstige sozialadäquate Zuwendungen sind selbstverständlich unproblematisch. Nicht von § 44a Abs. 2 S. 1 AbgG verboten, weil „gesetzlich vorgesehen“, sind ferner Zulagen, die Fraktionen besonderen Funktionsträgern (Fraktionsvorsitzenden, Parlamentarischen Geschäftsführern etc.) gewähren (vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a AbgG). Gleiches gilt mit Blick auf § 44a Abs. 2 S. 4 AbgG für Spenden, sofern kein Verstoß gegen die speziellen Spendenannahmeverbote in § 25 Abs. 2 PartG i.V.m. § 4 Abs. 4 VR vorliegt (Rn. 14 f., 16 ff.).
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Das in § 44a Abs. 2 S. 2 AbgG statuierte Verbot der Annahme von Zuwendungen, die „nur deshalb gewährt werden, weil dafür die Vertretung und Durchsetzung der Interessen des Leistenden im Bundestag erwartet wird“, erfasst den glasklaren Versuch, politischen Einfluss zu kaufen. Es verdeutlicht das zentrale Anliegen, das, auch wenn es dort nicht Tatbestandsmerkmal ist, letztlich auch hinter den beiden anderen Annahmeverboten des § 44a Abs. 2 AbgG steht.[66]
d) Gastgeschenke mit Bezug zum Mandat (§ 4 Abs. 6 VR)
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§ 4 Abs. 6 VR, Nr. 11 AB treffen schließlich eine spezielle Regelung zu „[g]eldwerten Zuwendungen, die ein Mitglied des Bundestages als Gastgeschenk in Bezug auf sein Mandat erhält.“[67] Gemeint sind damit sog. Protokollgeschenke, also Zuwendungen, die dem Abgeordneten als Höflichkeitsgeste im diplomatischen Verkehr bei Anlässen, in denen er als Gast oder Gastgeber fungiert, stellvertretend für die Bundesrepublik Deutschland oder den Bundestag übereicht werden, z.B. bei Dienstreisen als Mitglied einer Ausschussdelegation oder bei Einzeldienstreisen. Entgegen dem Eindruck, den die Einordnung der Regelung in § 4 VR erweckt, handelt es sich bei Gastgeschenken nicht um (der Unterstützung der politischen Tätigkeit des Abgeordneten dienende) Spenden. Streng genommen sind Gastgeschenke nicht einmal im eigentlichen Sinne Zuwendungen an den Abgeordneten, sondern an die staatliche Institution, die er repräsentiert. Folgerichtig ist vorgesehen, dass ein Gastgeschenk grds. dem Parlamentspräsidenten anzuzeigen und auszuhändigen ist (§ 4 Abs. 6 S. 1 HS 1 VR) – nicht deshalb, weil der Mandatsträger es nicht hätte annehmen dürfen, sondern weil er es stellvertretend für das Parlament angenommen hat. Da Gastgeschenke häufig auch einen persönlichen Erinnerungswert für den Abgeordneten haben, kann er aber den Antrag stellen, das Geschenk gegen Bezahlung des Gegenwertes an die Bundeskasse behalten zu dürfen (§ 4 Abs. 6 S. 1 letzter HS VR). Sowohl die Anzeige als auch der Auslösungsantrag sind entbehrlich, wenn das Gastgeschenk den Wert von 200 EUR nicht überschreitet (§ 4 Abs. 6 S. 2 VR i.V.m. Nr. 11 Abs. 1 AB). Die 200-Euro-Grenze entscheidet also nicht über die Annahmefähigkeit des Gastgeschenks, sondern allein darüber, ob der Abgeordnete das (zulässigerweise angenommene) Gastgeschenk anzeigen und aushändigen bzw. (wenn er es behalten möchte) auslösen muss. Die Annahme eines Gastgeschenks mit einem Wert von mehr als 200 EUR verletzt mithin kein Annahmeverbot.
I. Überblick
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Die Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit (§ 108e Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass ein Mandatsträger vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft „einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse“. Wer spiegelbildlich einem Mandatsträger vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft, einen solchen Vorteil in entsprechender Weise „anbietet, verspricht oder gewährt“, erfüllt den Straftatbestand in seiner aktiven Variante, der Bestechung (§ 108e Abs. 2 StGB).
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Die Mandatsträgereigenschaft (Rn. 4 ff.) muss im Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen.[68] Bei Bundestagsabgeordneten ist insoweit regelmäßig der Zusammentritt des neugewählten Bundestages (nicht die Verkündung des Wahlergebnisses oder die Annahme der Wahl) maßgeblich.[69] Die Merkmale des Forderns, Sich-Versprechen-Lassens, Annehmens, Anbietens, Versprechens und Gewährens werden so ausgelegt wie die entsprechenden Begriffe in den für Amtsträger geltenden Straftatbeständen (1. Kap. Rn. 57 ff.).[70]
1. Überblick
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Auch das Merkmal „Vorteil für sich oder einen Dritten“ wird so ausgelegt wie bei den §§ 331 ff. StGB (1. Kap. Rn. 45 ff.).[71] Dem Vorteilsbegriff unterfallen damit die oben (Rn. 15 ff.) dargestellten, von § 44a Abs. 2 AbgG und § 4 VR geregelten materiellen Zuwendungen an Abgeordnete (also z.B. Einkünfte aus Nebentätigkeiten, Geschenke, Abgeordnetenspenden). Erfasst werden darüber hinaus aber auch materielle Vermögenszuwächse für Dritte (z.B. Spenden an die Partei des Mandatsträgers) und immaterielle Besserstellungen des Mandatsträger oder eines Dritten. Solch ein immaterieller Vorteil kann in der Verleihung einer Ehrendoktorwürde[72] bestehen, aber auch in der Erlangung politischer Ämter und Funktionen[73] und dem damit regelmäßig verbundenem Zuwachs an politischen Einfluss und Ansehen.
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§ 108e StGB setzt allerdings nicht nur einen „Vorteil“, sondern einen „ungerechtfertigten Vorteil“ voraus. Durch dieses in § 108e Abs. 4 StGB präzisierte Erfordernis werden viele der genannten Vorteile sogleich wieder aus dem Straftatbestand ausgeklammert. Das betrifft insbesondere Vorteile, deren Annahme im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mandatsträgers maßgebenden Vorschriften steht (§ 108e Abs. 4 S. 1 StGB), nach den einschlägigen Spezialregelungen zulässige politische Spenden (§ 108e Abs. 4 S. 2 Nr. 2 StGB) sowie politische Mandate und Funktionen (§ 108e Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB). Die Rechtfertigungstatbestände verfolgen unterschiedliche Zwecke. Bei § 108e Abs. 2 Nr. 1 StGB geht es in der Tat darum, die Kriminalisierung (ansonsten tatbestandsmäßiger) politischer Absprachen und Tauschgeschäfte zu vermeiden, die häufig politische Mandate und Funktionen zum Gegenstand haben, ohne die sich parlamentarische Mehrheiten aber nur schwer organisieren lassen (Rn. 35). § 108e Abs. 4 S. 1 und S. 2 Nr. 2 StGB bezwecken