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sind wir aber festgefahren im zähen Schlamm unserer Gewohnheiten. Wir kommen von den eingefahrenen Gleisen nicht weg. Wir sind zu träge, manchmal auch zu ängstlich, etwas zu ändern. Lieber alles so lassen wie es ist, als sich auf Neues einzulassen, von dem ich eh nicht weiß, was es bringt. So denke ich leider Gottes viel zu oft.

      Aber zum Glück bekommen wir immer wieder Impulse und Anstöße zu einem neuen Aufbruch, zu einem neuen Anfang, zu einem Neubeginn. Auch das Kind in der Krippe kann für uns so ein Anstoß sein. Die Geburt dieses Kindes unterbricht den Lauf der Welt. Nicht sofort, nicht schnell. Es ist ein Anfang mit Langzeitwirkung. Mit diesem Kind kommt etwas ganz Neues in die Welt. Ein Kind, das die Welt verändert. Ein Kind, das uns zeigt, was ein neuer Anfang ist. Nichts ist mehr so, wie es vorher war.

      Obwohl manche Angst und Zweifel bleiben, ist es doch ein Neuanfang. Und zu solchen „Neu-Anfängen“ ermutigt uns das Kind in der Krippe immer wieder. Das Kind im Stall ist das Zeichen Gottes dafür, dass es für uns einen Anfang gibt, der uns beschützt vor Resignation und Stillstand, und der uns hilft, anders zu leben.

      Neu anfangen heißt: Bei sich selbst anfangen. Aufstehen aus der Müdigkeit. Mit Überraschungen rechnen. Auf leise Töne hören. In den kleinen Zeichen des Lebens schon das Große sehen: Im Kind das Wachsen des Lebens, im Älterwerden das Reifen, hinter der Maske von Menschen den Hunger nach Zuwendung erspähen. In der Kälte von Beziehungen schon den Wärmestrom des Lebens spüren.

      Ich glaube, dass unser Leben immer wieder aufs Neue Wachstum und Wandel braucht. Neues Leben, neuen Wind, neuen Mut. Es liegt an uns, immer wieder mit dem Neuen anzufangen!

      Ich lade Sie ein, in dieser Woche jeden Tag als einen bewussten „Neu-Anfang“ zu sehen. Jeden Morgen ein Zeichen des Neubeginns mit Gott zu setzen und im Vertrauen auf IHN Neues zu wagen. Gerade der Beginn eines neuen Jahres ist eine gute Zeit dafür.

       P. Christoph Lentz SAC

      02 Die Zusage Gottes, geliebt zu sein

      Die wohltuende Nähe lieber Menschen und die liebenden Worte Gottes können uns durch manch dunkle Situation des Lebens tragen. Diese Erfahrungen schildert uns auch die Bibel und andere Weisheitsliteratur. Ein afrikanisches Sprichwort zum Beispiel sagt: „Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen.“

      Ein gutes Wort zugesprochen zu bekommen kann für uns heilsam und erlösend sein. Gott spricht uns immer wieder aufs Neue zu, dass wir seine geliebten Söhne und Töchter sind. Die Bibel berichtet uns, dass Jesus bei seiner Taufe im Jordan eine Stimme vernimmt, die zu ihm sagt: „Du bist mein geliebter Sohn“. Und das Evangelium des zweiten Fastensonntags weist uns auf die Begebenheit am Berg Tabor hin, in der Jesus als der „geliebte Sohn Gottes“ bezeugt wird.

      Die Zusage des Geliebtseins – als Sohn, als Tochter – ist etwas sehr Notwendiges für uns Menschen. Es ist ein Wort, eine Gewissheit, die uns Selbstvertrauen, Gelassenheit und Kraft fürs Leben geben kann. Bei jeder Taufe ist diese Zusage Gottes das zentrale Wort, an das uns dieses Sakrament erinnern möchte.

      Wir alle dürfen uns immer wieder an diese Zusage Gottes, die jedem Menschen gilt, erinnern: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter.“ Es ist eine Zusage des Lebens selber; eine Zusage, die uns von innen her reinigen und lebendig machen möchte. Es ist ein Wort, das wir uns nicht selber geben, uns aber immer wieder bewusst machen können.

      Dieses Wort Gottes ist eine Botschaft – an einen jeden und eine jede von uns –, die wir immer wieder hören und einatmen dürfen. Jeder Atemzug kann dieses Wort Gottes „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter“ ein Stück tiefer in uns hineinsenken. Diese Atemübung kann eines unserer einfachsten Gebete werden. Ein Gebet, das uns uns selber und somit Gott näher bringen kann.

      Wenn wir diese Liebe verinnerlicht haben und sie fast unwiederholt glauben können, dann kann sie uns Vertrauen ins Leben geben und uns Kreativität und Phantasie schenken, die uns lebendig bleiben lässt.

      „DU bist mein geliebter Sohn, Du bist meine geliebte Tochter!“ Eine Botschaft, an jeden und jede von uns, die wir uns nicht selber geben können. Aber eine Botschaft, welche die innigste Botschaft Gottes an uns Menschen ist.

       P. Sascha Heinze SAC

      03 Das 18. Kamel

      „Wer möchte ich geworden sein, wenn ich gewesen bin?“ Dieser Frage können wir uns nicht früh genug stellen. Sie zielt auf den Sinn unseres Lebens und motiviert, einen Lebensstil zu entwerfen, den man auf dem Sterbebett nicht zu bereuen braucht. Der Rückblick auf das Leben kann beglücken, aber auch belasten. Als ich zwei Jahre als Novize im Osterseifen bei Olpe verbrachte, lernte ich den Mitbruder Johannes Jünger kennen. Er war Missionar in Kamerun gewesen und danach lange Jahrzehnte in Südamerika als gefragter Architekt tätig. Er hatte es verstanden, erdbebensichere Häuser zu bauen. Inzwischen war er alt geworden. Eines Tages musste er sich an beiden Augen einer Staroperation unterziehen. Drei Wochen waren die Augen verbunden. Weil mir die Aufgabe eines Krankenwärters zugewiesen war, habe ich ihm jeden Tag das Essen gebracht und ihn mit Medikamenten versorgt. Eines Tages fragte ich ihn, ob es ihm nicht langweilig sei, den Tag zu verbringen, ohne sehen, lesen und spazieren gehen zu können. Er lachte und sagte: „Endlich habe ich einmal die Zeit, mein ganzes Leben Revue passieren zu lassen und bei den einzelnen Stationen zu verweilen, – und es war manchmal schwer, aber überall schön.“ Er blickte froh und dankbar zurück. Nicht jeder empfindet eine solche Freude, wenn er auf sein Leben zurück schaut. Es ist eine sinnvolle Aufgabe, schon früh damit zu beginnen, das Leben so zu gestalten, wie man sich auf dem Sterbebett wünschen wird, so gelebt zu haben.

      Wer möchte ich sein? Wer soll ich sein? Was erwarten die anderen von mir? Was erwarte ich selbst von mir? Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind.

      In seiner Studentenzeit hat ein Freund folgenden Satz formuliert und an die Wand gehängt: „Es ist nicht schwer, ein Kamel zu sein. Aber es ist schwer, das 18. Kamel zu sein.“ Hintergrund dieses Satzes war ein Rätsel. Ein Kamelbesitzer hatte drei Söhne. Er verfügte, dass bei seinem Tod einer die Hälfte, der andere ein Drittel und der dritte ein Neuntel von seinem Besitz an Kamelen bekommen soll. Als er starb, hatte er 17 Kamele. Die Söhne waren ratlos. Wie sollten sie die 17 Tiere nach der Vorgabe des Vaters aufteilen?

      Da fragten sie einen weisen Mann. Der sagte: Ich gebe euch eines von meinen Kamelen dazu und dann könnt ihr teilen. Der eine bekam die Hälfte, das heißt 9 Kamele, der andere 6 Kamele und der dritte 2. Die Summe ergibt 17. Das 18. Kamel blieb übrig. Das nahm der Weise wieder mit.

      Das 18. Kamel diente dazu, eine schwierige Situation zu lösen. Dann war es wieder überflüssig. Deshalb hatte mein Freund geschrieben: Es ist schwer, das 18. Kamel zu sein. Er wollte damit zum Ausdruck bringen: Es ist schwer, in einer schwierigen Situation zu helfen und sich dann wieder überflüssig zu machen. Sich nicht für unentbehrlich zu halten, sondern für einen Dienst zur Verfügung zu stehen. Ähnliches hinterließ der heilige Vinzenz von Paul: „Wenn wir unsere Aufgabe erfüllt haben“, sagte er, „dann ziehen wir die Tür zu, schließen sie ab, legen den Schlüssel unter die Fußmatte und gehen.“

      Aber es braucht auch ein Gegengewicht. Wir brauchen auch bleibende Beziehungen, die Freundschaft mit Menschen, bei denen wir immer wieder gern verweilen und gleichsam zuhause sein können. Wo wir uns nicht nach getaner Tat sofort verabschieden, sondern noch eine Weile bleiben. Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, erinnere ich mich an Menschen, mit denen ich ein Stück Weg gegangen bin. Aber dann haben wir uns aus den Augen verloren. Es bleibt jedoch die Erinnerung an eine wohltuende und wichtige Wegstrecke. Aber es ist auch wichtig, loslassen zu können, um für neue Aufgaben offen und gewachsen zu sein. Doch es braucht auch tragende Beziehungen, die bleiben und aus denen ich lebe – in innerer Freiheit und im Wissen, füreinander da zu sein und sich aufeinander verlassen zu können.

      „Wer möchte ich geworden sein, wenn ich gewesen bin?“ Jemand, der da ist, um zu helfen. und der auch loslassen kann. Und jemand, der sich über