man unterlaufen, indem man sich das Hemd oder den Rock im Internet bestellt. Das ist für die Geschäftsinhaber bitter (ich verstehe, dass sie gern sonntags geöffnet hätten). Gut, dass das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass sonntags Call-Center etwa von online-shops nicht arbeiten dürfen.
Auch die moderne Welt mit ihrer Freiheit und ihren ungeahnten Möglichkeiten muss ihren Respekt dem „Kulturgut“ Sonntag zollen. Ob der Sonntag „Tag des Herrn“ bleibt, das liegt in der Verantwortung aller Christen unseres Landes. Dass der Sonntag Sonntag bleibt, das haben alle Bürgerinnen und Bürger in der Hand, besonders jene, die Verantwortung haben in Wirtschaft und Kultur, Medien und Politik. Da in diesen Bereichen immer noch sehr viele Christen tätig sind (früher sprach man von Laienapostolat), mache ich mir um den Sonntag – Kleidung hin, Kleidung her – keine großen Sorgen.
P. Alexander Holzbach SAC
07 Wundersame Folgen der Ordnungsliebe
Es ist schon erstaunlich, wie viele Menschen in ihren Wohnungen und im Terminkalender Chaos pflegen. Unfähig zur Pünktlichkeit und ausgeliefert ihrer häuslichen Unordnung, die sich manchmal im Kleiderschrank versteckt, geben sie unfreiwillig einen Einblick in ihre seelische Verfassung. Die ist meist ebenso durcheinander geraten wie ihr Wohnzimmer oder ihr Bett. Von dem Gerümpel in der Garage, auf dem Dachboden und im Keller ganz zu schweigen. Da wird gesammelt, was das Zeug hält; das ganze Seelengehäuse schnappt nach Luft …
„Ich kam noch nicht zum Aufräumen“, meinte eine Frau zu mir, die schon seit Jahren einen Teil ihrer Wohnungseinrichtung noch in Kisten verpackt hatte. „Sie müssen entschuldigen, Herr Pater, aber Sie wissen ja, wie das so ist, wenn man Kinder hat und einen Mann, der meterhoch Sportmagazine hortet.“ Ja ja, ich weiß es. Vom bequemen Vorsichherschieben über die Gewöhnung an eine Standardunordnung bis hin zum Messie sind es manchmal nur einige Jahre.
Sage mir, wie es in deinem Auto aussieht, und ich sage dir, wie es bei dir zu Hause ist. Wenn ich die verstreute Zigarettenasche am Boden sehe, leere Coladosen und Tankquittungen auf dem Rücksitz entdecke und Bierflecken auf dem Bezug, lässt sich erahnen, wie es um die Ordnungsliebe aussieht.
Wer als Kind in einer chaotischen Atmosphäre aufwuchs, wird diese auch im weiteren Leben lange Zeit oder für immer beibehalten. Denn für manche bedeutet dieses Chaos Geborgenheit, sofern die Kindheit schön war. Er ist also auf Chaos konditioniert. Wer es furchtbar fand, wird sich zur Ordnung erziehen, was nicht immer gelingt; denn vielfach fehlt einfach die Disziplin.
Wer stets unter Strafandrohung zur Ordnung und Pünktlichkeit erzogen wurde, wird sich vielleicht später zum unbewussten Protest dagegen aufbäumen und unpünktlich sein oder/und jede Erwartung an die gewünschte Anpassung sabotieren. Er steckt immer noch im pubertären Streik. Andere sind von depressiver Art und vermögen nicht die Kraft aufzubringen, die erforderlich ist, aufzuräumen, wegzuräumen, die Zeit zu gestalten. Es ist ihnen alles zu viel.
Mein Tag ist strukturiert, vom Rhythmus geprägt. Das habe ich teilweise als Kind schon gelernt. Sämtliche Post und alle Mails sind bis Mittag vom Tisch. Beiträge für Zeitschriften werden so schnell wie möglich erledigt. Mein Schreibtisch ist leer. Das Zimmer lebt von den nicht vorhandenen Möbeln nach dem Motto: Weniger ist mehr. Das gibt Klarheit, Raum und lässt atmen.
Natürlich muss ich mich auch schon mal zwingen, Dinge zu tun, die Disziplin verlangen, z.B. in meinen Fitnessraum zu gehen und dort dreimal wöchentlich zu schwitzen. Oder jedes Jahr die angesammelten Papiere, Bücher und den Nippes zu entsorgen. Räumen Sie sofort auf, schieben Sie nichts auf; denn Stress entsteht nicht durch ein Zuviel an Arbeit, sondern eher durch ein Zuviel an aufgeschobener Arbeit.
Ich rede nicht von zwanghaftem Perfektionismus. Der ist neurotischer Natur und befreit nicht wirklich. Wer sich dazu durchringt, seine Zimmer aufzuräumen, Dinge sofort wieder an ihren Platz zu stellen, erfährt eine neue Lebensqualität: Er wird zufriedener, ruhiger. Er hat aufgeräumt und ist aufgeräumt. Seine Freunde und Gäste spüren eine atmosphärische Klarheit.
Weil ich anstehende Arbeiten sofort erledige und gebrauchte Dinge sofort zurückstelle, habe ich an Zeit gewonnen: Fast zwei Stunden täglich sind verfügbar für andere Arbeiten. Ich erlaube mir, ins Café zu gehen, viel zu lesen, zu entspannen. Ohne Gewissensbisse. Sobald aber Aufgaben hinausgeschoben werden, Post liegen bleibt, wird es eng und stressig.
Sie haben es selber in der Hand: Fangen Sie heute noch an, Disziplin zu üben. Es lohnt sich.
P. Jörg Müller SAC
08 Humus und Humor
Humor ist eine der kostbarsten und köstlichsten Früchte, die auf dem Humus eines gütigen und guten Herzens wächst. Humor hat nicht nur in den „tollen Tagen“ der Fastnacht Hochkonjunktur. Diese Frucht stärkt Gesunde und wirkt heilend auf Kranke. Wenn der Humus fruchtbar sein soll, gehört auch etwas Feuchtigkeit dazu, was ursprünglich das Wort „Humor“ bedeutet. Hier muss man nicht gleich ans Bier oder an den Wein denken. Diese hier gemeinte Feuchtigkeit saugt der Humor aus dem „Humus“ eines tiefen Vertrauens und Zutrauens ins Leben. Wer Humor hat, liebt das Leben. Er steht über den Dingen, auch über sich selbst, und das kann nur, wer sich nicht wichtig nimmt. Gilbert Keith
Chesterton vermutet, dass die Engel nur deswegen fliegen könnten, weil sie sich leicht nähmen.
Wer Humor hat, glaubt an einen Sinn, an einen letzten Sinn, den Gott selbst dieser seiner Welt eingestiftet hat. Darum kann der mit Humor Begabte auch über die vielen Eitelkeiten und Verrücktheiten der Gegenwart lächeln.
Aus dem vom Glauben durchtränkten Humusboden wächst uns der Humor zu, der in seiner feinen und gütigen Art Verständnis hat für die Schwächen unserer Zeitgenossen. Der Humor kennt keine Verbitterung, weil er hinter allen geschäftigen Händen Gottes gütige Vaterhand sieht. Aus dieser Hand fallen wir nicht heraus. Und diese Hand wird einmal die Ordnung schaffen, an der wir Menschen seit Jahrtausenden vergeblich herumbasteln. „Der Humor nimmt die Welt hin, wie sie ist, sucht sie nicht zu verbessern und zu belehren, sondern sie mit Weisheit zu ertragen“ (Charles Dickens).
Manches kann ärgern, etwa wenn auf einem Spaziergang ein Vogel direkt über uns fliegt und „etwas“ lässt. Mancher mag wütend reagieren, nicht aber der fromme Heitere. Er sagt lächelnd vor sich hin: „Ein Glück, dass die Kühe keine Flügel haben!“
An eine Kuh wird auch eine Generaloberin erinnert, die im Sterben liegt. Nach dem Empfang der Sterbesakramente äußert sie einen letzten Wunsch: „Ein Glas warme Milch.“ Die Schwestern wollen ihrer Oberin zu Hilfe kommen und geben in das Glas Milch einen ordentlichen Schuss Whisky. Die Oberin trinkt einen Schluck, stockt ein wenig, setzt das Glas ab und trinkt es dann in einem Zug aus. Dann folgt ihr letztes Wort: „Oh, eine gute Kuh! Auf die müsst ihr besonders aufpassen!“
P. Heribert Niederschlag SAC
09 Versuchungen sind wie Vagabunden
Wir stehen am Beginn der Fastenzeit. Nach den tollen Tagen lenken wir unseren Blick auf Jesus, der 40 Tage in der Wüste gefastet hat. Bis dahin war er umhegt von der Liebe seiner Mutter. Er suchte Johannes auf und reihte sich ein in die Schar derer, die sich taufen lassen. In der Taufszene schwebte der Geist in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und dann hörte er die Himmelsstimme: „Du bist mein geliebter Sohn.“ Gleich am 1. Fastensonntag werden wir mit einer grotesken Szene konfrontiert: Der Versucher, der Satan, nähert sich Jesus. Am Ende der langen Fastenzeit meldet sich in Jesus ein quälender Hunger, so dass er geradezu Steine anbeißen möchte. In dieser Situation hört er die Stimme des Versuchers: „Wenn du Gottes Sohn bist, dann sprich, dass diese Steine zu Brot werden“. Jesus weist den Versucher zurück, und gleichzeitig gibt er ihm einen Einblick in das, was