Veränderung der Probe statt, so ist die auf die Probe übertragene Wärme qp = CpΔT. Hier ist ΔT = T – T0 und Cp soll nicht von der Temperatur abhängen. Wegen T = T0 + αt ist ΔT = αt. Während des chemischen oder physikalischen Prozesses wird die Energie qp + qp,ex übertragen; qp,ex entspricht dabei der Energie, die zusätzlich aufgewendet werden muss, um die Temperaturen von Probe und Referenz anzugleichen. Wir interpretieren qp,ex als scheinbare Änderung der Wärmekapazität der Probe bei konstantem Druck von Cp auf Cp + Cp,ex, während der Abtastung des Temperaturbereichs,
Abb. 2.15 Dynamisches Differenzialkalorimeter. Probe und Referenz werden in voneinander getrennten, identischen Kammern erhitzt. Man misst den Unterschied der elektrischen Leistung, die benötigt wird, um beide Kammern während des Heizvorgangs auf gleicher Temperatur zu halten.
(2.33)
wobei Pex = qp,ex/t die elektrische Leistung ist, die zusätzlich aufzuwenden ist, um Proben- und Referenztemperatur in Übereinstimmung zu bringen. Die Ausgabe eines dynamischen Differenzialkalorimeters ist ein Thermogramm, eine Auftragung von Pex oder Cp,ex als Funktion von T (Abb. 2.16). Die Enthalpieänderung im Zuge des Prozesses erhalten wir aus Gl. (2.22a):
(2.34)
Abb. 2.16 Thermogramm für das Protein Ubiquitin bei pH = 2,45. Bis zu einer Temperatur von 45 °C behält das Protein seine ursprüngliche Struktur bei; an diesem Punkt erfolgt eine endotherme Konformationsänderung. (Verändert nach B. Chowdhry und S. LeHarne, J. Chem. Educ. 74, 236 (1997).)
wobei T1 und T2 die Anfangs- bzw. Endtemperatur der Messung sind. Wie wir dieser Beziehung entnehmen können, entspricht die Enthalpieänderung der Fläche unter dem Kurve von Cp,ex als Funktion von T.
(b) Isotherme Titrationskalorimetrie
Die isotherme Titrationskalorimetrie (ITC) ist eine weitere Differenzialtechnik, mit deren Hilfe das thermische Verhalten einer Probe im Vergleich zu einer Referenz untersucht werden kann. Die Versuchsapparatur für derartige Experimente ist in Abb. 2.17 schematisch gezeigt. Eines der beiden wärmeleitenden Gefäße, die jeweils ein Volumen von nur wenigen Kubikzentimetern haben, enthält die Referenzsubstanz (z. B. Wasser) und eine Heizspirale, die mit einigen Milliwatt Leistung arbeitet. Das zweite Gefäß enthält die zu untersuchende Probe, beispielsweise ein Makromolekül mit Bindungsstellen in wässriger Lösung; auch dieses Gefäß kann beheizt werden. Zu Beginn des Experiments werden beide Heizungen aktiviert. Präzise bestimmte Mengen der zweiten Substanz (in einem Volumen von insgesamt etwa einem Kubikzentimeter) werden nun tröpfchenweise mithilfe eines Injektors in das Reaktionsgefäß geleitet. Während der Titration wird die Leistung aufgezeichnet, die zur Heizung aufgewendet werden muss, um die Temperaturdifferenz zur Referenzzelle aufrecht zu erhalten. Wenn die Reaktion exotherm verläuft, wird weniger Leistung benötigt; wenn sie hingegen endotherm verläuft, wird mehr Leistung benötigt.
Abb. 2.17 Schematische Darstellung der Versuchsapparatur bei der isothermen Titrationskalorimetrie (ITC).
Abb. 2.18 Ergebnis eines ITC-Experiments. (a) Die schwarze Kurve zeigt die Leistung der Heizung, die bei den einzelnen Injektionen benötigt wurde, um mittels einer Heizspirale die Temperaturdifferenz zwischen Proben- und Referenzzelle aufrecht zu erhalten. (b) Die rote Kurve zeigt die Summe der sukzessiven Enthalpieänderungen im Verlauf der Titration.
Ein typisches Ergebnis eines ITC-Experiments ist in Abb. 2.18 gezeigt. Es lässt sich ablesen, welche Leistung benötigt wurde, um die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Gefäßen aufrecht zu erhalten: Aus der Leistung und dem Zeitintervall Δt, in dem die Heizung aktiv war, kann die zugeführte Wärmemenge qi nach der Injektion i gemäß qi = PiΔt berechnet werden. Wir bezeichnen das Volumen der Lösung mit V und die molare Konzentration der unveränderten Probensubstanz zum Zeitpunkt der i-ten Injektion mit ci. Die Konzentrationsänderung bei dieser Injektion ist Δci, und die Wärmemenge, die durch die Reaktion abgegeben (bzw. aufgenommen) wird, beträgt VΔRHΔci = qi. Da sich aus der Summe aller Änderungen Δci die Anfangskonzentration der Probensubstanz berechnen lässt, erhalten wir auf diesem Wege einen Wert für die Reaktionsenthalpie ΔRH.
Anwendung 3: Technologie – Thermochemische Aspekte von Brennstoffen und Nahrungsmitteln
Die thermochemischen Eigenschaften von Brennstoffen und Nahrungsmitteln diskutiert man in der Regel anhand der spezifischen Enthalpie, dem Quotienten aus der Verbrennungsenthalpie und der (molaren) Masse einer Substanz, oder anhand der Enthalpiedichte, dem Quotienten aus der Verbrennungsenthalpie und dem (molaren) Volumen einer Substanz. Spezifische Enthalpien werden typischerweise in den Einheiten Kilojoule pro Gramm und Enthalpiedichten in Kilojoule pro Liter (oder – was äquivalent ist – pro Kubikdezimeter) angegeben.
In Tab. A1 sind die spezifischen Enthalpien einiger Brennstoffe aufgeführt. Verbindungen mit einer besonders großen spezifischen Enthalpie sind am besten als Brennstoff geeignet, da der Vorteil einer hohen molaren Verbrennungsenthalpie nicht wieder dadurch zunichte gemacht wird, dass eine große Masse des Brennstoffs transportiert werden muss. Gasförmiger Wasserstoff ist in dieser Hinsicht durchaus mit herkömmlichen Brennstoffen wie etwa Methan (dem Hauptbestandteil von Erdgas), Isooctan (einem typischen Bestandteil von Ottokraftstoff) und Methanol vergleichbar. Allerdings besitzt gasförmiger Wasserstoff eine sehr geringe Enthalpiedichte; somit wird der Vorteil einer hohen spezifischen Enthalpie dadurch untergraben, dass ein großes Volumen des Brennstoffs transportiert und gespeichert werden muss.
Um festzustellen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass bei der Verbrennung eines Brennstoffs auf Kohlenstoffbasis möglichst viel Wärme freigesetzt wird, betrachten wir zunächst die Verbrennung von Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas. Die Verbrennung von Methan liefert 890 kJ Energie in Form von Wärme. Zum Vergleich betrachten wir nun die Verbrennung von 1 mol CH3OH (g):
Auch diese Reaktion verläuft exotherm, aber jetzt wird nur noch eine Wärmemenge von 764 kJ pro mol des Brennstoffs freigesetzt. Die Ersetzung einer C-H-Bindung durch eine C-O-Bindung führt zu einer höheren Oxidationszahl des Kohlenstoffs in Methanol im Vergleich zum Kohlenstoff in Methan. Dies führt dazu, dass bei der vollständigen