etc., bei denen – anders, als dies etwa bei einer Konstruktion wie beim heimlichen Lauschen der Fall wäre, – eindeutig ein Adverbial vorliegt. Dafür, dass beide Typen auch problemlos kombiniert werden können, lassen sich ebenfalls leicht Beispiele finden, so etwa dieses:
stellt euch einfach schlauer an beim heimlich Pornos gucken
Technik zum heimlich Filme aufnehmen
Diese Art der Kombination von Infinitiven mit allen möglichen für ein VerbVerb (nicht aber für ein Substantiv) typischen Zusätzen kommt, wie man schnell feststellen kann, außerordentlich häufig vor. Sie findet sich vor allem, aber keineswegs nur bei konzeptioneller Mündlichkeit. Aber eine Wendung wie zum Aus-der-Haut-Fahren hat Eingang in den Rechtschreib-Duden gefunden, ohne als umgangssprachlich markiert zu werden, und auch sonst ist der Konstruktionstyp an vielen Stellen bereits in die konzeptionelle Schriftlichkeit eingedrungen, wie das folgende Beispiel exemplarisch belegen mag:
Gemäß einer offiziellen als auch informellen Polizeikultur gelten die Härte-gegen-sich-und-andere, das Zähne-zusammen-beißen, das Sich-nichts-anmerken-lassen als handlungsleitende Wertvorstellungen. (Schlee 2008: 165)
Die Stilebene, die sich hier in der Wortwahl manifestiert, läuft jeglicher Annahme einer konzeptionellen Mündlichkeit deutlich zuwider. Dass die Form dennoch nicht als selbstverständlicher Bestandteil der Schriftsprache angesehen wird, lässt sich allerdings nicht zuletzt aus der Tatsache ableiten, dass die Wahl der korrekten Schreibweise in solchen Fällen Probleme macht. Außer zu Bindestrichen, wie sie auch der Rechtschreib-Duden verwendet, greifen die Schreibenden zu völlig unterschiedlichen Lösungen. Ganz ohne Markierung kommt etwa das folgende Beispiel aus:
[…] denn das tägliche Brote schmieren, Hausaufgaben kontrollieren und Vokabel abfragen wird uns für ein paar Wochen erlassen.
Aber auch die Markierung der gesamten Form als eine Art Zitat findet sich:
[…] obwohl das „sich einfach nicht mehr melden“ nur von ihm ausging.
Ebenso schwanken Groß- und Kleinschreibung in den gesammelten Belegen stark. In der Mehrzahl der Fälle werden die InfinitiveInfinitiv jedoch auch beim Vorhandensein eines Artikels nicht groß geschrieben, was den vorsichtigen Schluss nahe legt, dass sie von den Schreibenden nicht als Substantivierungen, sondern als Verbformen wahrgenommen werden.
Was den Umfang der Erweiterung der InfinitiveInfinitiv betrifft, so scheint es hier keine Beschränkungen zu geben, wie die nachfolgende kleine Beispielsammlung illustriert:
Dass einen in der ÖVP das „offen seine Meinung“ Sagen schon zur „Kapazität“ macht […]
Und das sich ständig beklagen […], das kann ich nachvollziehen.
[…] für mich ist das ständige sich-Beklagen-über-alles DIE typisch deutsche Eigenschaft schlechthin.
Viel Spass schon ma [sic!] beim Geld für Laser sammeln, Herr […]
[…] Musik, die sich perfekt beim Für-die-Party-Zurechtmachen hören lässt, […]
Habe mir heute beim fürs Mittagessen gemüseschneiden so stark in den Daumen geschnitten […]
[…] weil mein auf ihn einreden echt überhaupt nichts bringt.
[…] zunächst, um Jedem beim Sich-Einander-Vorstellen in spaßvoller und interaktiver Weise zu helfen […]
sie macht es wieder, also das alles besser wissen und ständig fragen warum ich […]
Das letzte Beispiel enthält sogar einen Nebensatz, der die Funktion des Objekts zum InfinitivInfinitiv übernimmt.
Daneben lassen sich auch substantivierte Modalverben beobachten, die Vollverben bei sich haben, von denen ihrerseits wieder weitere Elemente abhängig sind:
[…] dass Dir genau dieser Zustand und das Sich-ständig-beklagen-können besonders gefällt […]
Das Sich-Verstecken-Wollen sei ein Merkmal seiner Kunst.
[…] das „nichts gesehen haben wollen“.
[…] eine Verleugnung und Abspaltung der Affekte sowie das ständige Kontrollieren-Müssen von Beziehungen […] (Hirsch 2004: 185)
3 Analyse der Belege
Die beobachtbaren Konstruktionen weisen unterschiedliche Eigenschaften auf, die wiederum verschiedene Zuordnungen der jeweils vorliegenden Verbform als VP oder NP nahelegen. So zeigen sich neben dem Artikel oder Possessivum, deren Vorhandensein Bedingung war, damit das Beispiel in die Sammlung der zu untersuchenden Formen aufgenommen wurde, und die natürlich alleine schon ein deutlicher Hinweis auf SubstantivierungSubstantivierung sind, auch kongruierende Adjektivattribute (wie in das ständige sich-Beklagen, das tägliche Brote schmieren). Solche Attribute können, ebenso wie Genitivattribute (wie in das Abwägen aller möglichen Probleme) bei VerbenVerb nicht auftreten und verweisen ganz klar auf das Vorliegen einer NP und damit auf eine Konversion. Allerdings sind trotz des Artikelgebrauchs ebenso sehr häufig Eigenschaften zu finden, die als klar verbal einzustufen sind. Dazu gehört zum einen die Anbindungen von Objekten wie in beim Pornos gucken, zum anderen – und salienter – aber auch die Verwendung von links attribuierten Adverbialen wie in beim heimlich Pornos gucken. Eine solche Linksattribuierung von Adverbien oder von zu Attributen umgewandelten Adverbialen ist bei Substantiven nicht möglich, da nicht-kongruierende Attribute dieses Typs hier stets nachgestellt werden müssen, cf.:
das Haus dort auf dem Hügel
*das dort auf dem Hügel Haus
Das Vorliegen von Linksattributen, die klar die Funktion von Adverbialen übernehmen, lässt nur den Schluss zu, dass die Konstruktion in dieser Verwendung verbal wahrgenommen wird. Linksattribuierungen dieser Art zeigen sich auch in den folgenden Belegen:
beim fürs Mittagessen gemüseschneiden
das sich-ständig-Beklagen
beim Für-die-Party-Zurechtmachen
Dabei scheint hier aber offensichtlich eine Wahlmöglichkeit zwischen NP und VP zu bestehen, denn sowohl kongruierende als auch nicht-kongruierende Konstruktionen (mit entsprechendem Wechsel der Wortstellung) lassen sich selbst bei identischer Wortwahl beobachten, cf.:
das ständige sich-Beklagen-über-alles
vs.
das Sich-ständig-beklagen-können
Während die Kombination von Kongruenz und Rechtsattribuierung im ersten Fall auf eine eindeutig nominale Konstruktion verweist, ist das zweite Syntagma nur möglich, wenn man den InfinitivInfinitiv als verbal auffasst.
Ebenso zeigt sich wahlweise Rechts- und Linksattribuierung bei Präpositionalphrasen, die abermals einmal auf eine Interpretation als NP, einmal auf VP schließen lassen:
Beim Gemüseschneiden für das Abendessen
vs.
beim fürs Mittagessen gemüseschneiden
Modalverben mit abhängigem Vollverb oder auch mit zusätzlichem Auxiliar und Partizip des Vollverbs (oder mit anderen Worten: mit einem InfinitivInfinitiv Perfekt) zeigen die folgenden Beispiele:
das Sich-ständig-beklagen-können
Das ständig kontrollieren müssen
das „nichts gesehen haben wollen“
Diese Konstruktionen kann man trotz des Artikels, der ihnen vorangeht, nur noch mit Schwierigkeit als nominal interpretieren.
Wenn man den Horizont der Betrachtung etwas weiter ausdehnt,