metaforico: metaforizza l’immagine poetica in quanto tale, che è come dire che metaforizza la metafora stessa o, meglio, il potenziale metaforico insito in ogni immagine lirica. Essa è metafora del percorso poetico dell’io, riunendo in sé l’essere passato e l’essere presente [… e] traduce metaforicamente la parabola di morte che investe l’opera leopardiana […].8
Wenn dem aber so sein sollte, wenn mithin die Autorin hier den so konkret vom «pastore errante» in seinem Canto notturno angerufenen Mond als Metapher apostrophieren kann, dann stellt sich komplementär die Frage, was denn eine Metapher für Leopardi oder im Werk Leopardis ist. Denn vor ebenfalls nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2005, erschien ein Aufsatz mit dem provokativen Titel «Leopardi non è un poeta metaforico», dem unmittelbar die Worte folgen: «Questa è la tesi da dimostrare», um etwa zehn Seiten weiter wenig überraschend zum «come volevasi dimostrare» zu gelangen.9 Wie diese in mathematischen Beweisen üblichen Formeln andeuten, bedient sich Pier Vincenzo Mengaldo für seine Beweisführung eines rechnerischen Verfahrens: Er zählt in den Canti durch, wo er wieviele und welche Metaphern findet, und räumt zwar durchaus Unterschiede in den einzelnen Schaffensphasen ein, kommt aber dennoch zu folgender «conclusione assoluta: Leopardi nell’assieme non è affatto un poeta metaforico»,10 eine These, die er zudem durch den Vergleich mit «campioni dell’internazionale romantica» wie Shelley und Hugo, aber auch Puškin und Heine ebenso wie Foscolo und Manzoni zu erhärten sucht.11 Selbst die sich auf einen ersten Blick anbietende Lösung einer Orientierung Leopardis statt an der Romantik am Settecento und insbesondere an den «due maggiori poeti del secolo, Metastasio e Parini»,12 läuft insofern ins Leere, als Mengaldo hier erneut eine Fülle von Metaphern ausmacht und folglich einmal mehr eher einen Gegenpol denn ein Modell für Leopardis Dichten findet.
Trotz der Polarität der Positionen läßt sich zwischen den beiden Thesen insofern eine Brücke schlagen, als auch Mengaldo konzediert: «la poesia difficilmente può vivere senza immagini», so daß er sich fragen muß, «se qualcosa in Leopardi supplisca a questa scarsa metaforicità esplicita». Vor allem anderen macht er ein solches Supplement in der spezifischen Adjektivbildung und ‑verwendung in Leopardis «stile così modernamente conciso» aus: Durch sie werde zum einen, etwa in der «virtude | Rugginosa» oder der «ferrata Necessità», das Abstrakte mit dem Konkreten aufs Engste verknüpft, zum anderen zumindest ein Bild suggeriert, beispielsweise in den «giovani prati», den «taciturne piante», der «Vergine» und «Intatta luna» und vielen Beispielen mehr13.
Zwischen Bildlichkeit statt Metaphorizität hier und Meta-Metaphorizität dort, zwischen der These, «Leopardi non è un poeta metaforico», auf der einen Seite und der entgegengesetzten These von der «predilezione leopardiana per la metafora»14 auf der anderen soll an dieser Stelle nicht entschieden werden, zumal die vorrangige Frage hier nicht die nach einer Definition der Metapher ist. Im Sinne der zwischen den genannten Polen geschlagenen Brücke steht vielmehr die umfassendere Frage nach Bild, Bildlichkeit und Einbildungskraft im Vordergrund, die zweifelsohne zu jenen Fragen zählt, über die nicht in der Form eines Pro und Contra thesenförmig entschieden werden kann: Dies zeigt sowohl der Blick auf Leopardis unerschöpfliches Werk als auch, exemplarisch für die subtil ausdifferenzierte Leopardi-Forschung, ein Blick allein auf die im vorliegenden Band versammelten Beiträge.15 Zwischen oder neben den beiden konträren Positionen gilt es statt dessen, jene vielgestaltige und umfangreiche Reflexion Leopardis über diesen Fragenkomplex zu berücksichtigen, wie sie sich vor allem im Zibaldone, aber auch in anderen Schriften wie Annotazioni, Prefazioni und Dedicatorie zu den Canti findet: nicht nur und nicht einmal in erster Linie, weil manche der (metaphorischen oder nicht-metaphorischen) ‹Bilder› der Canti hier eine Art Vorform oder auch eine Fortsetzung finden, sondern vor allem, weil diese Überlegungen zur Bildlichkeit so grundsätzlicher Natur sind, daß sie für das Denken und Schreiben Leopardis ebenso relevant erscheinen wie generell für die genannten Fragen in Literatur, Philosophie und darüber hinaus.
Als Indiz, wenn nicht für die Zeitlosigkeit, so doch zumindest für die Überzeitlichkeit der Fragestellung und dafür, daß Leopardis Texte und Reflexionen hierzu sich nicht in die abgedichtete Schublade einer Epoche stecken lassen, gleich ob sie nun mit Klassik, Romantik oder anderem beschriftet ist, mag nicht zuletzt die Tatsache gelten, daß, auch wenn etwa Mengaldo Leopardi eher im Settecento als in einer «foresta barocca» oder einem «soggettivismo romantico» verortet, Leopardis Überlegungen zur Metapher sich, wie bereits angedeutet, ausgerechnet mit denen jenes Autors verbinden, der als der wichtigste Theoretiker eines solchen barocken Metaphernwalds gelten kann, mit Tesauro und dessen Cannocchiale aristotelico. Zwar erwähnt Leopardi ihn im Zibaldone nicht, ebensowenig wie Marino und die marinisti,16 und es geht wiederum keineswegs darum, Leopardi als ‹postbarock› oder Tesauro als ‹protoromantisch» zu ettikettieren, selbst wenn manche von Tesauros Formulierungen, wie Snyder schreibt, auf einen ersten Blick so wirken mögen17 und umgekehrt manche Wendungen Leopardis wie ein Echo des Cannocchiale klingen.
Frappierend scheint dennoch, daß ungeachtet der historischen Distanz nicht nur beide Autoren gegen die noia anschreiben18 und beider Metaphern piacere bereiten sollen, sondern beide zudem als Mittel der Wahl, um die noia zu vertreiben und piacere hervorzurufen, ähnliches propagieren: So schätzt auch Leopardi an den «sensi metaforici», die den Leser zwingen, während der Lektüre dem schon Gelesenen immer wieder eine andere Richtung, einen anderen Sinn zu geben – «un senso bene spesso diverso da quello che avevi creduto» –, insbesondere «l’inaspettato». Mit anderen Worten, das Überraschende, das Unerwartete,19 kurz, das berühmte «pien teatro di meraviglie»20, von dem Tesauro schreibt, findet durchaus seine Entsprechung im Zibaldone. Dies erläutert die Fortsetzung der Passage über die «sensi metaforici»: «Tutte cose, che oltre il piacere della sorpresa, dilettano perchè lo stesso trovar sempre cose inaspettate tien l’animo in continuo esercizio ed attività; e di più lo pasce colla novità, colla materiale e parziale maraviglia derivante da questa o quella parola, frase, ardire ec.» (Zib. 2239).21
Das Staunen und die Überraschung, der Eindruck des Wunderbaren also werden im Cannocchiale wie im Zibaldone als Beleg für die gelungene, die kühne Metapher erachtet, so wie auch beide Autoren das immer wieder thematisierte pellegrino als Ideal oder geradezu als identisch mit dem Poetischen schlechthin sehen. Das pellegrino, das etwa in einer Metapher wahrnehmbar wird, erzeugt die Eleganz der Sprache, insofern es sich vom alltäglichen Sprachgebrauch möglichst weit entfernt (cf. Zib. 2502sq.), schreibt Leopardi, es diene dazu, die Sprache und den Stil zu ‹poetisieren› (Zib. 2518). Entsprechend ist die Metapher, wie bei Tesauro nachzulesen, unter allen Figuren «la più Pellegrina», sie ist «il più ingegnoso & acuto: il più pellegrino & mirabile: il più giouiale e gioueuole: il più facondo & fecondo parto dell’humano intelletto».22
Was aber, über «sorpresa» und «meraviglia», über «inaspettato und «pellegrino» hinaus in der Zusammenschau dieser beiden ‹Metapherntheorien› vor allem anderen frappiert, ist die Zeitlichkeit, die beide Male mit der Metapher verbunden wird. Bezogen auf die Zeit sind es insbesondere drei Charakteristika, die die Wirkung der Tesauroschen Metapher bedingen,23 und alle drei finden sich nicht nur verstreut an vielen Stellen im Zibaldone, sondern zudem konzentriert in einer berühmten Passage vom Juni 1822, in der Leopardi ganz ähnlich wie knapp 200 Jahre zuvor Tesauro den Grund für das Vergnügen an der Metapher in der Gleichzeitigkeit des Heterogenen, der Schnelligkeit der aufeinanderfolgenden Eindrücke und der Neuheit des evozierten Bildes ausmacht (cf. Zib. 2468-2470). So heißt es hier etwa, die Metapher sei so «piacevole perchè rappresenta più idee in un tempo stesso» (Zib. 2468); es sei «la moltiplicità simultanea delle idee, nel che consiste il piacere» (Zib. 2470), und diese Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Vorstellungen komme nur in den «metafore nuove» (Zib. 2469) zum Tragen, nicht in den längst gängig gewordenen, deren bildlicher Charakter kaum mehr wahrgenommen werde: Nur hier sei der Geist des Lesers zu jener über das gewöhnliche Maß hinausgehenden «azione ed energia» gezwungen, «per trovare e vedere in un tratto la relazione il legame l’affinità la corrispondenza d’esse idee, e per correr velocemente e come in un punto solo dall’una all’altra; in che consiste il piacere della loro moltiplicità» (Zib. 2470). Wie bei Tesauro die