Pauline Weiß

Die innere Struktur der DP in den altindogermanischen Artikelsprachen


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Gen.Sg.m. ‚Herr, unser Herr Israels‘

      Da im Text ohne Zweifel vom Gott des Christentums die Rede ist, muss im Beleg (38) individuelle Referenz angenommen werden. Einerseits können Heiligennamen zwar determiniert werden, aber andererseits ist die Bezeichnung für Gott im christlichen Kontext immer definit. Des Weiteren flektiert alb. zotynë ‚Gott‘ nicht, wie Beispiel (37) gezeigt hat. Daher ist der sog. freistehende Artikel erforderlich, um die AGR-Merkmale auszudrücken. Aber es kann keine Wortbildungsfunktion nachgewiesen werden, denn alb. zotynë ‚Gott‘ kann auch ohne den sog. freistehenden Artikel stehen; vgl.

      (39) alb. BUZ Kap2/fol9.87–88

për tënëzonë 19 zot-në t’anë Jezu 20 Krisht-në
für.Präp. Gott.Subst. Herr.Subst.-der.Art. AgrM-unser.PossPron. Jesus.EN Christus.EN-der.Art.
+ Akk. Akk.Sg.m. Akk.Sg.m. Akk.Sg.m. - Akk.Sg.m.
‚für Gott, unseren Herrn Jesus Christus‘

      (40) alb. MAT 5.4

mbë fjalë-t tinëzot
bei.Präp. Wort.Subst.-das.Art. AgrMGen Gott.Subst.
+ Akk. Akk.Pl.f. Akk.Pl.f. Gen.Sg.m.
‚bei den Worten Gottes‘

      Fehlt der sog. freistehende Artikel, flektiert das Substantiv alb. zotynë ‚Gott‘. Dieses setzt sich aus dem Possessivpronomen und dem Wort alb. zot ‚Herr‘ zusammen. Wie die Belege demonstrieren, befindet sich das Pronomen im Anlaut, wenn es flektiert, denn das Albanische bevorzugt die Agreement-Markierungen möglichst linksperipher. Erscheint jedoch der Agreement-Marker, befindet sich das Pronomen im Auslaut und flektiert nicht. Beleg (40) widerspricht dieser Annahme nicht, denn hier handelt es sich nicht um den Agreement-Marker, sondern um einen Genitiv-Marker. Dessen Aufgabe ist es, ein Genitivattribut an das Regens anzuschließen, indem es dessen Kasus annimmt (vgl. Kap. II.5.2). Im Albanischen muss der sog. freistehende Artikel also differenziert analysiert werden, d.h. es werden zwei Morpheme angesetzt: ein Definitheits- und ein Agreement-Marker.

      Ferner sind Regelmäßigkeiten der Artikelsetzung in Relation zum Merkmal Referenz festzustellen. Um individuell zu referieren, wird in erster Linie der enklitische Artikel gesetzt; vgl.

      (36) alb. BUZ Kap1/fol9.14–15

populli-së
Volk.Subst.-das.Art.
Dat.Sg.f.
‚dem Volk‘

      In wenigen Fällen wird die Determination bei individueller referentieller Lesart durch das Auftreten des freistehenden Artikels verstärkt; vgl. Beispiel (32) oben. Für die albanischen Phrasen aus Artikel und Substantiv ist zusammenfassend festzuhalten, dass der enklitische Artikel bei individueller Referenz Anwendung findet. Ein Beispiel für generische Referenz liegt nicht vor.

      Die Basiswortstellung für einfache DPn ist das Muster BW-Art. Diese Serialisierung zeigt die Mehrzahl der untersuchten Belegstellen aus Artikel und Substantiv. Aufgrund von Belegstellen wie (32) muss auch die Serialisierung Art+BW-Art angesetzt werden, obgleich sie nicht als default mode interpretiert werden kann, da dem freistehenden Artikel nur in wenigen Fällen eine determinierende Funktion zugesprochen wird. Wenn der sog. freistehende Artikel eine wortbildende Funktion einnimmt, wird er als Agreement-Marker definiert und nicht als separate Konstituente gewertet, da er ein Teil des entsprechenden Wortes ist. In den Glossierungen der Belegstellen wird die Abkürzung AgrM verwendet. Nur wenn der sog. freistehende Artikel determiniert, wird er als Artikel bezeichnet und in der Glossierung als Art gekennzeichnet. In sehr seltenen Fällen trifft man auf das Wortstellungsmuster Art+BW, wie oben in Beispiel (29).

      II.1.3 Altnordisch

      Im Altnordischen determiniert stets der suffixale Artikel das Substantiv, i.e. BW-Art. Diesem Muster folgen alle Belegstellen ausnahmslos; vgl.

      (41) anord. 5.32.3

gripr-inn
Besitzstück.Subst.-das.Art.
Nom.Sg.m.
‚das Besitzstück‘

      Insgesamt wird der Artikel in Kombination mit einem Substantiv allerdings nicht sehr frequent genutzt. Heusler (1967) schreibt, dass „… bestimmte und unbestimmte Formen […] oft gleichbedeutend durcheinander [gehen] …“.1 Bei Gattungsbegriffen, „…. Völker- und Gruppennamen, Titel[n], Ausdrücke[n] für ‚Erde, Himmel‘ u.ä., für Zeiten (Wochentage, Jahres- und Tageszeiten), Begriffe wie ‚Glaube, Gesetz, Allding‘ …“2 bleibt der Artikel in der Regel aus. Jedoch findet der enklitische Artikel Anwendung in Verbindung mit dem Vokativ sowie Eigennamen; vgl.

      (42) anord. 9.40.4

em [handgenginn] Garðskonungi-num
sein.Verb im Dienste jmds. stehend.Adj. Kaiser von Byzanz.EN-der.Art.
1.Sg.Prs.Ind.Akt. Nom.Sg.m. Dat.Sg.m.
‚ich stehe im Dienste des Kaisers von Byzanz‘

      Im Altnordischen wird also nur der enklitische Artikel mit einem Substantiv kombiniert. Dabei kann dieser individuell referieren; vgl.

      (43) anord. 5.30.22, 7.33.26, 15.53.10

hesti-num
Hengst.Subst.-der.Art.
Dat.Sg.m.
‚dem Hengst‘

      Der enklitische Artikel des Altnordischen kann auch generisch referieren; vgl.

      (44) anord. 13.48.21

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