werden, ob der sog. freistehende Artikel die Determination, die durch den enklitischen Artikel ausgedrückt wird, verstärkt; vgl.
(32) alb. MAT 14.5, MAT 14.12
i | bir-i |
der.Art. | Sohn.Subst.-der.Art. |
Nom.Sg.m. | Nom.Sg.m. |
‚der Sohn‘ |
Demiraj (1993) sieht davon ab, dass der sog. freistehende Artikel hier eine determinierende Funktion ausübt, da Verwandtschaftsbezeichnungen im Falle von Definitheit mit einem enklitischen Artikel versehen werden. Stattdessen impliziert der sog. freistehende Artikel in derartigen Belegen eine gewisse possessive Nuance, d.h. er übernimmt die Funktion eines Possessivums der 3. Person. Diese Funktion ist auf Verwandtschaftsbezeichnung beschränkt. Insgesamt gelten der Ursprung sowie die Funktion des sog. freistehenden Artikels vor Verwandtschaftsbezeichnungen als unklar. Mann (1977) spricht von einer hypokoristischen oder persönlichen Partikel.8 Der Terminus Partikel wird den Eigenschaften des Elements allerdings nicht gerecht, da eine Partikel nicht flektiert. Das vorliegende Element zeigt jedoch Kongruenz-Merkmale. Im Altalbanischen liegt also eine Opposition Verwandtschaftsbezeichnung mit freistehendem Artikel vs. Verwandtschaftsbezeichnung ohne freistehenden Artikel vor. Es wird mit Buchholz/Fiedler (1987) angenommen, dass der freistehende Artikel hier zur Determination eingesetzt wird.9 Somit wird der sog. freistehende Artikel vor Verwandtschaftsnamen als Artikel, i.e. Art., glossiert. Dennoch bleibt es fraglich, ob der freistehende Artikel in Beispiel (29) eine determinierende Funktion ausübt oder ob hier die Entwicklung einsetzt, dass der freistehende Artikel obligatorisch vor Verwandtschaftsbezeichnungen wird.
Die Hauptfunktion des sog. freistehenden Artikels besteht in der Kennzeichnung von Agreement. Als Agreement-Marker setzt der sog. freistehende Artikel Konstituenten in Bezug zu anderen. Definitheit spielt dabei keine Rolle; vgl.
(33) alb. MAT 9.2, MAT 10v.3
të | dashurë |
AgrM | Liebe.Subst.10 |
Nom.Sg.n. | Nom.Sg.n. |
‚Liebe‘ |
Alb. dashurë in (33) ist eine Partizipialableitung auf alb. -rë zu alb. do ‚lieben; wollen‘. Der sog. freihstehende Artikel fungiert als Wortbildungselement, d.h. der sog. freistehende Artikel und das substantivierte Partizip bilden eine Einheit und sind in dieser Form lexikalisiert. Der sog. freistehende Artikel zeigt an, dass es sich um eine Ableitung handelt. Als Wortbildungselement kommt er auch bei den substantivierten Artikel-Adjektiven11 vor; vgl.
(34) alb. BUZ Kap4/fol9v.74, BUZ Kap4/fol9v.78
e | dërejt-a |
AgrM | Gerechtigkeit.Subst.-die.Art. |
Nom.Sg.f. | Nom.Sg.f. |
‚die Gerechtigkeit‘ |
In (34) liegt eine Nominalisierung vom Artikel-Adjektiv alb. i dërejtë ‚richtig, gerecht, korrekt‘ vor. Ferner wird die Phrase durch einen enklitischen Artikel determiniert. In den meisten einfachen Konfigurationen mit sog. freistehendem Artikel liegt ein abgeleitetes Substantiv vor. Der sog. freistehende Artikel gibt somit einen Hinweis darauf, dass ein Kategoriewechsel stattgefunden hat. Ferner findet sich der sog. freistehende Artikel häufig bei Lehnwörtern; vgl.
(35) alb. MAT 8.7, MAT 8v.1
i | krështē |
AgrM | Christ.Subst. |
Nom.Sg.m. | Nom.Sg.m. |
‚Christ‘ |
Alb. i krështē ‚Christ‘ ist eine Ableitung von lat. christianus ‚Christ‘. Der sog. freistehende Artikel determiniert nicht. Die Konfiguration könnte auch in indefinitem Kontext vorkommen. Es wird vielmehr vermutet, dass der sog. freistehende Artikel das Lehnwort in die Kategorie der albanischen Nomina eingliedert, d.h. er markiert, dass das entsprechende Element [+nominal] ist. Viele Derivationen sind im Altalbanischen bereits ins Lexikon aufgenommen worden. Der sog. freistehende Artikel und das nominale Element bilden eine syntaktische und semantische Einheit. Da der sog. freistehende Artikel in dieser Funktion nichts mit einem Artikel zu tun hat, ist die Bezeichnung Artikel irreführend. Mann (1977) spricht von einer verbindenden Partikel (connecting particle).12 Doch da das verbindende Element flektiert, ist diese Bezeichnung unzutreffend. Hendriks (1982) spricht von einem Konnektor (connective).13 Konnektoren bezeichnen Wörter oder Morpheme, die syntaktische Einheiten in eine Relation zueinander setzen. Die syntaktischen Einheiten, die koordiniert werden, sind üblicherweise Teilsätze. Typische Konnektoren sind z.B. Konjunktionen. Somit impliziert der Terminus Konnektor die Vorstellung, dass das betreffende Element auf Satzebene operiert. Somit erfasst der Begriff auch nicht den Charakter des sog. freistehenden Artikels. Campos (2009) bezeichnet den sog. freistehenden Artikel als adjektivischen Artikel und nimmt an, dass es sich hinsichtlich der Funktion um ein Agreement-Morphem handelt.14 Die entscheidende Funktion des Elements ist die Markierung der Kongruenzmerkmale. Daher wird der sog. freistehende Artikel in der dargelegten Funktion als Agreement-Marker definiert, i.e. AgrM.15 Nur wenn der sog. freistehende Artikel determiniert, wird er im Folgenden als Artikel bezeichnet. Es gibt also eine Differenz zwischen: freistehender Artikel vs. Agreement-Marker. Daher wird hier nicht mit Buchholz/Fiedler (1987) argumentiert, dass es sich um einen Artikel in Beispiel (28) handelt. Die determinierende Funktion ist zwar denkbar, aber nicht als sicher festzustellen. Hier wird angenommen, dass es sich in derartigen Belegen um einen Agreement-Marker handelt. Daher ist die Glossierung von oben zu revidieren; vgl.
(37) alb. BUZ Kap4/fol9v.39
së | zotynë 16 |
AgrM | Gott.Subst. |
Abl.Sg.m. | -17 |
‚[durch] den Gott‘ |
Das Substantiv alb. zotynë/inëzot ‚Gott‘ wurde weder bei Buzuku noch bei Matrënga mit enklitischem Artikel gefunden, wobei alb. zot durchaus mit enklitischem Artikel vorkommt; vgl.
(38) alb. BUZ Kap1/fol9.12–13
zot | zot-i | ynë 18 | i | Izraeli-t |
Herr.Subst. | Herr.Subst.-der.Art. | unser.PossPron. | AgrMGen | Israel.EN-das.Art. |
Nom.Sg.m. |
|