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Was bleibt von kommunikativer Nähe und Distanz?


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diaphasische Variation?“, in: Sarah Dessì Schmid et al. (edd.), Rahmen des Sprechens. Beiträge zu Valenztheorie, Varietätenlinguistik, Kreolistik, Kognitiver und Historischer Semantik. Peter Koch zum 60. Geburtstag. Tübingen, Narr, 111–126.

      Selig, Maria (2017). „Plädoyer für einen einheitlichen, aber nicht einförmigen Sprachbegriff: Zur aktuellen Rezeption des Nähe-Distanz-Modells“, Romanistisches Jahrbuch 68, 114–145.

      Siever, Torsten/Schlobinski, Peter (edd.) (2012). Sprache und Kommunikation im Web 2.0 (Sprache – Medien – Innovationen 3). Frankfurt a.M. et al., Lang.

      Söll, Ludwig [1974] (31985). Gesprochenes und geschriebenes Französisch. Bearbeitet von Franz Josef Hausmann (Grundlagen der Romanistik 6). Berlin, Schmidt.

      Steger, Hugo et al. (1972). „Redekonstellation, Redekonstellationstyp, Textexemplar, Textsorte im Rahmen eines Sprachverhaltensmodells. Begründung einer Forschungshypothese“, in: Hugo Moser (ed.), Gesprochene Sprache. (Jahrbuch 1972 des Instituts für deutsche Sprache). Düsseldorf, Schwann, 39–97.

      Thun, Harald (1988). „Vorwort“, in: Harald Thun (ed.), Energeia und Ergon. Sprachliche Variation, Sprachgeschichte, Sprachtypologie. Studia in honorem Eugenio Coseriu, vol. II: Das sprachtheoretische Denken Eugenio Coserius in der Diskussion, Bd. 1 (Tübinger Beiträge zur Linguistik 300/2). Tübingen, Narr, IX-XIV.

      Völker, Harald (2007). „A ‘practice of the variant’ and the origins of the standard. Presentation of a variationist linguistics method for a corpus of Old French charters“, Journal of French Language Studies 17, 207–223.

      Winter-Froemel, Esme (2020). „Digitale Kommunikationsformen und Diskurstraditionen zwischen Nähe und Distanz“, in: Bettina Kluge/Wiltrud Mihatsch/Birte Schaller (edd.), Kommunikationsdynamiken zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Festschrift für Barbara Job zum 60. Geburtstag (ScriptOralia 145). Tübingen, Narr, 81–102.

      Zeman, Sonja (2016). „Nähe, Distanz und (historische) Pragmatik“, in: Helmuth Feilke/Mathilde Hennig (edd.), Zur Karriere von ‘Nähe und Distanz’. Rezeption und Diskussion des Koch-Oesterreicher-Modells (Reihe Germanistische Linguistik 306). Berlin/Boston, De Gruyter, 259–298.

Theoretische Perspektiven

      Koch/Oesterreicher und die (neuen) Medien

      Anmerkungen aus germanistischer Sicht

      Christa Dürscheid (Zürich)

      In this article, we will begin by highlighting the importance of Koch and Oesterreicher’s model in German linguistics and how the model is adopted in current research. Next, we will explain which competing media terms exist around the Koch and Oesterreicher approach and how the distinction between ‘medium’ and ‘conception’ is to be classified. We will then present some examples from computer mediated writing. The data indicates that the specificity of informal language use in private text messages cannot be explained by the transfer from one medium to the other; in fact, these texts have certain linguistic characteristics that cannot occur in oral interactions.

      1 Vorbemerkungen

      Der vorliegende Beitrag beginnt nicht, wie es in vielen germanistischen Arbeiten der Fall ist, mit Erläuterungen zu dem Nähe/Distanz-Kontinuum von Koch/Oesterreicher auf der Basis ihres Überblicksartikels in dem Handbuch Schrift und Schriftlichkeit (siehe dazu weiter unten).1 Zum einen kann das Modell hier als bekannt vorausgesetzt werden; zum anderen möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und auf eine eigene Publikation aus dem Jahr 2003 hinweisen, in dem der Ansatz von Koch/Oesterreicher unter der Überschrift „Medienkommunikation im Kontinuum von Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Theoretische und empirische Probleme“ kritisch diskutiert und eine Erweiterung des Modells vorgeschlagen wurde. Der Beitrag endete damals mit den folgenden Worten:

      Wird das Modell von Koch/Oesterreicher auch in Zukunft noch tauglich sein, kann die dichotomische Trennung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit noch aufrecht erhalten [sic] werden? Die Fragen können an dieser Stelle nicht beantwortet werden; es ist geplant, sie in einem künftigen Beitrag – etwa im Jahr 2020 – zu diskutieren. (Dürscheid 2003, 54)

      Inzwischen schreiben wir schon das Jahr 2021.2 Die Mitarbeit an dem vorliegenden Sammelband gibt mir nun die Gelegenheit, die Rezeption des Modells Revue passieren zu lassen und die damals gestellte Frage aufzunehmen, ob das Modell heute noch tauglich ist und ob die in dem Modell verankerte dichotomische Trennung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit weiterhin Bestand hat. Zu diesem Zweck werde ich zunächst die „Sogwirkung“ des Modells von Koch/Oesterreicher darstellen und zeigen, welche Resonanz es bis heute insbesondere in der Germanistik erfährt (Abschnitt 2). Dann erläutere ich verschiedene Medienkonzepte, die in der kritischen Diskussion rund um das Nähe/Distanz-Kontinuum und die Unterscheidung von Medium und Konzeption vertreten werden, und lege dar, wie sich die damit verbundenen Schlagworte ‘Medienindifferenz’ und ‘Medienvergessenheit’ hier einordnen lassen (Abschnitt 3). In Abschnitt 4 werden Daten aus der digitalen, interpersonalen Kommunikation vorgestellt, und es wird dafür argumentiert, dass in dieser Kommunikation (z.B. über WhatsApp) keineswegs nur solche Ausdrucksweisen auftreten, die – folgt man der Terminologie von Koch/Oesterreicher – aus der medialen Mündlichkeit in die mediale Schriftlichkeit übertragen wurden. Abschließend werden einige Überlegungen zur Internetmündlichkeit vorgetragen – und damit zu einem Themenfeld, das in der Internetforschung bislang noch wenig Beachtung findet.

      2 Zur „Sogwirkung des Ansatzes“

      Wie in der Überschrift dieses Abschnitts typographisch angezeigt, handelt es sich bei der Aussage, dass das Nähe/Distanz-Modell von Koch/Oesterreicher eine Sogwirkung habe, um ein Zitat. Es stammt aus einem Beitrag mit dem Titel „Neue Medien – neue Schriftlichkeit?“ aus dem Jahr 2007, in dem die Frage diskutiert wurde, ob der Sprachgebrauch in den neuen Medien zu einer neuen Schriftlichkeitspraxis führen wird.1 Zu diesem Zitat sind zwei Bemerkungen erforderlich: Zum einen spricht der Verfasser, Jannis Androutsopoulos, in seinem Beitrag konsequent (und so auch in diesem Zitat) von einem ‘Ansatz’, nicht von einem ‘Modell’. Ich verwende dennoch den Terminus ‘Modell’, da es dieser ist, der sich in der Medien- und Textlinguistik durchgesetzt hat, wenn man auf das Nähe/Distanz-Kontinuum Bezug nehmen möchte. Zum anderen schreibt Androutsopoulos (2007, 80) genauer von einer „Sogwirkung des Ansatzes in der (deutschsprachigen) linguistischen Internetforschung“; durch diesen Zusatz schränkt er den Resonanzraum also auf den vergleichsweise kleinen Ausschnitt der (deutschsprachigen) Wissenschaftsgemeinde ein und bezieht sich in seinen weiteren Ausführungen denn auch vor allem auf germanistische Arbeiten (z.B. von Ulrich Schmitz, Michael Beißwenger, Angelika Storrer, Peter Schlobinski und von mir selbst).2

      Tatsächlich ist es so, dass das Nähe/Distanz-Modell und die Unterscheidung in konzeptionelle Mündlichkeit (Sprache der Nähe) und konzeptionelle Schriftlichkeit (Sprache der Distanz) außerhalb der Romanistik insbesondere in der Germanistik Karriere gemacht hat. Das zeigt auch der Sammelband von Helmuth Feilke und Mathilde Hennig, in dem sich, von einer Ausnahme abgesehen, nur germanistische Beiträge finden.3 Ein Grund für die Popularität des Modells in der Medienlinguistik mag sein, dass es eine eingängige Metaphorik hat (Sprache der Nähe – Sprache der Distanz) und auf einer anschaulichen, intuitiv leicht nachvollziehbaren Grafik beruht. Ein weiterer Grund ist vermutlich der, dass, wie Androutsopoulos (2007, 80) schreibt, im Rahmen dieses Ansatzes „gegenläufige Kombinationen von Medium und Konzeption“ sehr gut erfasst werden können, also z.B. solche Äußerungsweisen, die gerade nicht die für das Medium (sensu Koch/Oesterreicher) prototypischen konzeptionellen Merkmale aufweisen.4 So gilt als ein Charakteristikum von Textnachrichten, die in den (damals) neuen Medien geschrieben wurden und seit Ende der 1990er Jahre in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses rückten, dass sie zwar schriftlich, vom Duktus her aber oft mündlich sind. Was lag da näher, als dieses Spannungsverhältnis mit den Termini ‘medial schriftlich’, aber ‘konzeptionell mündlich’ zu beschreiben und zu versuchen, solche Texte (wie z.B. SMS und private E-Mails) bzw. die dazugehörigen Kommunikationsformen (wie