Walter Brendel

Canaris Abwehrchef unter Hitler


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und vom Parteivorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) Otto Wels unterzeichneter Aufruf zum Generalstreik, der insbesondere in der Reichswehr so starke Irritationen auslöste, dass die Reichsregierung sich umgehend von diesem Aufruf distanzierte.

      Lüttwitz leitete im Januar 1919 die Niederschlagung des Spartakusaufstandes. Ihm unterstellte Truppen sind an der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht beteiligt. Im Mai 1919 wurden für den Konfliktfall Lüttwitz alle militärischen Truppen im Reich unterstellt. Lüttwitz setzt sich jedoch nicht für eine loyale Haltung des Militärs gegenüber der neuen politischen Ordnung ein, sondern - mit konspirativen Kontakten - für den Sturz der Weimarer Republik. Am 12. März 1920 löst Lüttwitz mit Wolfgang Kapp zusammen den so genannten Lüttwitz-Kapp-Putsch aus, der jedoch militärisch unzulänglich vorbereitet ist. Die Reichsregierung sollte verhaftet werden und die Republik durch eine autokratische Militärherrschaft ersetzt werden.

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      Walther Freiherr von Lüttwitz Wolfgang Kapp

      Der Putsch war nach vier Tagen beendet. Entscheidend für das Scheitern des Staatsstreichs war die Weigerung der Ministerialbürokratie, den Anordnungen Kapps Folge zu leisten. Zudem zeigte auch der Generalstreik mit dem Zusammenbruch der öffentlichen Dienstleistung verheerende Wirkung. In Sachsen, in Thüringen und im Ruhrgebiet versuchten linksgerichtete Kräfte jedoch, den Generalstreik zur "proletarischen Revolution" voranzutreiben. Gegen die Märzaufstände von 1920 setzte die Reichsregierung wiederum Freikorps ein, darunter auch die Marinebrigade Ehrhardt.

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      Teile der vorgewarnten Regierung mit dem Reichskanzler Gustav Bauer verlassen Berlin, bevor Lüttwitz mit der Marinebrigade Ehrhardt die Stadt kampflos einnimmt. Kapp setzt sich als Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten ein und beruft Lüttwitz zum Reichswehrminister und Oberbefehlshaber der Reichswehr. In Verhandlungen mit der abgesetzten Regierung wird der Putsch friedlich beigelegt. Er scheitert zudem an dem Widerstand der Zivilbehörden, dem Generalstreik der Arbeiterschaft und der fehlenden militärischen Unterstützung. Kapp überlässt Lüttwitz die alleinige Führung und flieht ins Ausland. Lüttwitz selbst tritt am Abend zurück. Lüttwitz entzieht sich einer strafrechtlichen Verurteilung seines "Hochverratsdelikts", indem er zunächst nach Österreich übersiedelt.

      Im April1922 stellt sich Kapp nach zweijährigem Exil in Schweden dem Reichsgericht, um seine Zielsetzung offen zu legen. Am 12. Juni stirbt er in der Untersuchungshaft in Leipzig an einer Krebserkrankung.

      Das Scheitern des so genannten Spartacus-Aufstands sowie die Ermordung Luxemburgs und Liebknechts durch Mitglieder eines Freikorps radikalisierten einen erheblichen Teil der Arbeiter. Sie fühlten sich verraten von der Politik der SPD, die ihre Kontakte zur Armeeführung, den bürgerlichen Parteien und zu Wirtschaftsführern stetig intensivierte. Die einstmals so geschlossene Front der Arbeiterschaft war tief gespalten. Bei Landtags- und Gemeindewahlen im Frühjahr 1919 gaben viele ehemalige SPD-Wähler ihre Stimme den Kommunisten oder der USPD, die in zahlreichen Orten die SPD überflügelte. Viele dieser Wähler beteiligten sich auch an Streiks und revolutionären Unruhen, die nach der Wahl zur Nationalversammlung und der Einsetzung des Kabinetts unter Philipp Scheidemann bis zum Frühsommer 1919 weite Teile des Deutschen Reichs erfassten. Im Ruhrgebiet und im mitteldeutschen Bergbaugebiet um Halle/Saale kam es zu Generalstreiks und blutigen Auseinandersetzungen mit Regierungstruppen. Bereitwillig beteiligten sich Freikorps im März 1920 am rechtsgerichteten Lüttwitz-Kapp-Putsch.

      Mitglieder der Marinebrigade von Hermann Ehrhardt, die mit Walther Freiherr von Lüttwitz in Berlin einmarschiert waren und als Zeichen ihrer völkischen Gesinnung ein Hakenkreuz auf dem Stahlhelm trugen, wurden in geringer Zahl von der Reichswehr übernommen. Andere Freikorpsmitglieder fanden Unterschlupf in der von Ehrhardt gegründeten geheimen Organisation Consul (OC), die für die Ermordung führender republikanischer Politiker wie Matthias Erzberger oder Walther Rathenau verantwortlich war. Auch der Stahlhelm und die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) rekrutierten Mitglieder aus Freikorpsverbänden, die gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrags im Frühjahr 1920 offiziell aufgelöst werden mussten.

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      Zahlreiche aufgelöste Freikorpseinheiten wurden im Mai 1921 noch einmal reaktiviert, um in den Monaten vor der Teilung Oberschlesiens den Kampf gegen polnische Übergriffe wiederaufzunehmen, für den der aus Freikorps rekrutierte "Grenzschutz Ost" in Schlesien bereits 1919 mit der Parole "Schützt die Heimat" geworben hatte.

      Nach dem gescheiterten Putschversuchs von Walther von Lüttwitz und Wolfgang Kapp im März 1920, den Canaris aktiv unterstützte, wird er inhaftiert, kommt aber bald wieder frei und wird im Juli desselben Jahres Erster Offizier auf dem Kreuzer „Berlin“.

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      Der Kreuzer „Berlin“

      Vier Jahre später ist er Mitglied der Marineleitung, 1930 Stabschef der Nordseestation. 1932 übernimmt er als Kapitän das Kommando über das Linienschiff „Schlesien“.

      Als im Jahr darauf die Nationalsozialisten an die Macht kommen, steht der erklärte Anti-Kommunist der neuen Regierung wohlwollend gegenüber. Er ist sogar der Meinung, dass „der Offizier den Nationalsozialismus vorzuleben hat“.

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      Die „Schlesien“

      Von entscheidender Bedeutung für den starken Zulauf der Nationalsozialisten und der Kommunisten war die Weltwirtschaftskrise, die Deutschland weit härter traf als andere europäische Staaten. Nach dem dramatischen Kurseinbruch vom 25. Oktober 1929 an der New Yorker Wall Street wurden die kurzfristigen Auslandskredite aus Deutschland abgerufen. Der vor allem mit ausländischen Krediten finanzierte Wirtschaftsaufbau brach in sich zusammen, die ohnehin hohe Arbeitslosenzahl stieg bis auf über sechs Millionen, Armut und Verzweiflung griffen um sich. Über den Umfang der notwendigen Beitragserhöhung für die Arbeitslosenversicherung gerieten SPD und Deutsche Volkspartei (DVP) in der Großen Koalition in heftigen Streit.

      Am 27. März 1930 trat das Kabinett unter Hermann Müller, die letzte von einem Sozialdemokraten geführte Reichsregierung, zurück. Der Übergang zu den verfas-sungsrechtlich problematischen "Präsidialkabinetten" begann. Da es keine parlamentarische Mehrheit für eine arbeitsfähige Regierung gab, beauftragte Hindenburg den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning mit der Bildung einer Minderheitsregierung, deren eigentliche Machtbasis das Recht des Reichspräsidenten zum Erlass von Notverordnungen und zur Auflösung des Reichstags war. Mehr als zwei Jahre betrieb Brüning eine energische Sparpolitik, bevor die "ostelbische" Kamarilla es schaffte, den Reichspräsidenten auf den Rücktritt Brünings festzulegen.

      Am 1. Juni 1932 ernannte Hindenburg das "Kabinett der nationalen Konzentration" mit Franz von Papen als Reichskanzler. Durch eine staatsstreichartige "Reichsexekution" setzte die Regierung Papen die von dem Sozialdemokraten Otto Braun geführte Preußische Regierung am 20. Juli 1932 ab. Mit dem "roten" Preußen war die letzte demokratische Bastion des Reichs gefallen. Ein Generalstreik gegen den "Preußenschlag" schien angesichts der sechs Millionen Arbeitslosen wenig Erfolg versprechend.

      Wie sehr sich die innenpolitischen Gewichte verschoben hatten, war schon bei der Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten deutlich geworden. Im Frühjahr 1932 wurde er vor allem von den demokratisch-republikanischen Parteien unterstützt. Sein schärfster Konkurrent war Adolf Hitler, für den im zweiten Wahlgang über 13 Millionen Wähler stimmten. Bei den Reichstagswahlen