Walter Brendel

Canaris Abwehrchef unter Hitler


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Friedrich Ebert, das von diesem geforderte Amt des Reichskanzlers.

      Unter allen Umständen wollte Ebert vermeiden, dass der bislang nahezu unblutig verlaufende Umsturz ähnlich der russischen Oktoberrevolution zu einem Bürgerkrieg ausartete. Einer demokratisch zu wählenden Nationalversammlung sollte die Entscheidung über die zukünftige Staatsform des Deutschen Reichs vorbehalten bleiben.

      Empört reagierte Ebert, als Parteifreund Philipp Scheidemann ohne Rücksprache um 14 Uhr von einem Fenster des Reichstags die Republik ausrief. Die Ausrufung der "freien sozialistischen Republik Deutschland" durch Karl Liebknecht um 16 Uhr vom Balkon des Berliner Schlosses führte nun zu einer doppelten Republik. Was für ein Zustand. Neben den Überresten der alten staatlichen Gewalten, Armee und Verwaltung, standen die gemäßigten Kräfte der aus Sozialdemokratie, Zentrum und Linksliberalen bestehenden Reichstagsmehrheit.

      Hinzu kam die heterogene Sammlung linksrevolutionärer Gruppen, allen voran der Spartakusbund unter Führung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts. In ihrem Zentralorgan "Die Rote Fahne" riefen Luxemburg und Liebknecht unermüdlich zur Bildung einer sozialistischen Räterepublik auf.

      Am 10. November bildeten SPD und USPD auf paritätischer Grundlage den Rat der Volksbeauftragte. Die Vollversammlung der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte bestätigte am 10. November die provisorische Regierung. Zur Kontrolle der Volksbeauftragten bildeten sie allerdings einen Vollzugsrat.

      Die Reichswehr bzw. das alte kaiserliche Heer erklärte am 10. November die Loyalität gegenüber der neuen Regierung ab und sicherte ihre militärische Unterstützung im Fall linksradikaler Angriffe zu. Im Gegenzug garantierte Ebert die Autonomie der militärischen Führung.

      Erstmals musste Ebert in den Berliner Weihnachtskämpfen 1918 reguläre Truppen um militärische Hilfe bitten, nachdem meuternde Soldaten der "Volksmarinedivision" am 23. Dezember 1918 die Regierung festgesetzt hatten.

      Die Revolutionären Obleute, die USPD und die zur Jahreswende 1918/19 gegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) riefen für den 5. Januar 1919 zu einer Protestdemonstration gegen die SPD-Regierung auf. Vom 5. bis 12. Januar besetzten revolutionäre Arbeiter Teile der Innenstadt sowie das Berliner Zeitungsviertel und erklärten die Regierung für abgesetzt.

      Im protzigen Wilhelminismus fühlte der Seeoffizier Canaris sich heimisch, der starke Staat war ihm Bedürfnis, Revolution und Republik waren ihm verächtlich. Jetzt hielte es der aus dem Weltkrieg heimgekehrte U-Boot-Kommandant mit dem Sozialdemokraten Gustav Noske, damals Volksbeauftragter, weil der in Kiel dien Matrosen-Revolte abwiegelte, und, so schien es Canaris, immer noch ein Stückchen Staat verkörperte; Canaris kam in Noskes Adjutantur.

      Wer war nun dieser Republikaner Noske, den Canaris diente?

      Am 9. Juli 1868 wurde Gustav Noske als Sohn des Webers Carl Noske und der Arbeiterin Emma (geb. Herwig) in Brandenburg geboren. Er schließt sich 1884 der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und der Gewerkschaft an und übernimmt mehrere Parteiämter.

      1906-1918 ist er Mitglied des Reichstags für die SPD. Er gilt als Experte für Militär-, Marine- und Kolonialfragen. In seinem Buch "Kolonialpolitik und Sozialdemokratie" tritt er für die Kolonialpolitik ein.

      Während des Ersten Weltkriegs gehört er dem rechten Flügel der SPD um Friedrich Ebert und Philipp Scheidemann an, der die Landesverteidigung grundsätzlich unterstützt.

      Anfang November 1918 wird er bei Ausbruch der Novemberrevolution von der Regierung des Prinzen Max von Baden als Gouverneur nach Kiel gesandt, um den Matrosenaufstand beizulegen. Am 28. Dezember wird er mit dem Ausscheiden der Linkssozialisten aus der Regierung Mitglied des Rats der Volksbeauftragten.

      Mit Hilfe von Freikorps lässt Noske 1919 den linksgerichteten Januaraufstand blutig niederschlagen. Im Februar beginnt er als erster Reichswehrminister der Weimarer Republik den Aufbau der neuen Reichswehr unter den Bedingungen des Versailler Vertrags. Am 13. März, in einer Rede vor der Nationalversammlung, kommt es zu Tumulten, als Noske die Aufständischen Märzkämpfe als "Hyänen der Revolution" bezeichnet.

      Am 29. Februar 1920 löst Noske einer Anweisung der Interalliierten Militärkontrollkommission folgend, die Marinebrigaden Ehrhardt und Loewenfeld auf. Dem widersetzt sich der ranghöchste Reichswehrgeneral Walther von Lüttwitz (Kapp-Lüttwitz-Putsch).

      Lüttwitz besetzt am 13. März mit der Marinebrigade Ehrhardt das Berliner Regierungsviertel und ernennt Wolfgang Kapp zum Reichskanzler. Die Gewerkschaften rufen zum Generalstreik auf.

      Am 17. März gibt Kapp seinen Rücktritt als Reichskanzler bekannt und begibt sich nach Schweden. Als eine Bedingung für die Beendigung des Generalstreiks fordern die Gewerkschaften den Rücktritt Noskes. Am 22. März tritt Noske zurück.

      Noske wird im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli auf Adolf Hitler 1944 verhaftet und im KZ Fürstenberg inhaftiert. Aus dem Gefängnis der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in Berlin wird er nach der Eroberung Berlins befreit.

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      Gustav Noske als Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, 1919

      Am 30. November 1946 erleidet er einen Schlaganfall und stirbt in Hannover.

      Noske konnte nur in seinem Sinne arbeiten, wenn es die Kommunisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht nicht gäbe. Sie mussten verschwinden. So oder so. Warum gab eine Adjutantur und dort einen Canaris? Doch was hatte Canaris mit Liebknecht und Luxemburg zu schaffen? Warum sein Hass auf die beiden? Klären wir diese Frage anhand der Biografien der beiden Kommunisten.

      Am 13. August 1871 wird Karl Liebknecht wird als Sohn des sozialdemokratischen Politikers Wilhelm Liebknecht und dessen Frau Nathalie (geb. Reh) in Leipzig geboren. Er studiert Rechtswissenschaften und Nationalökonomie an den Universitäten Leipzig und Berlin. Durch Ableistung seines Militärdienstes 1893/94 als Einjährig-Freiwilliger tut er seiner aktiven Dienstpflicht Genüge.

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      Karl Liebknecht, Politiker

      Aufgrund seiner Programmschrift "Militarismus und Antimilitarismus", verfasst für die sozialistische Jugendbewegung, wird er 1907 wegen Hochverrats zu eineinhalb Jahren Festungshaft verurteilt. 1912 wird Liebknecht Mitglied des Reichstags. Er steht auf der äußersten Linken der SPD, propagiert den Einsatz des Generalstreiks als Kampfmittel und vertritt eine radikal antimilitaristische Position. Am 2. Dezember 1914 lehnt er als erster und einziger Abgeordneter im Reichstag die Bewilligung weiterer Kriegskredite ab, nachdem er sich im August noch der Parteidisziplin unterworfen und der Bewilligung zugestimmt hatte.

      Am 28. Juni 1916 wird er unter Verlust seines Reichstagsmandats wegen Hochverrats zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. In der Berufungsinstanz wird die Strafe auf vier Jahre und einen Monat erhöht. Im Zuge einer allgemeinen Amnestie wird Liebknecht am 23. Oktober 1918 begnadigt und von seinen Anhängern begeistert empfangen. Zusammen mit Luxemburg übernimmt er die Führung des Spartakusbundes und gibt dessen Zentralorgan, die "Rote Fahne", mit heraus. Er lehnt eine Zusammenarbeit mit der SPD und der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) ab. Am 9. November ruft er vom Balkon des Berliner Schlosses die "freie sozialistische Republik" aus. Philipp Scheidemann hatte zwei Stunden zuvor die "deutsche Republik" von einem Balkon des Reichstags aus proklamiert. Am 30. Dezember - 1. Januar 1919 Beteiligung an der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Dann der 15./16. Januar: Nach dem "Januaraufstand" der Spartakisten in Berlin wird Karl Liebknecht zusammen mit Rosa Luxemburg von Soldaten der Garde-Kavallerie-Schützendivision verschleppt. Sie werden im Eden-Hotel verhört und misshandelt. Anschließend wird Liebknecht im Tiergarten erschossen. Vorbereiter ist Noske und Berater ist Wilhelm