Markus Brinkmann

Tax Compliance


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Strafverfolgungsbehörde keine vorweggenommene Prüfung der gebotenen disziplinarrechtlichen Behandlung des Falles vorzunehmen, sondern sie muss nur abwägen, ob die Daten für eine disziplinarrechtliche Prüfung von Belang sind und deshalb für den Dienstherrn des Beamten von Interesse sind.[124]

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In diesen Fällen ist der Fall selbst dann an die Staatsanwaltschaft abzugeben, wenn darüber zu entscheiden ist, ob eine wirksame Selbstanzeige eines Beamten vorliegt, Nr. 22 Abs. 2 S. 2 AStBV.

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c)

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      Hinweis:

      300

      Die Stellung der BuStra in den Verfahren der Staatsanwaltschaft entspricht den Rechten und Befugnissen der Polizei nach der Strafprozessordnung (vgl. §§ 161, 163 StPO). Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige sind nicht verpflichtet, vor der BuStra zu erscheinen. Die Befugnisse wegen Gefahr im Verzug bleiben erhalten, § 399 Abs. 2 S. 2 AO.

      301

      Die Bediensteten der Steuerfahndung haben immer die Stellung von Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft und zwar unmittelbar, wenn die Staatsanwaltschaft selbst das Verfahren führt oder mittelbar, wenn die Bußgeld- und Strafsachenstelle die Stellung der Staatsanwaltschaft einnimmt, § 386 Abs. 2 AO.

      302

      Die überwiegende Mehrheit der Steuerstrafverfahren wird eingestellt, meist als Einstellung nach § 153a StPO. Das ist dem Charakter der meisten Steuerhinterziehungen als Allerwelts–Kriminalität geschuldet. In manchen Regionen haben sich sogar feste Sätze für die Bemessung der Auflage ausgebildet, etwa abhängig von der Höhe der hinterzogenen Steuer.

      303

      

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      Ist eine darüber hinausgehende Bestrafung zu erwarten, muss das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden zur Erhebung einer öffentlichen Anklage, die letztlich zu einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht oder dem Landgericht führt. Da diese öffentlich sind, lässt sich nunmehr ein weiter gehender Reputationsschaden nicht mehr vermeiden.

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      Lässt sich die öffentliche Hauptverhandlung nicht vermeiden, sollte der steuerliche Teil des Verfahrens solange offen gehalten werden, bis das Strafverfahren beendet werden kann. Die auch im Hauptverfahren mögliche strafrechtliche Verständigung kann angestrebt werden, wird jedoch zunehmend von den Gerichten nicht mehr genutzt.

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      Eine nicht zu unterschätzende Auswirkung auf den Abschluss von (meist größeren) Steuerstrafverfahrens können verschiedene Faktoren haben, die mit dem eigentlichen Vergehen nichts zu tun haben. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hat vor allem das öffentliche Interesse an dem Verfahren, das durch die allgemein gesteigerte Aufmerksamkeit gegenüber Steuerstrafverfahren immer häufiger zu beobachten ist. Damit geht regelmäßig eine große Presse Resonanz einher. Die Medien suchen gute Stories und schrecken auch vor bedenklichen Methoden nicht zurück, um an Material zu kommen. Das geht hin bis zur Bestechung von Amtsträgern (oder zu mindestens dem ergebnislosen Versuch dazu) um den Termin von Durchsuchung oder Verhaftung zu erfahren bzw. Bilder aus der Zelle eines inhaftierten Steuerhinterziehers zu bekommen. Je größer die Prominenz des Beschuldigten, desto eher muss mit solchen Abläufen gerechnet werden, die für den Beschuldigten fast schon eine soziale Hinrichtung bedeuten können.

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      Es werden dadurch aber auch die Spielräume für einen Verfahrensabschluss geringer, weil alle Arten von Absprachen über Verfahrenseinstellungen außerhalb des Hauptverfahrens und Verständigungen vor und in der Hauptverhandlung, die bei einem nicht prominenten Fall problemlos durchgeführt werden könnten, im Prominentenfall in den Geruch der Kungelei und Mauschelei geraten und deshalb von der Justiz nicht mehr genutzt werden zur Abkürzung des Verfahrens. Der prominente Steuerhinterzieher gelangt nicht in den Genuss eines Prominentenbonus, sondern muss einen regelrechten Prominentenmalus erdulden.

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      Die Pressearbeit, die gelegentlich auch von der Staatsanwaltschaft und dem Gericht in diesen Fällen „veranstaltet“ wird, trägt ein Übriges dazu bei. Justizangehörige übersehen dabei gerne, dass auch sie Amtsträger i.S.d. § 30 Abs. 1 AO sind, die geschützte Verhältnisse eines anderen in einem Strafverfahren erfahren haben und diese nur verbreiten dürfen, wenn ihnen eine Offenbarungsbefugnis zusteht. Das Steuergeheimnis des § 30 AO gilt selbstverständlich auch im Strafverfahren und es gilt nicht nur für Finanzbeamte. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit stellt keine brauchbare Offenbarungsbefugnis dar. Auch andere Offenbarungsbefugnisse sind nicht ersichtlich, so dass sich schon so mancher Staatsanwalt und mancher Pressesprecher eines Gerichts wegen Verstoßes gegen das Steuergeheimnis nach § 355 StGB strafbar gemacht hat. Folgen zeigt dies aber gewöhnlich nicht, denn welcher Staatsanwalt ermittelt schon wegen eines so „exotischen“ Delikts gegen einen Kollegen. Zwar kann der Geschädigte (der Beschuldigte) durch einen Strafantrag Ermittlungen in Gang setzen. Dies wird jedoch meist kontraproduktiv sein, weil dann der Fall umso länger in der Öffentlichkeit bleibt. Der Pressearbeit von Staatsanwaltschaft und Gerichten sollte besser eine eigene Pressearbeit entgegen gesetzt werden. Hierzu hat sich in den letzten Jahren ein spezieller Zweig der Rechtsberatung entwickelt, dessen Dienste in Verfahren gegen Prominente wertvoll sein können.

      Abb.:

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