Markus Brinkmann

Tax Compliance


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strafrechtliche Abschlussbericht wird zunächst nur intern der Bußgeld- und Strafsachenstelle oder der Staatsanwaltschaft übersandt. Eine Kopie für den Beschuldigten ist nicht vorgesehen, kann aber im späteren Verfahren im Wege der Akteneinsicht erlangt werden. Auch einem vorherigen Antrag auf Übersendung des strafrechtlichen Berichts wird gelegentlich (ohne Rechtsanspruch) entsprochen.

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      Das Steuerstrafverfahren kann durch Kooperation mit der Ermittlungsbehörde in viel größerem Umfang positiv beeinflusst werden als dies bei anderen Strafverfahren der Fall ist. Eine wichtige Rolle spielt der Faktor Zeit: Wenn sich die Ermittlungsbehörde zeitraubende weitere Ermittlungen ersparen kann, ist sie häufig auch bereit, bei der Höhe des Steuerschadens Abstriche zu machen. Das kann ausgelotet werden durch frühzeitige Kontakte im persönlichen Gespräch.

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      Dabei kommt es entscheidend auf den Eindruck an, den die Beteiligten voneinander gewinnen. Überheblichkeit ist von beiden Seiten schädlich. Sowohl die Ermittlungsbehörde kann sich verrennen in ihrer Einschätzung der Gewichtigkeit des Falles (etwa viel zu hohe Einschätzung des steuerlichen Schadens) wie auch der Verteidiger kann falsch liegen („Verdächtigung Unschuldiger“). Möglicherweise muss man sich an dieser Stelle wieder trennen und eine Zeitlang die weiteren Ermittlungen abwarten. Meistens schaffen diese in der einen oder anderen Richtung eine gewisse Klarheit, so dass nach einiger Zeit ein weiterer Verständigungsversuch sinnvoll sein kann. Letztlich hängt dies jedoch immer von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

      Was jedoch auf jeden Fall versucht werden sollte, ist der gleichzeitige oder zumindest koordinierte Abschluss von Besteuerungsverfahren und Strafverfahren. Es sollten Veranlagungsstelle und Bußgeld- und Strafsachenstelle an einen Tisch geholt werden und alle Bereiche gemeinsam angeschlossen werden. Steuerlich ist hierbei die tatsächliche Verständigung das Mittel der Wahl, deren Abschluss jedoch strafrechtlich nicht als Geständnis zu werten ist. Das deutlich zu machen ist der Einstieg in die gleichzeitige strafrechtliche Erledigung des Verfahrens, bei der das ehrgeizige Ziel eines Verfahrenseinstellung ohne jede Sanktion (§§ 170 Abs. 2, 153 StPO) oder gar Freispruch nur selten erreicht werden wird. Realistischer wird als erstes Ziel eine Verfahrenseinstellung gegen Auflage nach § 153a StPO angestrebt werden können. Hierbei ist jedoch bundesweit eine erhebliche Spannbreite festzustellen, bis zu welchen Hinterziehungsbeträgen einer Einstellung (noch) zugestimmt wird.

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      Ist der Vorwurf schwerwiegender, ist der Fall an die Staatsanwaltschaft abzugeben. Es sollte aber meist gelingen, auch mit dem Staatsanwalt in Kontakt und zu einer Übereinkunft zu gelangen, zumindest in den häufigen Fällen von kleineren Steuerhinterziehungen.

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      Daher können Fälle der BuStra in drei Fallkonstellationen zur Staatsanwaltschaft kommen:

a)

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b) Die BuStra kann den Fall auch nach pflichtgemäßem Ermessen an die Staatsanwaltschaft abgeben (§ 386 Abs. 4 AO), wenn er eine besondere Bedeutung hat. Hierfür gibt es verschiedene Indizien (die aber von Land zu Land und sogar von Staatsanwaltschaft zu Staatsanwaltschaft unterschiedlich gehandhabt werden): – die besondere Bedeutung eines Falles kann in seiner Größenordnung liegen (Grenzen zwischen 50 000 EUR und 200 000 EUR insgesamt hinterzogener Steuern, teilweise sogar noch höher (wie etwa bei den sog. Kapitalanlegerfällen); – Anordnung einer Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) wird angestrebt, Nr. 22 Abs. 1 Nr. 1 AStBV. Die Anordnung muss von der Staatsanwaltschaft beantragt werden, weil die BuStra selbst bei Gefahr im Verzug dazu nicht befugt ist, Nr. 91 Abs. 3 S. 2 AstBV; – Notwendigkeit der Anordnung von Untersuchungshaft (§§ 112, 113 StPO), Nr. 22 Abs. 1 Nr. 2 AStBV; – besondere rechtliche Schwierigkeiten der Strafsache (z.B. Rechtshilfeersuchen), Nr. 22 Abs. 1 Nr. 3 AStBV; – Verfahren gegen Parlamentsabgeordnete (Landtage, Bundestag, Europaparlament), Nr. 151 AStBV; Diplomaten und andere bevorrechtigte Personen, Nr. 152 AStBV; Angehörige der Streitkräfte anderer Staaten, Nr. 153 AStBV; Jugendliche, Heranwachsende und vermindert Schuldfähige, Nr. 154 AStBV; – Wenn ein Amtsträger der Finanzverwaltung der Beteiligung an einer Steuerstraftat verdächtig ist, ist der Fall sofort an die Staatsanwaltschaft abzugeben.

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      Hinweis: