I. Meldepflichtiger
5
Die Mitteilungspflichten aus §§ 33, 38 und 39 WpHG differenzieren nicht danach, ob eine natürliche oder eine juristische Person, eine Person mit (Wohn-)Sitz im Inland oder im Ausland in relevantem Umfang Stimmrechte bzw. Finanzinstrumente am Emittenten hält. Die Mitteilungspflichten treffen vielmehr jeden Aktionär bzw. Inhaber von Finanzinstrumenten. Anders als nach § 20 AktG sind damit auch sog. Privataktionäre betroffen. Mitteilungspflichtig kann aber nur sein, wer rechtsfähig oder zumindest teilrechtsfähig ist.[9]
6
Als stets rechtsfähig sind damit zunächst natürliche Personen erfasst. Dies gilt unabhängig davon, ob der Meldepflichtige voll geschäftsfähig ist. Ein beschränkt geschäftsfähiger Meldepflichtiger kann die ihm obliegende Mitteilungspflicht analog § 107 BGB selbst erfüllen. Im Übrigen obliegt den gesetzlichen oder etwaigen gerichtlich bestellten Vertretern die Erfüllung der Mitteilungspflicht.[10] Auch juristische Personen sind als Rechtsträger mitteilungspflichtig. Dies gilt gleichermaßen für Vorgesellschaften, also Gesellschaften im Zeitpunkt zwischen Gründung und Handelsregistereintragung.[11] Die Erfüllung der Mitteilungspflicht ist eine Maßnahme der Geschäftsführung, die durch Vollmacht delegiert werden kann.[12]
7
Personenhandelsgesellschaften, also offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, verfügen gem. §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB ebenfalls über rechtliche Selbstständigkeit. Befinden sich im Gesamthandsvermögen einer Personenhandelsgesellschaft Aktien, so ist die Gesellschaft Aktionär und steht ihr das Stimmrecht zu. Damit ist sie auch selbst mitteilungspflichtig.[13] Gleichzeitig können ihre Gesellschafter aufgrund einer Zurechnung nach § 38 WpHG zur Mitteilung verpflichtet sein. Gleiches gilt für nicht eingetragene Vereine nach § 54 BGB.[14]
8
Gesellschaften bürgerlichen Rechtes können als sog. Außengesellschaft Träger von Rechten und Pflichten sein.[15] Auch Außengesellschaften sind damit unter den Voraussetzungen des § 33 WpHG selbst mitteilungspflichtig.[16] Zu erfüllen haben sie ihre Pflichten durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter.[17] Den Gesellschaftern werden u.U. Stimmrechte über § 34 WpHG zugerechnet. Reine Innengesellschaften hingegen sind als solche nicht mitteilungspflichtig.[18] Eine solche Innengesellschaft liegt beispielsweise vor, wenn die Aktien im Außenverhältnis von einem Gesellschafter gehalten werden und die anderen Gesellschafter im Innenverhältnis an der Beteiligung und deren Verwaltung partizipieren.
9
Bei ausländischen Aktionären ist nach dem jeweils maßgeblichen Recht zu bestimmen, ob sie rechtsfähig und damit auch meldepflichtig sind oder ob es sich nur um rechtlich nicht verselbstständigtes Sondervermögen handelt.[19]
10
Für Sondervermögen, die von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, enthalten § 1 Abs. 3 WpHG, § 35 Abs. 3–5 WpHG spezielle Regelungen zu den Mitteilungspflichten, insbesondere zum Wegfall der Tochterunternehmenseigenschaften und die damit einhergehende Zurechnung von Stimmrechten aus §§ 33 ff. WpHG.[20] Ausweislich § 1 Abs. 3 WpHG ist die Anwendbarkeit des Wertpapierhandelsgesetzes insoweit beschränkt, dass die Ausgabe und das Halten von Anteilen oder Aktien an offenen Investmentvermögen keine Pflichten nach den Abschnitten 6, 7 und 16 des WpHG auslösen. Die Meldepflichten nach Abschnitt 6 bleiben für Spezial-AIF selbst unberührt.[21]
11
Nicht meldepflichtig sind Konzerne und Unternehmensgruppen, Familien und Bruchteilsgemeinschaften. Mitteilungspflichtig ist hier die einzelne Konzerngesellschaft bzw. das einzelne Familienmitglied, das die Aktien hält, sowie solche Personen, denen Stimmrechte gem. § 34 WpHG zugerechnet werden.[22] Mangels Rechts- und Pflichtenfähigkeit ist die Gütergemeinschaft oder Erbengemeinschaft, zu deren Gesamthandsvermögen Aktien gehören, als solche ebenfalls nicht meldepflichtig. Die mitteilungspflichtigen Ehegatten bzw. Erben müssen im Rahmen ihrer Mitteilung aber die Mitteilung dahingehend formulieren, dass die Gütergemeinschaft bzw. Erbengemeinschaft, bestehend aus den namentlich zu nennenden Ehegatten bzw. Miterben, ihren Stimmrechtsanteil hält.[23]
12
In der Insolvenz des Meldepflichtigen hat der Insolvenzverwalter den Meldepflichtigen zwar bei der Erfüllung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten zu unterstützen, ihm also insbesondere die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Mitteilungspflicht als solche verbleibt hingegen beim Meldepflichtigen bzw. dessen geschäftsführenden Organ.[24]
II. Stimmrechte und Stimmrechtsanteil
13
Die Mitteilungspflicht aus §§ 33 ff. WpHG knüpft an den Stimmrechtsanteil am Emittenten an. Zu unterscheiden hiervon sind, beispielsweise bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien, die Anteilsverhältnisse am Gesellschaftskapital, die für die Mitteilungspflichten aus §§ 33 ff. WpHG unbeachtlich sind.[25]
14
Gleichwohl ist die Meldepflicht nicht losgelöst von den Aktien, welche die Stimmrechte verkörpern: Meldepflichtiger ist vielmehr, wer Inhaber der Aktie ist oder wem Stimmrechte aus von Dritten gehaltenen Aktien gem. § 34 WpHG zugerechnet werden, ungeachtet der Frage der tatsächlichen Stimmausübung.[26] Die Mitteilungspflicht bezieht sich damit primär auf stimmberechtigte Aktien, die wirksam begründete Mitgliedschaftsrechte verkörpern. Vorzugsaktien sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, solange nicht die Stimmrechte unter den Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 AktG wieder aufleben.[27]
15
Mitteilungen gem. §§ 33 ff. WpHG sind bei Erreichen, Über- oder Unterschreiten bestimmter, in § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG vorgegebener Stimmrechtsanteile zu machen. Die Schwellenwerte liegen für Stimmrechtmitteilungen nach §§ 33 f. WpHG (Stimmrechte aus Aktien) bei 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % und 75 %. Die Schwellenwerte beziehen sich auf Stimmrechte und nicht auf Aktien oder etwa das Kapital.
1. Berechnung des Stimmrechtsanteils aus Aktien
16
Der Stimmrechtsanteil entspricht dem Quotienten aus der Zahl der dem Meldepflichtigen gehörenden und/oder zuzurechnenden Stimmrechte und der Gesamtzahl der beim Emittenten bestehenden Stimmrechte.[28] Es gilt grundsätzlich aus Gründen der Praktikabilität und Rechtssicherheit eine abstrakte Betrachtungsweise.
17
Auch wenn einem Emittenten aus eigenen Aktien gem. § 71b AktG keine Rechte zustehen, insbesondere das Stimmrecht aus eigenen Aktien nicht ausüben kann, sind solche eigenen Aktien bei der Bestimmung der Gesamtzahl der Stimmrechte zu berücksichtigen.[29] Erst wenn eigene Aktien eingezogen werden und das Kapital herabgesetzt wird, reduziert sich die Gesamtzahl der Stimmrechte.[30] Entsprechend sind auch im Hinblick auf die Mitteilungspflichten bei Halten von Instrumenten nach § 38 Abs. 1 S. 1 WpHG solche Instrumente im Sinne des § 38 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht in die Berechnung des Stimmrechtsanteils einzubeziehen, die sich auf eigene Aktien eines Emittenten beziehen und es diesem aufgrund ihrer Ausgestaltung ermöglichen, solche Aktien zu erwerben.[31]
18
Die Gesamtzahl der Stimmrechte sind vom Emittenten gem. § 41 Abs. 1 WpHG unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Handelstagen nach einer Zu- oder Abnahme von Stimmrechten zu veröffentlichen. Lediglich bei der Ausgabe von Bezugsaktien ist die Änderung der Gesamtstimmrechte nur im Zusammenhang mit einer ohnehin erforderlichen Veröffentlichung nach § 41 Abs. 1 WpHG, spätestens jedoch am Ende des Kalendermonats, in dem es zu einer Zu- oder Abnahme von Stimmrechten gekommen ist, zu veröffentlichen. Für die Zwecke der Berechnung seines Stimmrechtsanteils hat der Meldepflichtige