Dennis Bock

Internal Investigations


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freiwillige Berichte werden hier allerdings sämtliche Fälle der freiwilligen, unternehmensinternen Klärung von Kapitalmarktdelikten, Korruptionsdelikten, Mitarbeiterschädigungen, Produkthaftungsfällen, IT-Angriffen etc. behandelt. Dass sich eine Unternehmensleitung u.U. durch eine pflichtwidrige Unterlassung einer gebotenen Investigation auch schadensersatzpflichtig und ggf. auch strafbar machen kann,[38] führt noch nicht zu einer uneingeschränkten vorbeugenden Berichtspflicht an Behörden. Das Unternehmen muss auch dabei sorgfältig Chancen und Risiken, Stärken und Schwächen einer Preisgabe von derartig konzentriert zusammengetragenen Unternehmensinformationen abwägen. Nicht ohne Grund bestehen bspw. auch keine Veröffentlichungspflichten für den Prüfungsbericht von Abschlussprüfern. Wenn bspw. die Gewerbeaufsichtsämter produkt- und arbeitssicherheitsrelevante Untersuchungen anstellen, muss ein Unternehmen nur die dafür relevanten Informationen auf Anforderung (§ 95 Abs. 1 StPO). Das Recht des Unternehmens zu eigenen Nachforschungen besteht jedenfalls parallel zu derartigen Ermittlungen und darf sich – auch ohne eine Herausgabepflicht – auf weitergehende Inhalte beziehen. Dem Unternehmen nutzen solche Berichte im behördlichen Verfahren allerdings nur, wenn sie die Beweislage klären, eine etwaige Haftung eingrenzen oder beseitigen können oder – zumindest – auf eine mildere Sanktionierung oder Strafzumessung hinwirken können. Der Rechtsgedanke des § 46 StGB, der auch im Beurteilungs- und Ermessensraum des OWiG (vgl. § 17 OWiG) anzusiedeln ist, können für das Unternehmen sowohl eine Begrenzung der Ermittlungen als auch einen Strafnachlass bedeuten. Obgleich in der Anfangssituation eines Ermittlungsverfahrens viel dafür spricht, eine solche kooperative Haltung zum Nutzen des Unternehmensvermögens, seiner Reputation und seiner Mitarbeiter einzunehmen, sollte auch diese Entscheidung sorgfältig abgewogen und ausreichend dokumentiert sein. Wenn Unternehmen sich auf den Standpunkt stellen, mit Ermittlungsbehörden nicht kooperieren zu wollen, dann ist dies jedenfalls eine freie Ermessensentscheidung. Eine zwangsweise durchsetzbare Rechtspflicht zur Kooperation mit Behörden, die Strafen und Sanktionen gegen den Berichtenden aussprechen können, besteht nicht („nemo-tenetur se ipsum accusare“).[39]

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      Ob ein Unternehmen im Zuge von Straf- oder Bußgeldverfahren mit der ermittelnden Behörde kooperiert und an diese Berichte über die Internal Investigation herausgibt, wird in der Praxis stark motiviert durch informelle Zusagen der Behörden über Strafnachlässe und sonstige Milderungen der Umsetzung von Besserungs- und Selbstreinigungsmaßnahmen, die den Anforderungen oder Auflagen der Behörden genügen. Solche Maßnahmen können allerdings nur erzwungen werden, wenn eine förmliche Bindung des Unternehmens an solche Auflagen eingetreten ist oder das Unternehmen – nach wohlüberlegter Abwägung der Vorteile und Nachteile für das Unternehmen – aus eigener Überzeugung sich zur Umsetzung solcher Maßnahmen entscheidet (auch im Vorgriff oder zur Vermeidung verbindlicher Auflagen). Auf vage Zusagen der Behörden hin muss sich das Unternehmen nicht festlegen. Es kann nach in- und ausländischen Vorgaben mit der Investigation einen eigenen Kurs wählen und damit (zunächst) autonom über die Verwendung der Ergebnisse der Internal Investigation bestimmen. Das gilt auch bei Anwendung der sog. US-amerikanischen SEC-Verhaltensempfehlungen (sog. „Sentencing Guidelines“) oder vergleichbarer kartellrechtlicher Vorgaben von EU-Behörden und des BKartA. Vielfach empfiehlt es sich daher, möglichst förmliche Zusagen zu verabreden oder – wenn die Behörde sich nicht selbst binden will – eine Dokumentation der Gespräche mit den Behörden anzulegen, um ggf. später bei Versuchen der Behörden, sich von diesen Zusagen zu distanzieren („Erinnerungslücken“, „Dezernatswechsel“) die Gesprächssituationen dokumentieren zu können.

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      Der Inhalt und das Format des Berichts an die Behörden entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen der Berichtsinhalte an Leitungsgremien und die externe Kommunikation des Unternehmens. Wenn im Einzelfall kein besonderes Format verabredet ist, empfiehlt sich eine Abklärung mit den Behörden, ob von dort Bedenken gegen die Vorlage der im Projekt entstandenen Berichterstattung (strategisches und operatives Reporting) bestehen.

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5. Projektabschluss

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Qualifizierung eines festgestellten Verhaltens aus strafrechtlicher/bußgeldrechtlicher Sicht (d.h. im Entscheidungsbereich einer Ermittlungsbehörde); hier sollte der konzentrierte Sachverhalt so aufbereitet sein, dass er Grundlage einer Strafanzeige, einer Neben- oder Privatklage oder eines Adhäsionsantrages sein kann;
Qualifizierung eines festgestellten Vorgangs, der Auswirkungen auf die Handels- und Steuerbilanz hatte (d.h. im Entscheidungsbereich der Finanzbehörden und der Kapitalmarktaufsicht); hier sollte der Sachverhalt so aufbereitet sein, dass sich die jeweilige Zuordnung zum Finanzbericht oder zur Steuererklärung ablesen lassen können;
Aufbereitung der Beweisgrundlagen aus haftungsrechtlicher Sicht (als Grundlage für Schadensersatzansprüche gegen Verantwortliche und etwaiges Anfordern einer Versicherungsdeckung); hier bedarf es einer klaren historischen und funktionellen Beweisführung, die einen Schaden und die kausalen Handlungen dahin belegt;
personenbezogene Aufbereitung der Feststellungen, wenn aus der Berichterstattung Personalentscheidungen getroffen werden müssen (in diesem Fall sind auch Feststellungen zu dem Personalstatus und etwaigen Erlaubnissen, Genehmigungen oder Freistellungen der betroffenen Person notwendig);
Soweit organisatorische Anpassungen vorgeschlagen, die Änderung von Richtlinien, neue Schulungen oder Eingriffe in Arbeitsabläufe empfohlen werden sollen, ist eine eher zusammenfassende Darstellung (Auflistung mit kurzer Begründung) angeraten. Die notwendige Änderungsdokumentation wird dann in der Regel durch eine innerbetriebliche Funktion (bspw. Compliance-Abteilung, Revision, Organisationabteilung) übernommen werden können.

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      Damit kann