href="#u12228ca3-0751-439a-8f3d-ca80440de95e">3. Kapitel
Erkenne den Unterschied zwischen „will/mache ich nicht“ und „kann ich nicht“
Ich bin ein konkreter Denker Ich nehme wörtlich, was gesagt wird
Achte auf alle Arten meiner Kommunikation
Stell dir vor! Ich bin visuell orientiert
Konzentriere dich auf meine Stärken, nicht auf meine Schwächen Bau auf dem auf, was ich kann
Hilf mir, mich sozial zu verhalten
Finde heraus, was meine Meltdowns auslöst
Fragen zur Diskussion und Selbstreflexion
Vorwort zur deutschsprachigen Ausgabe
Vor etwa zwei Jahren ist im Lambertus-Verlag unter dem Titel „1001 Ideen für den Alltag mit autistischen Kindern und Jugendlichen“ die deutschsprachige Übersetzung des US-amerikanischen Buches „1001 Great Ideas for Teaching & Raising Children with Autism or Asperger’s“ erschienen. Diese Schrift stammt von Ellen Notbohm und Veronica Zysk und zählt im angloamerikanischen Sprachraum zu den Bestsellern und Lieblingsbüchern in Bezug auf Autismus. Auch hierzulande wird es bei einer stetig wachsenden Zahl an Eltern und pädagogischen Fachkräften als eine Fundgrube an leicht zugänglichen Praxistipps sehr geschätzt, die genutzt werden können, wenn ein autistisches Kind angemessen unterstützt werden soll. Die ausgesprochen positive Resonanz signalisiert, dass dieses Buch hält, was es verspricht.
In dieser Bahn bewegen sich gleichfalls das Echo und die Stimmen, die die US-amerikanische Ausgabe des vorliegenden Buches betreffen. Sie wurde 2019 unter dem Titel „Ten Things Every Child with Autism Wishes Yo Knew“ in der 3. aktualisierten Auflage veröffentlicht und mittlerweile in 20 Sprachen übersetzt und vielen Ländern zugänglich gemacht. Was bislang fehlte, war eine deutschsprachige Übersetzung und Zugänglichkeit. Diese Lücke wird nunmehr mit der vorliegenden Schrift geschlossen. Ausschlaggebend dafür war vor allem die international verbreitete hohe Wertschätzung beider Schriften von Ellen Notbohm, deren Veröffentlichungen mehrfach preisgekrönt wurden.
Ellen Notbohm ist Mutter eines autistischen Sohnes und eines Sohnes mit ADHS, arbeitet als Kommunikationsberaterin und hat sich als Journalistin auf Autismus spezialisiert. Ihre Stärke besteht insbesondere darin, drei Sichtweisen zu reflektieren und miteinander zu verschränken: ihre Sicht als betroffene Mutter, die Sicht ihres autistischen Sohnes und Außensichten auf Autismus. Auf diese Weise ist es ihr gelungen, eine subjektiv geprägte, zugleich fachlich profunde Schrift zu verfassen, die in erster Linie an Eltern und pädagogische Fachkräfte in Kitas und Schulen adressiert ist, wenn es darum geht, autistische Kinder zu verstehen, zu unterstützen und zu fördern.
Das vorliegende Buch ist systematisch angelegt, klar gegliedert und leicht zugänglich. Es beginnt mit Erfahrungen als Mutter eines Sohnes, der in den ersten Lebensjahren Verhaltensbesonderheiten zeigt, die zunächst den Verdacht auf Autismus aufkommen lassen, der dann später in Kindesalter diagnostisch bestätigt wird. Ein wichtiges Thema ist für Ellen Notbohm der Umgang mit solchen Botschaften. Unmissverständlich wendet sie sich gegen Vorurteile und pessimistische Prognosen, zum Beispiel gegen die Vorstellung, Autismus sei eine „unheilbare Störung“ oder „ein ‚therapieresistentes Phänomen‘, bei dem Betroffene kein sinnerfülltes Leben führen und ihren Alltag nicht produktiv gestalten können“. Anstatt Autismus als ein „Unglück“ zu betrachten, ist es ihr um eine positive und optimistische Grundhaltung zu tun, die zum Verständnis betroffener Personen unverzichtbar ist, ja eine fundamentale Bedeutung hat. Das Sich-Leiten-Lassen von klinischen oder allgemeinen (Vor-)Urteilen im Umgang mit Autismus ist nach Ansicht der Autorin ein pädagogischer oder therapeutischer Kunstfehler, der unbedingt vermieden werden sollte. Entscheidend für gelingende Entwicklungsprozesse autistischer Kinder sind die Bereitschaft und der Wille, sich unvoreingenommen, empathisch-verstehend auf den betreffenden Menschen einzulassen, seine Situation und Sicht subjektzentriert zu erschließen, mit ihm zu kooperieren und ihn auf ein Leben im Erwachsenenalter vorzubereiten, welches ihm ein Höchstmaß an Selbstvertretung und Selbstbestimmung ermöglichen kann. Dass bei diesem pädagogischen Bemühen fachwissenschaftliche Kenntnisse (im Unterschied zu statischen Urteilen oder Prognosen) einfließen sollten, steht nicht im Widerspruch zu der grundsätzlichen Haltung, das autistische Kind als „ganze“ Person, „mit seinen menschlichen Schwächen genauso wie mit seinen Fähigkeiten und Tugenden“ anzuerkennen und „bedingungslos zu lieben“.
Mit dieser Position werden von Ellen Notbohm zwei Aspekte tangiert, zum einen die Warnung autistischer Menschen, dass das, „was Ärzte oder Psychologen sagen, (…) nicht immer wahr zu sein“ braucht (O‘Neill 2001, 12f.)1; zum anderen die bereits von H. Asperger (1944, 135)2 herausgestellte Erkenntnis in Bezug auf autistische Personen, „dass in jedem Charakter Vorzüge und Mängel Ausfluß derselben Wesenszüge sind, daß Positives und Negatives zwei Seiten sind, die man nicht ohne weiteres voneinander trennen kann.“
Zu diesem ‚Doppelcharakter‘ von Autismus haben in den letzten Jahren viele autistische Persönlichkeiten wertvolle Beiträge geleistet, die zum besseren Verstehen von Autismus sowie zu Veränderungen der Sichtweisen geführt haben. Die vorliegende Schrift passt in diesen Kontext – wendet sie sich kompromisslos gegen die zum Teil noch weit verbreitete Defizitsicht auf Autismus und versteht sie sich als Plädoyer für die Würdigung von Stärken autistischer Menschen: Erschließen Sie die Potenziale, konzentrieren Sie sich auf die Stärken autistischer Kinder und nicht auf ihre Schwächen. Bauen Sie auf dem auf, was sie können – so lautet Ellen Notbohms Botschaft an alle Eltern autistischer Kinder und Fachkräfte im Bereich des Autismus.
Im Prinzip zählt heute eine solche Botschaft zum guten Ton, ließe sich nicht feststellen, dass sie nach wie